Die Suche hat ein Ende. Mario Walz

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Название Die Suche hat ein Ende
Автор произведения Mario Walz
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783959630757



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um eine friedlichere, offenere, und vor allem tolerantere Welt mitzugestalten. Der Samen wirkt im Herzen weiter und verändert den Menschen von innen heraus. Während Zeigefingerkunst nur den Verstand anspricht. Aber der Verstand ist nicht derjenige, der ändert. Er ist standhaft! Und wiederholt lieber das, was er kennt.

      Insofern war die Theaterzeit im Kaiserhof eine vielfältige, spannende und interessante Zeit für mich. Aber auch dies ging leider vorüber. Das Theater konnte sich damals nicht mehr finanzieren. Mir blieb die Karriere als Bühnenbildner beim Fernsehen.

      Das machte mir auch Freude, auch wenn der kreative Prozess dabei nur ein Bruchteil der gesamten Arbeit ausmacht. Immerhin waren auch meine logistischen und statischen Fähigkeiten gefordert. Und ich lernte die Gratwanderungen, welche die Vorgaben an den Entwurf brachten, zu beherrschen. Aber das kreative Arbeiten im Büro stellte mich nicht so zufrieden, wie das selbsthandanlegende Arbeiten mitten im Geschehen der Theaterszene.

      Die Schaffensphase als Bühnenbildner hatte natürlich einige gute Seiten: Mein Honorar war um einiges gestiegen und ich arbeitete zu 90 Prozent von zu Hause aus. Wo ich meine Kinder erleben durfte, und ihnen ständig nahe war. Alles in allem in Ordnung. Eine gewisse Zeit lang.

      Bis jetzt, wo ich spüre, dass eine neue Phase meines Lebens beginnt. Ein Neuanfang, der eine komplette Umstrukturierung mit sich bringt. Wohin? Ich weiß es nicht.

      Ich fahre meinen neuen PC hoch. Klickklickklick und ich bin im Netz. Nachdem ich alle aufpoppenden Fenster entsorgt habe, die mich in unermüdlichem Dienst am Kunden seit Monaten daran erinnern, dass ich ein neues Virenprogramm bestellen müsste, öffne ich mein virtuelles Postamt.

      Nachrichten. Ich freue mich, wenn ich Mails bekomme, muss aber feststellen, dass von zehn verschickten höchstens eine beantwortet wird. Ich liebe das Mail–Schreiben. Und aus den bereits verfassten Mails hätte ich Bücher unterschiedlichsten Niveaus machen können. Unter Massen von Spam erkenne ich die erwartete Nachricht über den neuen Job. Ich öffne den Anhang, drucke den Text aus, und surfe auf meine favorisierten Internetseiten, die ich täglich zu besuchen gewohnt bin.

      Ich recherchiere gerne im Netz, wenn ich ein entsprechendes Thema, einen zu ergründenden Ansatz habe. Aber einfach so im Internet herumzugurken ist mir zu langweilig. Viele Seiten ziehen mich auch einfach runter oder verstopfen meine Synapsen mit überflüssigem Gedankenmüll mit langer Halbwertzeit. Ich beende die Verbindung, habe aber das Gefühl, noch darin verweilen zu müssen. Hypnose?

      Das Blatt fällt aus dem Drucker auf den Boden. Ich hebe es auf und beginne die Anforderungen für das Bühnenbild zu lesen. Was sich am Telefon so toll angehört hatte, zeigt sich mal wieder von einer komplett anderen Seite. Nicht nur, weil der Entwurf schon gestern fertig sein müsste, weil in drei Wochen schon die erste Aufzeichnung geplant ist. Es gibt eine Kostenvoraussetzung, die überhaupt nicht realistisch ist. Nicht in der Kürze der Zeit und nicht wenn ich auch noch etwas daran verdienen will.

      Ich rufe die Produktionsfirma an, um die extremen Voraussetzungen zu diskutieren, um Details zu erfahren. Auf die Frage, ob meine Entwurfsarbeit – als einer von fünf (!!!) zur Ausschreibung herangezogenen Bühnenbildnern – in gewissem Maße honoriert werden würde, höre ich nur: Das können wir uns nicht leisten. Aha, denke ich. Da wird wieder mal eine Sendung auf den Köpfen der Billigarbeiter ausgetragen. Ich kann ja verstehen, wenn die Kosten überhand nehmen, und die Produktion günstig realisiert werden muss. Aber ich weiß auch, was verdient werden kann, wenn die Sendung läuft und dass die Kosten bei rechtzeitiger Entscheidung halb so hoch sein würden. Ich kann das System einfach nicht mehr ertragen und sage kurzerhand ab. Mein Leben ist mir zu kostbar, um es mit solchen Spielen zu vermiesen. Bauchentscheidungen und Entscheidungen, die meinem Selbstwert dienen, sind immer die besten. Und letztlich hat sich immer gezeigt, dass es finanziell und arbeitstechnisch irgendwie weitergeht. Und meist eröffnen sich ganz neue Welten, neue, interessantere Jobs oder Arbeiten, für die ich keine Zeit gehabt hätte, wenn ich in dem System mitgeschwommen wäre. Und diese neuen Erfahrungen bereichern mein Leben ungemein.

      Talente

      Und jetzt sitze ich hier und schreibe ein Buch. Schon wieder etwas, was ich noch nie zuvor getan habe und von dem ich eigentlich dachte, dass ich es nicht kann. So ging es mir schon oft. Ich nehme neue Herausforderungen einfach an, in der Sicherheit und einem Schuss Hoffnung, dass mir schon gelingen wird, was ich da beginne.

      Einmal nahm ich einen Job an, für den ich 2,50 m hohe Styroporskulpturen von Heine, Bismarck, Luther und Händel anfertigen musste. Ohne groß zu zögern, nahm ich den Auftrag an, um danach – als ich dann allein war – sofort in heftige Zweifel zu verfallen. Das zu erwartende Honorar, welches ich dringend benötigte, ging zu einem Großteil in die Anschaffung der notwendigen Werkzeuge. Zunächst überlegte ich, wie bekomme ich überhaupt vier Styroporquader von der Größe 150x150x250 in mein kleines Atelier? Glücklicherweise hatte ich vier Oberlichter mit einer entsprechenden Erhöhung des Raumes, sodass der Raum zwar dunkler wurde, aber die Quader wenigstens stehen konnten.

      Als das Styropor im Raum stand und ich eine Kettensäge sowie die benötigten Messer gekauft hatte, begann ich mit riesigen Folien den Raum abzuschotten. Um eine Schleuse zu bauen. Denn Styroporkügelchen haben die nervtötende Angewohnheit, wie Pech an einem zu kleben. Ich besorgte mir dem Auftrag entsprechende Fotos der zu realisierenden Herren und startete die Kettensäge. Letztendlich war es einfach: Ich musste nur das wegschneiden, was nicht zu der Skulptur gehörte und die Figuren schälten sich wie von selbst aus den Styroporblöcken.

      Was ich damit sagen will: Ich war Gott sei Dank immer mutig genug, mir unbekanntes Terrain zu begehen, die kommenden Herausforderungen anzupacken und meinen Gefühlen zu folgen. All diese Sprünge in kaltes Wasser waren immer von Erfolg gekrönt. Es zeigte sich, dass ich einfach Talent besitze. Viele Talente.

      Schon in der Schule war klar, dass mein Können nicht in der sportlichen Bewegung oder dem Auswendiglernen von irgendwelchen Daten oder Pseudotatsachen lag, sondern eher in den ruhigen, handwerklichen Tätigkeiten. Und eben vor allem in den künstlerischen Bereichen. Ich fing an, mir selbst das Zeichnen beizubringen, indem ich meine Lieblingsfiguren aus den Comics abzeichnete und die Wand über meinem Bett zu meiner ersten Ausstellungsfläche bestimmte.

      Überhaupt war das Zeichnen meine Art mit den hereinstürzenden Überraschungen eines jungen Menschenlebens umzugehen. Auch die aufkeimende Geschlechterdefinition versuchte ich mittels anatomischer Studien zeichnerisch zu erforschen. Mangels entsprechender Vorlagen mussten weibliche Vorlagen, Wäsche– und Bikiniträgerinnen aus dem Ottokatalog Modell stehen. Was meinem Vater aber absolut nicht gefiel und er meine gesammelten Nackedeis im Ofen verbrannte. Aber das konnte mich ja nur »bestärken«.

      Ich war eh schon immer in mich gekehrt und sonderte mich mehr und mehr ab. Mein Wunsch, beruflich »irgendwas mit Zeichnen« zu machen, erledigte sich mit der reprofotografischen Lehrstelle, auf die ich mich freute, die dann aber kurzfristig abgesagt wurde. Zur Schule zu gehen, kam nicht mehr in Frage: Ich hatte keine Lust mehr überflüssiges Zeug zu lernen und wollte Geld verdienen, irgendetwas anderes machen. So landete ich in der »anständigen« Ausbildung zum Polsterer. Der Einfluss meiner Mutter ließ mich glauben, dass ich auch da irgendwann einmal zeichnen könnte. Zu der Zeit hab ich alles geglaubt. Und so begann ich diese dreijährige Lehre.

      Schon allein deswegen, weil mein Meister mich damals so behandelte, als sei ich der Bösewicht der Nation. Und das nur, weil ich gefärbte Haare, schrille Klamotten und Piercings in Ohr und Nase trug. Damals hießen die allerdings noch nicht so. Es gab auch keine entsprechenden Gerätschaften. Weswegen die riesige Ohrlochstanzpistole einfach in meine Nase gequetscht wurde, was mehr Schmerzen hervorrief, als das dadurch eingestanzte Loch.

      Dabei war ich wie die meisten äußerlich Auffälligen ein eher ruhiges Wesen. Kein laut herumbrüllender, furzender oder um mich schlagender Proll – wie einige meiner Arbeitskollegen, deren Untaten stets mir in die Schuhe geschoben wurden –, sondern einfach nur anders als die anderen. Vielleicht sogar sensibler.

      Durch die viele Arbeit und das Ausleben meiner neuen Freiheit, die durch mein zum Chopper gestylten Mofa ermöglicht wurde, vergaß ich einige Zeit lang mein künstlerisches Talent. Bis ich unzufrieden wurde und wieder mit dem