Название | Bon - Der letzte Highway |
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Автор произведения | Jesse Fink |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | Musiker-Biographie |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854456339 |
War dir klar, dass Bon Heroin konsumierte?
„Yeah, davon wussten wir. Es gab ein paar Leute im Geschäft, die so drauf waren. Ich habe im Verlauf der Jahre gesehen, wie viele – zu viele – von ihnen daran krepierten oder komplett entgleisten. In Bons Fall bin ich der Meinung, dass er alles ausprobiert hätte, was man ihm zuspielte, nur um zu sehen, was es mit ihm macht. Ich glaube nicht, dass er sich bewusst auf die Suche nach Heroin machte. So wie das Rock-’n’-Roll-Geschäft nun einmal war, stand es ihm womöglich einfach zur Verfügung. Und Bon – so wie er nun einmal gestrickt war – dachte sich [imitiert Bons Stimme]: ‚Ich zieh mir das rein. Mal sehen, was da abgeht.‘ Als ob er so eine Art wandelndes menschliches Experiment gewesen wäre: ‚Ich bin gespannt, was das mit mir anstellt.‘ Heroin hat viele Vertreter des Rock-’n’-Roll-Business auf dem Gewissen – darunter eben auch Bon und Marc Hunter. Da kann man einige Mutmaßungen anstellen. Wenn ich ehrlich sein soll, glaube ich, dass Bon an der Kombination seiner gesammelten Lebensumstände starb. So sehe ich das. Ganz egal, wovon er sich Trost und Schaffenskraft versprach oder was auch immer er mit seinem Bedürfnis, ständig weggetreten zu sein, bezweckte – was ihn letztendlich zur Strecke brachte, war die Tatsache, dass es so aus dem Ruder lief. Er war nicht länger in der Lage, diesen Bestandteil seiner Persönlichkeit abzuschütteln, und musste immense Dosen zu sich nehmen, da weniger für ihn einfach nicht mehr funktionierte. Es würde mich nicht überraschen, wenn Bon an einer Überdosis Heroin gestorben wäre. Allerdings wäre ich sehr wohl überrascht, wenn nicht noch mehr im Spiel gewesen wäre.“
* * *
Angus und Malcolm Young haben sich zwar nie zu Bons angeblichen Überdosen in den Jahren 1975 und 1976 geäußert, doch die leidige Frage, inwieweit sein Arbeitsplatz gesichert war, sollte bald ein bestimmendes Thema innerhalb der Band werden und auch ihn selbst intensiv beschäftigen. Diese Verunsicherung wurde durch die Kritikerschelte, die Bon vonseiten der Rezensenten erdulden musste, Atlantics Weigerung, Dirty Deeds Done Dirt Cheap in Nordamerika zu veröffentlichen12, die Gerüchte, die Plattenfirma könnte AC/DC fallen lassen, sowie den Umstand, dass die sommerliche Let There Be Rock-Tour sich nicht in angemessenen Verkaufszahlen niederschlug, noch weiter verschlimmert. Außerdem trank Bon nun heftiger als je zuvor, womit er sich ins direkte Schussfeld von Malcolm manövrierte.
Es ist nicht schwer, sich auszumalen, wie die kreative Beschränkung der Gebrüder Young auf nichts außer schnörkellosen Rock ’n’ Roll mit zotigen Texten ihn zu frustrieren begann. Silver Smith sagte, den Youngs hätte missfallen, wenn Bon irgendeine andere Musik als AC/DC hörte. Doch im Privaten, wenn sie sich nicht gerade vor Medienvertretern in Pose warfen, lauschten die Youngs ganz anderen Klängen. In einem unachtsamen Moment gestand Malcolm, dass er und seine Band die Beatles hörten. „Wenn wir irgendetwas hören wollen“, sagte er, „dann legen wir die Beatles auf, eines ihrer abenteuerlicheren Alben.“ Allerdings gehörte es zu den Voraussetzungen für ihren Leadsänger, zumindest nach außen hin den musikalischen Einfaltspinsel zu markieren.
Bon wünschte sich, als Künstler ernst genommen – oder zumindest respektiert – zu werden. Doch die Presse brachte ihm nichts als Hohn entgegen, selbst wenn AC/DC auf der Bühne eine fulminante Show hinlegten. Er las gerne und besuchte auf Tour in Europa nicht nur Buchhandlungen, sondern auch Kunstgalerien. Doch egal wie witzig seine Lyrics auch waren, Bon war sicher kein Peter Ustinov oder Stephen Fry. Seine Briefe, die er an Freunde schrieb, waren in der Regel mit derben Kraftausdrücken gepfeffert und seine Interviews outeten ihn auch nicht gerade als Intellektuellen. Seine Antworten waren oft wirr, mitunter zusammenhanglos, und endeten fast immer mit „weißt du?“.
„Ich weiß nicht, was ich ohne diese Band tun würde, weißt du? Ich lebe für sie. Wir sind ein echt verwegener Haufen. Die Songs geben einfach wieder, wer wir sind: Saufen, Frauen, Sex, Rock ’n’ Roll. Darum geht’s schließlich im Leben.“
Nur auf Bon traf dies im Grunde genommen gar nicht zu. Stattdessen schlüpfte er bloß in diese Rolle. Die Prahlerei, mit wie vielen Girls er schon gepennt hätte, oder das schmuddelige Gerede von wegen Pornoheftchen sollte der Presse gegenüber bloß ein Image festigen, das er selbst konstruiert hatte. Je mehr er der Rolle entsprach, die die Gebrüder Young ihm zugedacht hatten, desto mehr verabschiedete sich Bon von dem, was ihn tatsächlich ausmachte. Ist es da wirklich verwunderlich, dass er sich bis zur Besinnungslosigkeit besoff?
Irene Thornton schrieb, dass Bon „stets versuchte, seinem Rockstar-Image gerecht zu werden, streitlustig daherzureden und eine Reaktion zu provozieren. Nicht einmal die Hälfte von dem Scheiß, den er so sagte, war ernst gemeint.“
Sie schildert auch einen Vorfall, der sich zu Beginn von Bons Karriere bei AC/DC zutrug und bei dem auch der verstorbene australische Roadie Pat Pickett und zwei Groupies eine Rolle spielten. Laut Irene stellte Pickett „etwas echt Abartiges“ an, das einen „wirklichen Tiefpunkt“ darstellte. Doch Bon war davon sichtlich amüsiert. Irene schreibt, dass er mit jedem Bier „immer noch abgründiger“ wurde. Er besaß eine hässliche, fiesere Seite, die mitunter zum Vorschein kam. Was sonst hätte ihn dazu bewogen, gegenüber der einzigen Frau, die er je ehelichte, mit seiner sexuellen Beziehung zu Silver „praktisch anzugeben“?
„Er wollte, dass ich von Silver erfuhr – und aus irgendeinem Grund, so glaube ich, wollte er mir damit wehtun“, schreibt Irene in ihren Memoiren. „Was mir an ‚Ride On‘ [auf Dirty Deeds Done Dirt Cheap] auffällt, ist, wie früh in seiner Karriere Bon bereits anfing, sich unglücklich zu fühlen. Er hatte ein bisschen Erfolg und plötzlich glaubte er, sich jedem gegenüber alles leisten zu können. Die Band wurde so erfolgreich und so viele Mädchen warfen sich ihm an den Hals, dass seine Wahrnehmung der Wirklichkeit stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ich war echt angewidert von ihm“, berichtet sie.
Auch Silver erinnert sich nicht gerne an diese Seite von Bon. „Womöglich sollte ich das für mich behalten, aber Bon war ein bisschen ein Maulheld und es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass das auch mich miteinschloss, worüber ich mich später sehr grämte. Diskretion war schließlich mein zweiter Vorname! Bon war da definitiv anders gepolt. Er war total indiskret mit seinen Geschichten und übertrieb ordentlich, um Eindruck zu schinden. Ich fand das auf die harte Tour heraus, als ich entdeckte, dass er genau das in Bezug auf mich getan hatte. Das konnte peinlich und rufschädigend sein. Aber wenn er ertappt wurde, zeigte er sich wieder von seiner gewinnenden und charmanten Seite.“
Auch sie ist der Meinung, dass Bon sich in einer Rolle verheddert hatte, die nicht seinem wahren Charakter entsprach.
„Irgendwann saß er in der Falle. Anfangs passte es gut für ihn. Soweit ich weiß, erhob er nie Einspruch. [Michael] Browning versorgte Truth, Melbournes Revolverblatt, mit albernen Storys über Bon, weil er vor AC/DC noch nicht im Ruf stand, so ein Bad Boy zu sein. Leute, die ihn besser kannten, wussten, dass er saudumme Aktionen bringen konnte, doch sein Image war im Allgemeinen nicht das eines Bad Boys. Das wurde mehr oder weniger konstruiert. Du weißt schon, der böse, ältere Typ und seine jungen Kerls, Lehrlinge oder was auch immer in puncto Verderbtheit oder so. Aber ich glaube, dass ihn das gegen Ende hin persönlich belastet hat. Er konnte dem nicht entfliehen. Auf jeden Fall bereitete es mir Probleme, da er sich gezwungen sah, diese Rolle ununterbrochen zu spielen. Er musste diese Person sein. Bon war sicher immer schon ein kleiner Frechdachs, aber dieses Bad-Boy-Gehabe wurde erst für AC/DC so richtig herausgearbeitet. Es zehrte an ihm. Die Leute wollen, dass du genau diese Person bist. Nichts laugt einen mehr aus. Während meiner ersten eineinhalb Lebensjahrzehnte wurde mir eingetrichtert, wer ich zu sein hätte … Das ist echt hart.“
Die Erzählungen beider Frauen lassen tief blicken. Die Youngs konnten unablässig