Pumpernickel. Ulrich Elsbroek

Читать онлайн.
Название Pumpernickel
Автор произведения Ulrich Elsbroek
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783941895386



Скачать книгу

er ein wenig Wasserdampf über die Brotkästen sprüht, damit die Brote nicht so knochentrocken werden, wie besagte Westfalen. Die oben genannten pumpernickelfremden Zutaten werden von manchen Bäckern gerne benutzt, um in deutlich kürzerer Zeit zu einem ähnlichen Ergebnis zu gelangen, z. B. das Rübenkraut für die süße Note, denn in kürzerer Zeit ist die Stärke des Korns eben noch nicht karamellisiert.

      Dabei kann man sogar im privaten Hausgebrauch auf relativ klassische Art und Weise Pumpernickel »backen«. Es ist alles nur eine Frage der Geduld, wir stellen Ihnen ein entsprechendes Rezept vor.

      Vorab sei noch kurz erwähnt, dass Swattbraut eben doch nicht immer gleich Pumpernickel ist, zumindest wenn wir der Erklärung der letzten Swattbraut- und Pumpernickel-Bäckerei Münsters (Prünte) folgen, die wir fragten, wo der Unterschied ihrer beiden Produkte läge. Demnach sei Swattbraut die rustikalere Version mit 100 % grobem Roggenschrot, während für Pumpernickel ein Teil des Roggenschrots vorab nochmals feiner geschrotet wird (etwa 20 %), somit Schrot und schließlich Brot auch etwas feiner schmecken.

image

      Hier nun also ein klassisches PUMPERNICKEL-Rezept, Zutaten für 1 Brot:

      1000 g Roggen, in ganzen Körnern

      3 Liter Wasser

      2 EL Salz

      500 g feines Roggenschrot

      (beim ersten Backvorgang noch etwas Sauerteig, bei folgenden Backvorgängen kann man Teigreste von den vorigen Broten nehmen)

      Die Roggenkörner unter fließendem Wasser gründlich ausspülen. In einem großen Topf mit der dreifachen Menge Wasser kurz zum Kochen bringen. Den Herd ausschalten und die Roggenkörner im Wasser mindestens 12 Stunden quellen lassen. Die eingeweichten Körner abschütten und durch einen Fleischwolf drehen. Die Scheibe sollte eine Stärke von 4 bis 5 mm haben. Die durchgedrehte Roggenmasse zusammen mit dem Roggenschrot, dem Salz und Sauerteig bzw. Teigresten in eine Rührschüssel geben und gut durchmischen. Die Masse mit dem Handrührgerät (Knethaken) 5-6 Minuten auf niedrigster Stufe rühren und dann noch einmal 10-15 Minuten auf höchster Stufe durchkneten. Die Pumpernickelmasse in eine ausreichend große Kastenform mit Deckel geben. Wer keine Form mit Deckel besitzt, kann auch eine oben offene Kastenform mit etwa fünf Lagen Alufolie fest ummanteln. Wichtig ist einfach, dass kein Dampf aus der Form entweicht!

      Der Pumpernickel wird auf der untersten Schiene des Backofens in drei Stufen »gebacken«. Zunächst geht er für 45 Minuten bei 150° C in den Ofen, danach die Temperatur auf 100° absenken und für weitere 45 Minuten »backen«. Noch einmal den Ofen auf 75° herunterdrehen und den Pumpernickel in 24 Stunden »fertigbacken«.

      Für die Umsetzung der folgenden Rezepte ist unbedingt zu erwähnen, dass Pumpernickel im Handel in verschiedensten Größen angeboten wird. Am bekanntesten sind sicherlich die kleinen Pumpernickel-Taler mit einem Durchmesser von ca. 4,5 cm (etwa 10 g pro Scheibe), die gerne für Fingerfood-Partys oder das klassische Buffet genutzt werden, aber auch größere runde Scheiben finden sich, z. B. vom Soester Pumpernickel-Bäcker Haverland (Durchmesser 8,5 cm, etwa 30 g/ Scheibe). Klassisch ist allerdings die rechteckige Kastenform, bei Münsters Bäcker Prünte ist das Pumpernickelbrot 11 x 9,5 cm (ca. 30 g/Scheibe) und das Swattbraut 12,5 x 12,5 cm (ca. 60 g/Scheibe). Wir benutzen in unseren Rezepten die rechteckigen Scheiben à 30 g oder die Taler à 10 g – was wir jeweils angeben – da sie im Handel am meisten verbreitet sind.

image

      »Als münsterscher Bäcker in der 5. Generation hat man natürlich ein besonderes Verhältnis zu dieser urwestfälischen Brotspezialität. Ein westfälisches Schinkenschnittchen ohne Pumpernickel mit Butter ist für mich absolut undenkbar. Dieses leicht süße, saftige Geschmackserlebnis sollte sich keiner entgehen lassen, der sich Brotliebhaber nennt. Die Familie Prünte als letzte münstersche Pumpernickelbäckerei sorgt ja, Gott sei Dank, dafür, dass die Münsteraner/innen nicht auf ihr handwerklich hergestelltes Pumpernickel verzichten müssen.«

      Georg Krimphove

      Bäckermeister

      H2 Ein hartes Brot. Herstellung

      Schmeichelt das Schwarzbrot auch heutzutage unseren Sinnen, die Herstellung des westfälischen Schwarzbrotes selbst hatte mit Genuss nicht das Geringste zu tun. Im Gegenteil, es war – zumindest in früheren Zeiten – ziemlich hartes Brot. War die Ernte eingebracht, musste das Getreide zu einer Mühle transportiert werden. Dabei waren bisweilen lange Strecken in Kauf zu nehmen. Bis weit ins 19. Jahrhundert befanden sich die Mühlen in den Händen des jeweiligen Landesfürsten. Und die waren vor allem daran interessiert, dass ihre mahlenden »Goldesel« ausgelastet waren. Da ging jede weitere Mühle, die über den tatsächlichen Bedarf hinaus gebaut wurde, nur zu Lasten des landesherrschaftlichen Portefeuilles. Lange Wegstrecken waren also das Ergebnis einer bewussten Verknappung der Mahlressourcen. Weil viele Bauern weder über Pferd und Wagen verfügten, mussten diese Wege nicht selten per pedes apostulorum und mit dem Sack auf der Handkarre absolviert werden. Doch oh Wunder: In aller Regel waren die Säcke nach dem Mahlen leichter als vor dem Mahlen. Einerseits gut, weil der Bauer so weniger zu schleppen hatte. Andererseits schmälerten sich so seine Möglichkeiten des Gelderwerbs. Denn diese »Leichterung« war die Folge der Naturalabgabe, die der Bauer sowohl an den Landesfürsten als auch an den Müller zu entrichten hatte. Ein weiterer unangenehmer, weil unberechenbarer Störfaktor konnte das Wetter sein. Ausbleibender Wind oder anhaltender Frost führte zu unangenehmen Wartezeiten, weil die Mühle ihr Werk nicht tun konnte. Zudem konnte der gute westfälische Landregen An- wie Abfahrt zu einem Abenteuer machen, weil die Wege tief und morastig wurden. Waren diese vielfältigen Hürden aber einmal genommen, und war der gute Landmann glücklich mit seiner Ware zuhause angekommen, konnte es endlich ans Backen gehen. Auch dies ein kraftraubendes Unterfangen.

image

      Ein Teil des Roggenschrots wurde abends mit heißem Wasser vermengt, so dass es über Nacht aufquellen konnte. Hierfür benutzte man längliche Tröge mit Längen bis zu 4 m, die aus dicken Bohlen zusammengezimmert oder aus Baumstämmen geschlagen waren. Hinzu kam dann Sauerteig, der die Aufgabe hatte, die Gärung anzukurbeln und so den Brotteig aufzulockern. (Ohne diesen Zusatz wäre der Pumpernickel genau das, was man ihm ohnehin Jahrhunderte lang nachsagte: ein schwerer, nur schlecht verdaulicher Klumpen). Da dieser Prozess gut und gerne auch durch alte Teigreste in Gang kam, hat man darauf verzichtet, die Backtröge nach jeder Nutzung gründlich zu reinigen. Denn die darin anhaftenden Überbleibsel des Vorgängerteiges taten hier ihr blähendes Wunder. Die mangelnde Reinigung des Troges galt deshalb hierzulande auch nicht als Ausdruck von Schlampigkeit, sondern als eine gezielte Vorbereitung des nächsten Backganges. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Am nächsten Tage wurde der restliche Teil des Roggenschrotes hinzugegeben und miteinander vermengt. Nun müssen Sie sich vorstellen, dass dieser mit Wasser vollgesogene Roggenschrot sehr schwer war. Deshalb war das gründliche Durchkneten und -walken eine äußerst kräfteraubende Angelegenheit. Es sei denn, man bediente sich innovativer Ideen. So haben vornehmlich Männer den Teig – Stichwort »walken« – noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein mit den nackten Füßen bearbeitet. Eine erhebliche Erleichterung, weil ein wesentlicher Anteil der benötigten Kräfte durch die natürliche Schwerkraft des Körpers bereitgestellt wurde. Nachdem nach mehreren Bearbeitungsgängen die Homogenität des Teiges sichergestellt worden war, wurde er mit Hilfe eines spezielle Spatens – »Deegschüppe« oder »Deegstiäcke« genannt – aus dem Backtrog geholt, portioniert und in eine große, eckige Form geschlagen. Da lagen sie nun – echte »Kanten« mit einem Gardemaß von nicht selten einem halben Meter. Bernd, das Brot, lässt grüßen.

image

      Nun kam der Teig in den Ofen. Aber stellen Sie sich bitte nicht eine handelsübliche Backröhre von Miele oder Siemens vor. Der Backofen des gemeinen Landmannes bestand bis ins 20. Jahrhundert aus einem simplen Hohlraum, der aus Backsteinen