Название | Krebs beim Hund |
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Автор произведения | Kerstin Piribauer |
Жанр | Медицина |
Серия | |
Издательство | Медицина |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954642526 |
Onkogene, Suppressorgene und Reparaturgene
Jede gesunde Körperzelle verfügt über Protoonkogene, die das Zellwachstum fördern, und Suppressorgene, die das Wachstum unterdrücken. Protoonkogene und Suppressorgene sorgen in einer gesunden Zelle für das physiologische Gleichgewicht zwischen einem geregelten Zellwachstum und einem kontrollierten Zelltod. Mutationen oder veränderte Steuerfunktionen in diesen lebenswichtigen Regulationsmechanismen der Zelle aber führen zu einem veränderten biologischen Verhalten: Die das Zellwachstum fördernden Protoonkogene können so verstärkt aktiviert werden und sich damit zu echten Onkogenen entwickeln, oder die das Zellwachstum physiologisch hemmenden Suppressorgene können deaktiviert sein. Beide gestörten Mechanismen führen letztlich zu einer Krebserkrankung mit einer autonomen und überschießenden Zellteilung sowie einem verminderten oder fehlenden Zelltod.
Mutationen in Protoonkogenen, die beispielsweise Wachstumsfaktoren und deren Rezeptoren codieren, machen diese zu Onkogenen und führen zu einem überschießenden Zellwachstum.
Mutationen in Suppressorgenen verhindern, dass diese ihre hemmende Funktion auf die Zellteilung ausüben können.
Bei Krebszellen ist das physiologische Gleichgewicht der Regulationsmechanismen der Zelle aus dem Lot geraten. Es hat sich zugunsten der wachstumsfördernden Onkogene verschoben und begünstigt so ein ungehindertes und unkontrolliertes Zellwachstum. Zusätzlich können eventuell mutierte Suppressorgene ihrer Kontrollfunktion über den Zellzyklus nicht mehr nachkommen.
In weiten Teilen der populärwissenschaftlichen onkologischen Literatur hat sich ein allgemein vertrautes Bild aus der Autotechnik etabliert, das diesen Zusammenhang anschaulich beschreibt: Die aktivierten Onkogene entsprechen einem durchgedrückten Gaspedal, die deaktivierten Suppressorgene einer blockierten Bremse.
Dieser Vorgang wird durch ein ausgeklügeltes System von Reparaturgenen, sozusagen besonderen Suppressorgenen, unterstützt. Diese codieren eine Gruppe von hochaktiven Proteinen, die die DNA ununterbrochen nach Fehlern absuchen, Schäden erkennen und reparieren. Besteht auf eine derartige Reparatur keine Chance mehr, tritt das genetisch programmierte physiologische „Selbstmordprogramm“ der Zelle in Kraft, die nun im Interesse des Gesamtorganismus in den geplanten Zelltod gehen muss. Aber Mutationen und fehlgeleitete Steuerungsmechanismen können auch hier verhindern, dass diese Reparaturgene ihre Aufgabe zuverlässig und korrekt erfüllen.
Malignes Tumorgeschehen: zellbiologische Risiken
Aktivierte Onkogene führen zu einem pathologisch beschleunigten Zellteilungsmechanismus und damit zu einer beständigen Vermehrung der Zellen.
Inaktivierte Suppressorgene, die das Wachstum normalerweise unterbinden sollten, verhindern, dass wachstumshemmende Signale die Zellen erreichen.
Mutierte Reparaturgene verhindern einen programmierten Zelltod.
Eine Fehlfunktion von Onkogenen, Suppressorgenen und Reparaturgenen kann auf verschiedene Art und Weise zustande kommen. Zu den bekannten ererbten genetischen Veränderungen gehören die Mutationen in den Tumorsuppressorgenen BRCA1 und BRCA2. BRCA ist dabei die Abkürzung für den englischen Begriff Breast Cancer, Brustkrebs. Mutationen in diesen Genen führen beim Menschen – und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch beim Hund – zu einem deutlich erhöhten Risiko, an Brustkrebs bzw. Milchleistenkrebs zu erkranken und stellen eine der Grundlagen für familiär oder rassespezifisch gehäufte Tumorerkrankungen dar.
Mindestens ebenso bedeutend für Mensch und Hund ist das Tumorsuppressorgen p53, das aufgrund seiner zahlreichen Bremsfunktionen im Organismus auch den klangvollen Beinamen „Wächter des Genoms“ trägt. Ist das p53-Gen aber mutiert oder deaktiviert, kann das entsprechende Protein nicht mehr in ausreichender Menge gebildet werden, wenn Kontrollmechanismen vermehrte DNA-Schäden in der Zelle melden. Physiologisch würde das p53-Protein jetzt den Zellteilungszyklus anhalten, um der Zelle Gelegenheit zur DNA-Reparatur zu geben, bevor der Schaden an die Tochterzellen weitergegeben wird, oder die Zelle würde in den geplanten Zelltod gehen. Fehler im p53-Gen aber ermöglichen es diesen geschädigten Zellen, sich der Apoptose, dem geplanten Zelltod, zu entziehen.
Die wichtigsten Tumorsuppressorproteine des Organismus haben wie jedes andere Protein auch eine genetisch festgelegte dreidimensionale Struktur, die sie unverwechselbar charakterisiert und von anderen Proteinen unterscheidet. Wenn diese Strukturen, die sich aus der Aneinanderkettung der genetisch codierten Aminosäuren ergeben, beispielsweise bei den bekannten Tumorsuppressoren BRCA1 und BRCA2 oder am p53-Protein durch ererbte Mutationen oder epigenetische Mechanismen verändert sind, führt dies zu einem deutlich erhöhten Tumorrisiko des betroffenen Individuums.
Die dreidimensionale Struktur des Tumorsuppressorproteins p53.
Karzinogene Substanzen verfügen über die unterschiedlichsten Möglichkeiten, in das Zellgenom des menschlichen oder tierischen Organismus einzugreifen. In vielen Fällen sind toxische Substanzen mit einer krebserregenden Wirkung wie beispielsweise Tabakrauch für Zellschädigungen verantwortlich. Für die Karzinogenese des Hundes sind genauso wie beim Menschen neben Umwelteinflüssen Viren und Hormone als initiale Auslöser von hoher Bedeutung. Sie haben direkte Auswirkungen auf die DNA und können zu unmittelbaren Veränderungen im Genom der Zellen führen.
Wie Viren unkontrollierte Zellteilung initiieren
Virusinfektionen können auch beim Hund über verschiedene Mechanismen zum Auslöser einer Tumorerkrankung werden.
Der Entwicklungsprozess einer viral bedingten Tumorentstehung ist sehr genau erforscht. Ein Virus selbst verfügt nur über eine sehr geringe Anzahl von Genen und benötigt für seine eigene Vermehrung daher die Mechanismen höher entwickelter Organismen. Um ihre eigene Vervielfältigung voranzutreiben, integrieren einige Viren daher ihre eigene Erbinformation dauerhaft in das Genom des jeweiligen Wirtes und nutzen dafür jene Abschnitte der DNA, die zwischen den Genen liegen und deren Steuerungs- oder Schalterfunktionen wir bereits kennengelernt haben. Die Viren greifen so unmittelbar in die genetischen Steuerungsmechanismen ihres Wirtsorganismus ein und arbeiten auf eine vermehrte Zellteilung hin, denn sie haben natürlich ein Interesse daran, ihr eigenes Genom zu kopieren und damit ihre eigene Vermehrung sicherzustellen. So aktivieren sie – aus ihrer biologischen Sicht heraus folgerichtig – insbesondere Onkogene, die die Zellteilung infizierter Zellen beschleunigen. Der Schalter im Steuerungsmechanismus des Genoms steht damit sozusagen dauerhaft auf ON, der Teilungsmechanismus der Zelle bleibt permanent eingeschaltet.
Zu den ersten Viren, deren karzinogenes Potenzial in der Onkologie erforscht und nachgewiesen werden konnte, gehören die sogenannten Retroviren. Der Begriff Retroviren kürzt die korrekte Bezeichnung als Reverse Transkriptase Onkoviren ab, ein Name, der den Mechanismus, dem diese Viren folgen, sehr genau beschreibt. Ihre Erforschung in Zusammenhang mit onkologischen Fragen warf seinerzeit eines der großen molekularbiologischen Gesetze über Bord: Über viele Jahrzehnte hinweg war man davon ausgegangen, dass die Transkription des genetischen Codes nur in eine Richtung erfolgen kann, nämlich von DNA