Название | Meine Wasserkur |
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Автор произведения | Sebastian Kneipp Kneipp |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783849660390 |
In der Bekleidung folge ich dem Grundsatze der Altvordern: Selbst gesponnen, selbst gemacht, ist die beste Landestracht. Ich bin zunächst gegen die auffallende Ungleichheit oder vielmehr ungleichmäßige Verteilung der Bekleidung, zumal im Winter — ein großes Verderben für die Gesundheit. Der Kopf hat seine Pelzmütze; der Hals die feste Halsbinde, darüber den meterlangen Wollschlips; die Schultern tragen eine drei- bis vierfache Decke, beim Ausgehen noch den Überwurf oder gar den Pelzkragen; die Füße allein, die armen, vernachlässigten Füße bedecken wie im Sommer die Socken oder Strümpfe, die Schuhe oder Stiefel. Was folgt aus dieser unvernünftigen Parteilichkeit? Das obere Umgebinde und Umgewinde zieht, wie eine Pumpe das Wasser, Blut und Wärme in den oberen Stock, die unteren Körperteile werden blutarm und kalt, Kopfweh, Kongestionen, Erweiterung der Kopfadern, hundert Übelbefinden und Nöten sind damit gelöste Rätsel. Im weiteren bin ich gegen die direkte, unmittelbar den Leib berührende Wollbekleidung und für die Bekleidung mit dem trockenen, festen, kernhaften, unverkünstelten Linnen oder Reisten. Letzteres ist mir die liebste Haut auf der Haut, welche diese nie verweichlicht, vielmehr ihr stets die besten Frottierdienste tut. Das vielzweigige, haarige, fettige Wollgeflecht auf bloßem Körper (wie die Wolle meinen Zwecken dient, sagt das Allgemeine zu den Wasseranwendungen) gilt mir als Säfte- und Wärmesauger, als Mitursache der schrecklich wuchernden Blutarmut unserer schwachen, elenden Generation. Das neueste Wollregime in verbesserter Auflage wird dieser Blutarmut nicht ab- und dem Blute nicht aufhelfen. Die jüngeren Leute können es erleben und das Regime überleben.
Ich komme an die Lüftung. Den Fischen, die aus Quellwasser kommen, insbesondere den Gebirgsforellen geben wir bei weitem den Vorzug. Bachfische stellen wir zurück, Fische aus Sümpfen und Mooren mit dem ekligen Geschmacke schenken wir einem jeden. Es gibt auch eine Sumpf- und Moorluft. Wer sie einatmet, füttert seine Lunge mit Pesthauch. Die Luft, zum dritten Male eingeatmet, sagt ein berühmter Arzt, wirkt giftartig. Ja, wenn die Leute das verständen und übten, in ihren Wohn- und insbesondere Schlafzimmern stets möglichst reine, frische, sauerstoffhaltige Luft zu haben, viel Unwohlsein und viele Krankheiten blieben ihnen erspart. Die reine Luft wird verdorben hauptsächlich durch das Atmen. Wir wissen gar wohl, daß 1–2 Weihrauchkörnchen, welche man auf der Glut vergehen läßt, ein ganzes Zimmer mit Wohlgeruch erfüllen. Wir wissen auch, daß 15–20 Zigarren- oder Pfeifenzüge hinreichen, einen großen Raum nach Tabaksqualm riechen zu machen. Das Kleinste, Unbedeutendste reicht oft hin, die reine Luft in der einen oder andern, angenehmen oder unangenehmen Weise zu verderben. Ist das Atmen nicht einem solchen Rauche ähnlich?
Wie viele Atemzüge machen wir in einer Minute, in einer Stunde, bei Tag, bei der Nacht!
Wie verdorben muß die reine Luft werden, wenn wir den Qualm auch nicht sehen! Und wenn ich nicht lüfte, d. i. die schlimme, durch Kohlensäure (lebensfeindliche Luft) verdorbene Atmosphäre nicht erneuere, welch verdorbene und Verderben anrichtende Miasmen (Gestänke) werden in die Lunge einströmen? Die Folgen können und müssen nun gleichfalls schlimme, schädliche sein.
Wie Atmen und Ausdünstung, ebenso nachteilig wirkt auf die reine, gesunde Lebensluft eine zu große Wärme, insbesondere eine zu große Zimmerwärme. Auch sie macht die Luft schlecht und, da sie den Sauerstoff, das die Luft belebende Element, verzehrt und tötet, zum Leben unfähig, für das Einatmen schädlich. 12–14 Grad R. Wärme sind ausreichend, 15 Grad sollen nie überschritten werden.
Man sorge für gründliche Lüftung sämtlicher Wohn- und Schlafräume und führe dieselbe täglich mit Konsequenz und Ausdauer durch in einer Ordnung, wie sie niemanden belästigt, der Gesundheit eines jeden nützt. Große Sorgfalt verwende man vor allem auf die Lüftung der Betten.
Ich habe gesagt, was ich an dieser Stelle zu sagen für gut befand. Das Gesagte genügt, ein Bild des anklopfenden Fremden zu geben; man möge ihn entweder freundschaftlich einlassen oder ungehört von der Türe weisen. Auf beide Arten des Empfanges bin ich gefaßt, und mit beiden erkläre ich mich zufrieden.
Erster Teil. Wasseranwendungen
„Aquae omnes.. laudent nomen Domini!“
„Ihr Wasser alle, preiset den Namen des Herrn!“
Allgemeines.
Die von mir gebrauchten und in diesem ersten Teile beschriebenen Wasseranwendungen teilen sich in
Aufschläger,
Bäder,
Dämpfe,
Gießungen,
Waschungen,
Wickelungen,
Trinken des Wassers.
Die Unterabteilungen einer jeden Anwendung enthält das erste Register. Fremdklingende Übungen sind namentlich und sachlich an Ort und Stelle erklärt.
Dem Wesen aller Krankheiten entsprechend, wonach diese durch Störungen des Blutes, nämlich durch anormalen, fehlerhaften Blutumlauf oder durch dem Blute beigemischte, verdorbene fremdartige Bestandteile, die Krankheitsstoffe, entstehen, verfolgen die Wasseranwendungen den dreifachen Zweck: des Auflösens, des Ausscheidens der Krankheitsstoffe und der Kräftigung des Organismus.
Im allgemeinen kann gesagt werden, daß der erste Dienst des Lösens von allen Dämpfen und den warmen Kräutervollbädern besorgt wird; der zweite Dienst des Ausscheidens von sämtlichen Wickelungen, zum Teil von den Gießungen und Aufschlägern; der dritte Dienst der Kräftigung von allen kalten Bädern, allen Gießungen, zum Teil von den Waschungen, endlich von dem gesamten Material der Abhärtung.
Ins einzelne kann und will ich an dieser Stelle, um nicht zu Mißverständnissen Anlaß zu geben, nicht eingehen.
Da eine jede Krankheit in den oben angegebenen Blutstörungen wurzelt, so leuchtet ein, daß auch in einem jeden Krankheitsfalle alle drei Arten der Anwendung oder mit anderen Worten verschiedene Anwendungen vorkommen müssen, welche mehr oder weniger auflösen, ausleiten und kräftigen; ferner, daß nicht der kranke Körperteil allein, etwa der Kopf oder der Fuß oder die Hand, in Behandlung kommt, sondern stets der ganze Körper, den ja in solchem Falle krankes Blut durchströmt: die kranke Stelle mit Vorzug und besonderer Berücksichtigung, der übrige Körper als Mitleidender. Es wäre einseitig und gefehlt, in diesen zwei wichtigen Punkten anders handeln zu wollen. Manche Beispiele im dritten Teile werden meine Behauptung rechtfertigen.
Wer immer das Wasser, so wie ich es denke und wünsche, als Heilmittel gebraucht, dem sind die Anwendungen niemals Selbstzweck, d. h. er wird nie eine Anwendung vornehmen, weil es ihm jetzt gerade so gefällt; er wird nie wie ein Tor Vergnügen daran haben, daß er mit recht vielem, mit Dämpfen und Güssen und Wickeln, „hantieren und prahlen und wüten“ kann. Die Anwendungen werden einem Verständigen stets nur Mittel zum Zweck sein. Erreicht er diesen durch das gelindeste Wässerchen, er wird glücklich sein; denn seine Aufgabe ist ja nur, der nach Gesundheit d. i. nach selbsteigener und selbständiger Tätigkeit ringenden Natur zu dieser Freitätigkeit zu verhelfen, die Krankheitsbande, die Leidensketten zu lösen, auf daß sie ungehindert und frisch und freudig alle Arbeit wieder allein tue. Nach Vollendung dieser Aufgabe zieht der Heilende sofort und gerne seine Hand zurück.
Diese Bemerkung ist wichtig, noch wichtiger das Darnachachten. Gar nichts nämlich bringt das Wasser als Heilelement so sehr in Verruf und Mißkredit als indiskretes, maß- und vernunftloses Anwenden, scharfes, strenges, schroffes Verfahren. Diejenigen, ja allein diejenigen, ich kann es nicht oft genug wiederholen, welche sich als Sachverständige im Wasserheilverfahren aufspielen, aber mit