Название | Karl Barth und der "Kommunismus" |
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Автор произведения | Wolf Krötke |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783290177218 |
Das Buch von Bischof führt demgegenüber in Niederungen, die nachgerade peinlich sind. Es strotzt von Schnitzern, die man am liebsten auf sich beruhen ließe. Ganz übergehen will ich sie dennoch nicht, weil sie eine Gerüchteküche entstehen lassen, die von Unfreiheit nur so dampft.
Erstens listet Bischof wiederholt Namen von Menschen aus der DDR auf, in denen »Assimilanten«, wie Barth die Ost-CDU-Funktionäre nannte,25 IMs der Stasi und redliche Kirchenleute und Theologen aus der DDR kommentarlos in einem Atemzug genannt werden.26 Es wird der Eindruck erweckt, sie alle seien fragwürdige Typen gewesen, die zu meiden waren. Dazu ist zu sagen: Wem die DDR einen IM auf den Hals geschickt hat, war ein Opfer und kein Täter. Wenn Bischof z.B. Walter |18| Feurich (IM »Klemm«) einen »Freund« Barths nennt,27 versucht er Barth auf die Seite der Täter hinüber zu mogeln.
Zweitens lastet Bischof Barth den sogenannten »Linksbarthianismus« an, der nach seinem Tod in Westdeutschland für den Sozialismus a la DDR eintrat. Walter Kreck aus Bonn hat mich persönlich z.B. belehren wollen, dass die DDR der bessere Staat sei als die Bundesrepublik Deutschland. Friedrich-Wilhelm Marquardt (nicht Marquart!) hat in seiner Habilitation »Theologie und Sozialismus« die Meinung vertreten, die »Denkform« Barths sei der »dialektische Materialismus«.28 Ein Kollege von mir hat diese ideologische Einzwängung von Barths Denken gültig ad absurdum geführt.29 Wie falsch sie war, ist dadurch belegt, dass ihre Vertreterinnen und Vertreter nach dem Ende der DDR sang- und klanglos mit ihr aufhörten. Barths Theologie der Freiheit aber hat Bestand.
Drittens beachtet Bischof nicht die einfachste Regel im Umgang mit Stasiakten. Er überprüft sie nicht auf ihren Wahrheitsgehalt. Unter der Überschrift »Die Saat geht auf« macht er sich zum Sprachrohr von »IM Klemm«, indem er von einem »Ritual« bei der Barth-Tagung auf dem Leuenberg im Jahr 1975 berichtet.30 Es habe im täglichen Absingen des kommunistischen Kampfliedes »Die |19| Internationale« bestanden. Zur Illustration wird dieses Lied vollständig abgedruckt. Richtig an diesem Bericht ist, dass ein paar Leute bei einem »Hüttenabend« launige Gesänge angestimmt haben. Ein paar davon sangen zu fortgeschrittener Stunde die »Internationale«. Doch diese aus Westdeutschland importierte Geschmacklosigkeit war weder ein »Ritual« noch hat sie diese Tagung geprägt. Ich erwähne das hier nur, damit die heute blühende Leuenberg-Tagung durch solche Stasi-Berichte keinen Schaden nimmt. Sie ist die weltweit bedeutendste kontinuierliche Tagung zur Theologie Karl Barths, auf der sich vor allem junge Leute mit dem theologischen Erbe Barths und seiner Gegenwartsbedeutung beschäftigen.
Viertens gibt Bischof dem Kapitel über Barth die Pointe, die Katholiken seien die eigentlichen »Antikommunisten« gewesen. Zum Beweis dessen wird Papst Pius XI. aus dem Jahre 1937 (!) zitiert.31 Die Wahrheit ist: Die katholische Kirche hatte sich in der DDR-Zeit ins Mauseloch verkrochen und zur Vorbereitung der »friedlichen Revolution« so gut wie nichts beigetragen.
Fünftens gibt Bischof zu erkennen, dass er sich mit der Kirche in der DDR gar nicht beschäftigt hat. Indiz dafür ist das, was er zur »Kirche im Sozialismus« sagt. Diese Formel, die Staat und Kirche gebrauchten, war in der Tat problematisch, weil sie nicht klar zum Ausdruck brachte, dass die Kirche für die Menschen in der sozialistischen Gesellschaft und nicht für die Ideologie des Sozialismus da sein wollte. Was Bischof aus ihr macht, aber hat sie niemals bedeutet. Sie besage, meint er, Religion |20| sterbe »getreu der marxistischen Religionskritik« gesetzmäßig ab.32 Die DDR-Mächtigen aber haben sich zu dieser Formel bequemt, weil die Religion trotz des massiven Angriffs auf sie partout nicht abstarb.
Ich will wirklich nicht »beckmessern«. Es war schon in der Zeit der Spaltung Europas schwierig, sich von außen über die DDR und den Weg der Kirchen in der DDR ein angemessenes Bild zu machen. Heute, da wir durch die einzigartige Offenlegung der Hinterlassenschaften einer Diktatur so viele Hintergründe ihrer Machtausübung kennen, ist das sicherlich nicht einfacher. Es nötigt zu immer genauerem Hinsehen. Bischof hat es nach meinem Eindruck damit nicht allzu ernst genommen. Aber sein Buch könnte ja vielleicht eine Provokation sein, gerade das zu tun.
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