Название | Jim Morrison |
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Автор произведения | Ingeborg Schober |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862870905 |
Zurück an der UCLA fällt er vor allem durch angeberisches, großspuriges Benehmen, zunehmenden Drogenkonsum und obszöne Ausfälle auf. Einige Dozenten lassen ihn dennoch nicht fallen. Jims Lieblingsprofessor Ed Brokaw vermutet hinter Jims ›Dilettantismus‹ ein großes Talent: »Alles Destruktive zog ihn an«, meint er heute, »er roch es und wärmte sich die Hände an diesem Feuer.« Zum Abschluss des Semesters im Mai 1965 werden die Arbeiten der Studenten an zwei Tagen vorgeführt, um die Filme auszuwählen, die später öffentlich präsentiert werden sollen. Jims Klasse hatte die Aufgabe, einen Stummfilm zu drehen und diesen anschließend mit Geräuschen oder Musik zu unterlegen.
Sein Film entsteht ohne Drehbuch auf der Basis seiner Notizen. Heraus kommt eine zusammenhangslose Montage ohne eigentliche Handlung. John DeBella ist der Kameramann und Star von Jims Abschlussfilm. Er dreht in den schäbigen Bars im Vergnügungsviertel von Los Angeles und in Jims Appartement. Johns damalige Freundin, eine große deutsche Blondine, tanzt in Unterwäsche auf dem Fernseher, während Nazis über den Bildschirm marschieren. An der Zimmerwand hängen Playboy-Nackedeis, durchbohrt von Dartpfeilen. Jim hat einen Vorläufer der späteren Videoclips gedreht, wie sie Ende der 70er Jahre in der Musikszene in Mode kamen - allerdings ohne den dazugehörigen Song. Der Film hat keinen Titel und ist so schlampig montiert, dass sich die Klebestellen lösen. Nach der verspäteten Vorführung sind Jims Professoren enttäuscht und geben ihm nur ein ›Ausreichend‹.
Es ging um einen Filmemacher und das Auge des Filmemachers. Die Kamera und das Auge sahen all diese schrecklichen Sachen. Was der Filmemacher aufnahm, hatte solche Auswirkungen auf ihn, dass er schließlich eine Augenentzündung bekam. Dann hatte Jim nach einem Joint einen guten Einfall, und es folgte ein Schnitt auf die weiße Linie, die auf dem Bildschirm zu sehen ist, während der Fernseher ausgeschaltet wird, und die auf einen winzigen Punkt schrumpft. Irgendwie war das stark, aber ich würde nicht sage, dass es ein guter Film war.
Der Mitstudent John DeBella über Jims Abschlussfilm
Professor Terence McCartney Filgate, der in Jims Film mitgewirkt hat, hält seinen Studenten für unbeherrscht, aber außergewöhnlich. »Er machte auf Marlon Brando und war Frauen gegenüber sehr aggressiv.« Colin Young, ein anderer Dozent, meint: »Ich hatte nicht das Gefühl, dass Jim zu denen gehörte, die beim Film durchhalten. Meiner Meinung nach fehlte ihm die Geduld, sich lange genug mit Leuten herumzuschlagen, um einen Film zu machen. Er war ein Künstler, der seine Nummer noch nicht zusammenhatte. Ich fand seinen Film interessant, aber unfertig.« Er sollte in mehr als einer Hinsicht recht behalten. Jim ist über seinen Misserfolg so verbittert, dass er zwei Wochen vor Semesterschluss die UCLA verlässt. Gleichzeitig kommt es zum endgültigen Zerwürfnis mit Mary.
Ich sagte Jim, was für ein übles Zeug es war, wie es schmeckt und dass man hinterher drei Tage lang mit Leuten redet, die nicht da sind. Er sagte, »du hast mich überzeugt«, und fing an, das Zeug zu nehmen. Er füllte es in Kapseln und nahm ganze Hände voll auf einmal.
Jims Freund Phil Oleno über dessen Drogenexperimente
In diesen Tagen lassen sich in Los Angeles die jungen Leute bereitwillig und wahllos auf alles ein, was ihr Bewusstsein erweitert, und Jim schluckt und inhaliert, was er bekommen kann. »Er hätte alles ausprobiert«, so Phil Oleno, der aus der Apotheke seines Vaters das grüne Pulver Asthmador anschleppt, das aus dem giftigen Belladonna hergestellt wird. »Er musste herausfinden, wie es war.« Als Jim die UCLA verlässt, hat der neue amerikanische Präsident Lyndon B. Johnson Vietnam bereits den Krieg erklärt und die USA bombardieren das Land. Gleichzeitig kommt es in den amerikanischen Großstädten zu Rassenunruhen. Je mehr die politische Lage eskaliert, um so stärker erobert die neue psychedelisch und politisch gefärbte Rockmusik die Charts - ›Mr. Tambourine Man‹ von den Byrds, die Rolling Stones mit ›Satisfaction‹, die Beatles mit ›Help!‹ und Bob Dylan mit ›Like A Rolling Stone‹.
Raymond Daniel Manzarek, 1939 in Chicago als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren, studierte am dortigen Konservatorium klassisches Klavier. Danach machte er seinen Abschluss in Wirtschaft an der DePaul University, bevor er in Los Angeles ein Jura-Studium begann, um danach an die Filmabteilung zu wechseln. Im Dezember 1961 trat er in den Armeedienst ein und wurde zur Truppenbetreuung als Pianist nach Japan und Thailand geschickt. Als er dem Armeepsychiater erzählte, er sei homosexuell, wurde er frühzeitig entlassen. Sein Filmstudium an der UCLA nahm er genau zu dem Zeitpunkt wieder auf, als Jim in Los Angeles eintraf. Ray Manzarek verstarb am 20. Mai 2013.
Ein weiterer Kommilitone von Jim ist Ray Manczarek, geboren 1939, ein klassisch geschulter Pianist aus Chicago, der später das ›c‹ aus seinem Namen streicht. Zusammen mit seinen Brüdern Rick und Jim hat er eine Bluesband namens Rick and the Raven, in der er die Orgel spielt und die an den Wochenenden in einer Bar in Santa Monica auftritt. Jim respektiert den bebrillten und coolen Ray, denn dieser hat sich geweigert, Nacktszenen aus seinem Film zu schneiden. Rays Band soll beim Abschlussball einer High-School als Vorgruppe von Sonny & Cher_16 spielen. Weil sie zu sechst engagiert sind und ein Musiker ausfällt, bittet er Jim einzuspringen, der für 25 Dollar einen Gitarristen mimt. Kurz darauf taucht Jims alter Kumpel Sam Kilman aus den Zeiten an der Florida State University auf. Jim schlägt dem ehemaligen Schlagzeuger vor, eine Band namens The Doors zu gründen. »Es gibt das Bekannte, und es gibt das Unbekannte; was sie trennt, ist die Tür. Genau das will ich sein - die Tüüür!« Doch Sam lacht nur, als er hört, dass Jim der Sänger sein soll.
Mitte Juli erfährt Jim, dass er die Gesundheitsprüfung bei der Musterung bestanden hat und jeden Tag eingezogen werden kann, da er nicht mehr als Student registriert ist. Rasch schreibt er sich an der UCLA wieder für diverse Kurse ein. Als ihm sein Abschlussdiplom per Post zugestellt wird, ist er bereits in Venice. Dort findet er das Leben, das ihm gefällt. Die Hippies aus San Francisco und Künstler aus Los Angeles treffen sich am Strand, wo in den kleinen Headshops_17 LSD_18 und Marihuana verkauft wird. Anfangs teilt sich Jim mit Dennis Jakob eine Unterkunft und zieht danach auf das Dach eines verlassenen Warenhauses. Seine Hauptnahrung besteht aus LSD-Trips und Joints. Ab und zu wärmt er sich Dosengerichte auf einem Bunsenbrenner auf und schreibt fieberhaft Gedichte, die später zu Songtexten der Doors werden. »Die Geburt des Rock 'n' Roll fiel mit meiner Jugend zusammen, mit der Zeit, als ich anfing, bewusst zu leben. Es war ein echter Kick, obwohl ich mir damals nicht einmal ernsthaft hätte träumen lassen, es selbst zu tun .... Und als es schließlich passierte, hatte mein Unterbewusstsein die ganze Sache schon vorbereitet. Ich habe nicht darüber nachgedacht. Es war einfach da. Ich habe niemals gesungen. Ich dachte, ich würde Schriftsteller werden oder Soziologe, vielleicht Stücke schreiben. Ich bin höchstens in ein oder zwei Konzerten gewesen.«
End Of The Night / Ende der Nacht (Songtext; Ausschnitt)
Nimm die Straße zum Ende der Nacht
Ende der Nacht. Ende der Nacht
Sphären der Wonne, Sphären des Lichts
Manche wurden für die süße Lust geboren
Manche wurden für die endlose Nacht geboren
Alles, was er in den Jahren zuvor wie ein Schwamm aufgesogen hat, bricht nun aus ihm heraus. Während er die ersten Songs schreibt, hört er in seinem Kopf ein komplettes Rockkonzert vor einem großen Publikum. Er beobachtet ein junges schwarzes Mädchen mit langen Beinen und schreibt ›Hello, I Love You‹, das drei Jahre später zu einem der größten Doors-Hits werden soll. Zu dem Text von ›End Of The Night‹ inspiriert ihn der Roman des französischen Pessimisten und späteren Faschisten Louis-Ferdinand Céline, ›Reise ans Ende der Nacht‹. Mit ›Soul Kitchen‹ verewigt er das kleine Speiselokal ›Olivia's‹ mit billiger und bodenständiger Küche für die schwarze Bevölkerung von Los Angeles. Er weiß, dass er diese Songs, die er schreibt, auch singen muss. »Diese Art von mystischem Konzert, das ich hörte ... das wollte ich gerne reproduzieren.« Dieses Bekenntnis klingt wie das Drehbuch, das er an der UCLA nie abgeliefert hat - das Szenario seines künftigen Lebens. Da er bereits das gelebt hat, worüber die neuen Rockstars singen, liegt es auf der Hand, selbst einer zu werden, der jedoch über