Название | Einfach Shakespeare |
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Автор произведения | William Shakespeare |
Жанр | Языкознание |
Серия | Literatur (Leinen) |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783843804349 |
Denn überlegt mein Geist schon mit den Sinnen,
Daß dies ein Irrtum sein kann, doch kein Wahnsinn,
So übersteigt doch diese Flut von Glück
In solchem Grade Beispiel und Begriff –
Ich hätte Lust, den Augen mißzutrauen,
Und die Vernunft zu schelten, die ein andres
Mich glauben machen will, als ich sei toll,
Wo nicht, das Fräulein toll; doch wäre dies
Sie könnte Haus und Diener nicht regieren,
Bestellungen besorgen und empfangen,
Mit solchem stillen, weisen, festen Gang,
Wie ich doch merke, daß sie tut. Hier steckt
Ein Trug verborgen.
(IV, 3)
Den ärgsten Feind aufs Zärtlichste zu lieben
Als Romeo und Julia sich zum ersten Mal begegnen, ist Romeo noch in Rosalinde verliebt, die seine Liebe jedoch nicht erwidert. Als er Julia trifft, ist es hingegen von beiden Seiten Liebe auf den ersten Blick. Ihre erste Begegnung findet bei einem Ball statt, zu dem Julias Familie, die Capulets, eingeladen haben, und auf den Romeo und seine Freunde maskiert als ungebetene Gäste eindringen. Das Familienoberhaupt der Capulets toleriert das wohlwollend, obwohl er Romeo als Familienmitglied der Montagues, seiner Todfeinde, erkennt. Julia erfährt von seiner Verwandtschaft erst, nachdem sie sich bereits in ihn verliebt hat. Die Verszeilen der ersten Unterhaltung zwischen Romeo und Julia ergeben zusammen ein Sonett.
ROMEO
O, sie nur lehrt den Kerzen, hell zu glühn!
Wie in dem Ohr des Mohren ein Rubin,
So hängt die holde Schönheit an den Wangen
Der Nacht; zu hoch, zu himmlisch dem Verlangen.
Sie stellt sich unter den Gespielen dar,
Als weiße Taub’ in einer Krähenschar.
Schließt sich der Tanz, so nah ich ihr: ein Drücken
Der zarten Hand soll meine Hand beglücken.
Liebt’ ich wohl je? Nein, schwör es ab, Gesicht!
Du sahst bis jetzt noch wahre Schönheit nicht.
[...]
Entweihet meine Hand verwegen dich,
O, Heil’genbild, so will ich’s lieblich büßen.
Zwei Pilger, neigen meine Lippen sich,
Den herben Druck im Kusse zu versüßen.
JULIA
Nein, Pilger, lege nichts der Hand zu Schulden
Für ihren sittsam-andachtvollen Gruß.
Der Heil’gen Rechte darf Berührung dulden,
Und Hand in Hand ist frommer Waller Kuß.
ROMEO
Hat nicht der Heil’ge Lippen wie der Waller?
JULIA
Ja, doch Gebet ist die Bestimmung aller.
ROMEO
O, so vergönne, teure Heil’ge, nun,
Daß auch die Lippen wie die Hände tun.
Voll Inbrunst beten sie zur dir: erhöre,
Daß Glaube nicht sich in Verzweiflung kehre.
JULIA
Du weißt, ein Heil’ger pflegt sich nicht zu regen,
Auch wenn er eine Bitte zugesteht.
ROMEO
So reg dich, Holde, nicht, wie Heil’ge pflegen,
Derweil mein Mund dir nimmt, was er erfleht. Er küßt sie.
Nun hat dein Mund ihn aller Sünd’ entbunden.
JULIA
So hat mein Mund zum Lohn sie für die Gunst?
ROMEO
Zum Lohn die Sünd’? O, Vorwurf süß erfunden!
Gebt sie zurück. Er küßt sie wieder.
JULIA
Ihr küßt recht nach der Kunst. [...]
Geh, frage, wie er heißt. Ist er vermählt,
So ist das Grab zum Brautbett mir erwählt. [...]
So ein’ge Lieb’ aus großem Haß entbrannt!
Ich sah zu früh, den ich zu spät erkannt.
O, Wunderwerk! Ich fühle mich getrieben,
Den ärgsten Feind aufs Zärtlichste zu lieben.
(I, 5)
Nach dem Ball verabschiedet Romeo sich eilig von seinen Freunden und kehrt zu Julias Haus zurück. Von Julia unbemerkt hört er, wie sie ihre Liebe zu ihm offenbart. Es folgt die berühmte »Balkonszene«, die unter dieser Bezeichnung bekannt geworden ist, obwohl Julia nach den Original Regieanweisungen Shakespeares »oben an einem Fenster« (»above at a window«) erscheint. In Verona gibt es heute sogar einen Julia-Balkon, in der Via Capello 23.
ROMEO
Doch still, was schimmert durch das Fenster dort?
Es ist der Ost, und Julia die Sonne!
Geh auf, du holde Sonn’! Töte den Mond,
Der neidisch ist und schon vor Grame bleich,
Daß du viel schöner bist, obwohl ihm dienend.
O, da er neidisch ist, so dien’ ihm nicht.
Nur Toren gehn in seiner blassen, kranken
Vestalentracht einher: wirf du sie ab!
Sie ist es, meine Göttin! Meine Liebe!
O, wüßte sie, daß sie es ist!
Sie spricht, doch sagt sie nichts: was schadet das?
Ihr Auge red’t, ich will ihm Antwort geben. –
Ich bin zu kühn, es redet nicht zu mir.
Ein Paar der schönsten Stern’ am ganzen Himmel
Wird ausgesandt und bittet Juliens Augen,
In ihren Kreisen unterdes zu funkeln. [...]
O, wie sie auf die Hand die Wange lehnt!
Wär ich der Handschuh doch auf dieser Hand
Und küßte diese Wange!
JULIA
Weh mir!
ROMEO
Horch! Sie spricht. O sprich noch einmal, holder Engel! [...]
JULIA
O Romeo, Romeo! Warum denn Romeo?
Verleugne deinen Vater! Deinen Namen!
Willst du das nicht, schwör dich zu meinem Liebsten,
Und ich bin länger keine Capulet!
ROMEO
Hör ich noch länger oder soll ich reden?
JULIA
Dein Nam’ ist nur mein Feind. Du bliebst