Bon - Der letzte Highway. Jesse Fink

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Название Bon - Der letzte Highway
Автор произведения Jesse Fink
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия Musiker-Biographie
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783854456339



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Song mitsangen. Und ich sagte: ‚Ach du Scheiße, und diesen Vögeln sollen wir jetzt ‚Gator Country‘ vorsingen.‘ Das war schon unwirklich. Ich rief unseren Manager an und sagte zu ihm, dass er uns niemals wieder diese Hunde auf den Hals hetzen sollte. Unnötig zu erwähnen, dass wir für den Rest der Tour vor ihnen auftraten. Das war die einzige Band, die Molly Hatchet echt einen Arschtritt verpasst hat. Aber dafür ordentlich.“

      Die drei Jahre, in denen AC/DC durch Nordamerika tingelten, versorgten Bon auch mit reichlich Material für sein Songwriting. In dieser Zeit fasste die Band auch Fuß im amerikanischen und kanadischen Radio und mauserte sich zu einem legitimen Headliner. Sie traten in riesigen Arenen auf und teilten sich die Bühnen mit Gruppen, die bereits zu den größten der Welt gehörten oder sich auf dem Weg an die Spitze befanden: Aerosmith, Journey, Van Halen, Kiss. Doch Bon erwartete sich mehr von seinem Leben, sowohl privat als auch musikalisch. Kreativ frustriert glitt er in eine depressive Stimmung ab. Er litt unter seiner Alkoholsucht und seinem Drogenmissbrauch. Auch stand er auf Kriegsfuß mit Malcolm Young. Sein Rücken schmerzte und seine Leber war in einem bemitleidenswerten Zustand. Außerdem war er Asthmatiker. Allerdings sagt Pattee Bishop: „Ich sah ihn nie einen Inhalator verwenden.“ Silver meint hingegen, dass er gelegentlich nach dem Rauchen einen benutzte.

      Bon umschrieb seinen Alltag mit AC/DC mit den Worten: „Tagein, tagaus, fliegen, fahren, rein ins Hotel und wieder raus.“ Doch trotz all der Herausforderungen war er prinzipiell glücklich mit dem Weg, den er eingeschlagen hatte.

      „Manchmal ist es schon anstrengend, wenn man jeden Abend in einem anderen Hotel absteigt, aber es ist sicher nicht so schlimm, als würde man fünfzig Jahre seines Lebens an einer Drehbank stehen. Ich bin hier und ich bin frei. Ich sehe jeden Abend neue Gesichter und berühre neue Körper oder was auch immer. Das ist doch toll. Es gibt nichts Vergleichbares.“

      Letztendlich hatte er nur die eine Drehbank gegen eine andere Maschinerie, nämlich den Rock ’n’ Roll, eingetauscht. Bon kämpfte gegen die Langeweile an, die das permanente Umherreisen mit sich brachte, indem er schrieb. Er nannte sein Notizheft, das er überallhin mitnahm, sein „Buch der Wörter, meine gesammelte Poesie“.

      „Ich habe seitenweise Material“, verriet er der australischen TV-Größe Ian „Molly“ Meldrum. „Daraus ergeben sich dann mitunter drei oder vier gute Ideen für Songs.“

      Was geschah nach Bons Tod mit diesem Notizheft beziehungsweise diesen Notizheften? Wurden irgendwelche Inhalte – Titel, Zeilen, Strophen, Refrains – für Back In Black verwendet? Egal, wie viel Mühe sich Angus, Malcolm und ihre Bandkollegen auch dabei gegeben haben, diese Fragen abzuwimmeln – die Antworten, die sie mitunter gaben, sind doch eher widersprüchlich und wenig überzeugend. Ein paar der Songs auf Back In Black klingen so unverkennbar nach Bon Scott – „You Shook Me All Night Long“, „Back In Black“, „Hells Bells“, „Have A Drink On Me“, „Rock And Roll Ain’t Noise Pollution“ sind nur die augenscheinlichsten Beispiele –, dass die Verschwörungstheorie, der zufolge Bon tatsächlich Lyrics zum Album beisteuerte, jedoch keine Erwähnung als Songwriter fand, gar nicht so weit hergeholt anmutet.

      * * *

      Kurz vor seinem Tod hatte Bon während eines Besuchs in Australien den ehemaligen Bassisten von AC/DC, Mark Evans, in seinen Plan eingeweiht, ein Soloalbum mit Southern Rock aufzunehmen. Eben dieser Southern Rock, ein einzigartiger Hybrid aus Gitarren-Rock, Blues und Country, war zu jener Zeit, als AC/DC in Nordamerika Fuß fassten, sehr angesagt und eine Reihe von Southern-Rock-Bands gingen mit AC/DC auf Tour. Seine Begeisterung für das Genre sowie den amerikanischen Süden manifestierte sich in seiner Gürtelschnalle, die eine Abwandlung der Flagge der Südstaaten zierte. Die 13 Sterne, die normalerweise die einzelnen Staaten der Konföderation symbolisieren, wurden auf ihr durch den Schriftzug LYNYRD SKYNYRD ersetzt. Er trug sie 1979 ständig. Aber soweit wir wissen, sprach Bon dieses Southern-Rock-Album gegenüber Malcolm nie an, und er hat auch keine ernsthaften Vorbereitungen dafür getroffen.

      Silver bestätigt, dass er mit ihr über ein Soloprojekt gesprochen hätte – allerdings blieb er sehr vage und erwähnte nichts Spezifisches wie etwa Southern Rock. Seine oberste Priorität war es, den Durchbruch mit AC/DC zu schaffen.

      „Er wusste, dass AC/DC seine letzte Chance darstellten. Entweder würde es mit ihnen oder eben gar nicht mehr gelingen. Es hätte ihm gefallen, ein Soloalbum aufzunehmen, weil er über eine echt gute Stimme verfügte. Er konnte sich genau wie ich für echt gute Sänger begeistern … Wir standen beide auf denselben Kram. Obwohl er hoffte, irgendwann einmal ein Soloalbum aufnehmen zu können, war ihm klar, dass das nicht so bald passieren würde. Bei dem Terminplan stand das nicht zur Debatte. Was die Southern-Rock-Sache betrifft, so denke ich, dass sich das jemand anders ausgedacht hat. Ich glaube, dass die Stile und die Art von Songs, die er gemacht hätte, ziemlich durchmischt gewesen wären. Ihm gefiel alles von Hank Williams bis hin zu Sam Cooke. Er mochte auch eine Reihe von Sängerinnen, von denen viele gar nicht sonderlich berühmt geworden sind.“

      Holly X widerspricht. „Bon liebte alles, was mit dem [amerikanischen] Süden und Westen zu tun hatte: Cowboys und den Wilden Westen etwa“, sagt sie. „Meine Mom war eine echte Südstaatenschönheit aus Georgia und das schien ihm zu gefallen. Ich erinnere mich, wie ich ihn zum Lachen brachte, indem ich manchmal mit starkem Südstaaten-Akzent sprach. Angesichts der offenkundigen Spannungen zwischen Bon und Malcolm hätte es mich nicht überrascht, wenn das sein Plan B gewesen wäre für den Fall, dass Malcolm ihn wegen seiner unkontrollierten Trinkerei gefeuert hätte.“

      * * *

      Bons unsterbliche Worte in „Rock ’N’ Roll Damnation“ – Take a chance while you still got the choice – stellen für Millionen von Menschen eine Lebensanleitung dar. Und doch waren die Umstände seines Niedergangs weder heroisch noch tragisch und entsprachen somit nicht diesen allergrößten Klischees. Vielmehr lief alles in Zeitlupe ab. Sein Tod hatte sich schon seit Jahren angekündigt, wie diese Touren durch Nordamerika jedem aus seinem direkten Umfeld verdeutlichten. Warum halfen ihm weder seine Bandkollegen noch das Management der Band? Warum hielt ihn keiner dabei auf, sich selbst zu zerstören? War Alkohol sein Gegengift für all die Drucksituationen, die das Leben auf Tour für ihn bereithielt? Waren es AC/DC und die Persönlichkeiten, die die Band ausmachten, die ihn so ruinierten?

      Back In Black, das meistverkaufte Hardrock-Album aller Zeiten, war viel mehr als eine „Hommage“ an Bon, denn ohne ihn wäre es wohl nie zustande gekommen, egal ob es nun seine Lyrics auf dem Album sind oder nicht. Auch Aussagen seitens der Band, denen zufolge sie mit dem Gedanken spielten, nach Bons Tod das Handtuch zu werfen, sind sehr fragwürdig. Diese Darstellung des Sachverhalts hat AC/DC sehr geholfen und ist so allgegenwärtig, so eingebettet in das kollektive Bewusstsein der Musikmedien und der Fans, dass es niemand wagen würde, von etwas anderem auszugehen.

      Als 2016 Bons Nachfolger Brian Johnson nach 36-jähriger Dienstzeit völlig überraschend von AC/DC vor die Tür gesetzt wurde, veröffentlichte die Band eine Pressemitteilung, in der sie Brian „für seine Beiträge und Hingabe zur Band über all die Jahre hinweg“ ihren Dank aussprach. Das fühlte sich an, als wäre er gerade in der Autofabrik wegrationalisiert worden. Die Fans reagierten jedenfalls fast ausnahmslos mit großer Verwunderung und verächtlichem Kopfschütteln. Wie konnte irgendjemand nur so gefühllos sein? Malcolms Brüder Angus und George – der etwas älter war und seit jeher hinter den Kulissen eine Schlüsselrolle eingenommen hatte – mussten den Verstand verloren haben.