Название | Sammelband 3 Thriller: Neue Morde und alte Leichen |
---|---|
Автор произведения | Thomas West |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783745205671 |
In der Tat hielt ein Motorroller vor dem Tor. Die behelmte Gestalt auf ihm griff in eine große Satteltasche und klemmte eine Zeitung zwischen die Gitterstäbe des Tors. Perlman ging nach draußen, um sie zu holen. Der Motorroller fuhr weiter.
Lighthouse schaltete das Licht wieder ein. Kurze Zeit später kehrte Perlman ins Büro zurück. Er legte die Samstagsausgabe der New York Post auf den Schreibtisch. „Ich mach mal’n Kaffee.‟
Ronald A. Lighthouse entfaltete die Zeitung. „Präsident Bush warnt Extremisten‟, las er laut. „Antiterroreinheit jagt Weißen Widerstand zur Befreiung von Gottes eigenem Land. – Wir sind auf der ersten Seite!‟ Er schlug mit dem Handrücken auf die Zeitung. „Was wollen wir mehr!?‟
Nach dem in seinen Ohren verheißungsvoll klingenden Untertitel las er nun auch den Artikel darunter vor.
Die Bombenanschläge wurden darin noch einmal rekapituliert, die Vernehmung eines schwerverletzten Opfers für das Wochenende angekündigt, die Arbeit der Sondereinheit skizziert.
„Die Informationen über die Ermittlungen sind spärlich, merkt ihr das?‟
„Na klar, die Bullen wollen sich doch nicht in die Karten schauen lassen‟, feixte Fred Ashley, der junge Trucker.
„Nach Einschätzung des FBI sprechen der lange Name der Gruppe und die nostalgische Bezeichnung Amerikas als Gottes eigenem Land für ein besonders hohes Maß an politischer Verwirrung ...‟ Wieder schlug Lighthouse nach der Zeitung. „Idioten! Ahnungslose Idioten!‟
Er las weiter. „Auf die Frage nach der Gefährlichkeit der Extremisten erklärte ein Pressesprecher des FBI in Washington: Wir halten diese Leute für sehr gefährlich.‟
Die Männer am Schreibtisch schmunzelten.
„Der Präsident richtete indessen eine deutliche Warnung an die Fanatiker. In einer Rede vor dem Kongress sagte er gestern: Wir werden solche verbrecherischen Elemente gnadenlos verfolgen und bestrafen.‟
Lighthouse ließ die Zeitung sinken. „Wir sind auf der Titelseite.‟ Er blickte in die Runde. Seine Augen leuchteten. „Der Präsident der Vereinigten Staaten hat uns zur Kenntnis genommen. Was wollt ihr mehr?‟
„Viel mehr‟, sagte Fred Ashley, der Trucker.
Ein anderer, ein bulliger Bursche mit blondem Stoppelhaar, beugte sich über den Tisch und raffte einige der vollgekritzelten Blätter zusammen. Er hieß Eddy Ford und besaß einen Schuhladen im East Village. „All das, was wir heute Nacht ausgebrütet haben, will ich.‟ Er hob die Notizblätter hoch. „Und zwar so schnell wie möglich!‟
11
„Geschafft!‟ Marion stöhnte und ließ sich in den Bürosessel zurückfallen. „Wir sind fertig, Henry, wir haben’s geschafft.‟
„Dem Himmel sei Dank!‟ Henry Thompson beugte sich zu seiner Frau hinunter und küsste sie auf die Stirn. „Sollen sie kommen, die Hyänen von der Steuerbehörde! Wir sind vorbereitet!‟
Sie hatten eine Menge Rechnungen fingiert und jede Menge Zahlen geschönt. Die Tricks mit der Buchhaltung ihrer ersten beiden Geschäftsjahre in Einklang zu bringen, hatte sie mehr als eine Woche Arbeit gekostet. Nächtliche Arbeit zumeist. Denn tagsüber hatte der normale Betrieb des Architekturbüros ihre Aufmerksamkeit beansprucht.
Henry Thompson, ein dreiundvierzigjähriger Mann mit grauen Schläfen und auffallend schmächtigem Körperbau, blickte auf seine Armbanduhr. „O nein! Gleich sechs Uhr!‟ Er lief zum Fenster und legte den Schalter für die Jalousien um. Es summte, die Lamellen kippten, langsam hoben sich die Jalousien.
Durch die Fenster des Chefbüros blickten sie in das Morgengrauen über der Skyline Manhattans. Die Konturen der Wolkenkratzer ragten in den Himmel. Tief unten, in den noch dunklen Straßenschluchten, sah man Scheinwerferkegel hin und her gleiten.
„Viel zu spät, um noch ins Bett zu gehen‟, sagte Marion.
„Lass uns in die Midtown fahren und irgendwo frühstücken.‟ Henry lief zur Bürotür. An dem Garderobenständer dort hing sein Jackett.
„Und Ricky?‟
„Der hat doch keine Schule heute, kann doch ausschlafen. Außerdem fährt er sowieso sein eigenes Programm.‟
„Ich mach mir Sorgen um ihn in letzter Zeit.‟ Marion betrachtete ihre tadellos gepflegten und rot lackierten Fingernägel. „Er wirkt so bedrückt manchmal. Ich glaub, sie nehmen ihn nicht ernst in der Klasse. Weil er so klein ist. Und dann dieser Jack ...‟
„Welcher Jack?‟ Henry schloss die Aktenschränke ab und schaltete den Computer aus.
„Dieser Dicke – ich hab dir doch von ihm erzählt. Der Typ, der die Zehnte in Brooklyn nicht geschafft hat.‟
„Ach der!‟ Henry grinste. „Hast du immer noch Angst, dass Ricky schwul ist?‟
„Ich glaub nicht. Aber ich weiß so wenig von ihm. Und dieser Jack ...‟ Marion schüttelte den Kopf. „Der ist mir richtig unheimlich.‟ Sie seufzte und stand auf. „Wenn Ricky nur nicht so verschlossen wäre. Manchmal glaub ich, dass er unglücklich ist.‟
„Ach was!‟ Henry winkte ab. „Die Zeit zwischen achtzehn und zwanzig ist für jeden hart. Erwachsenwerden tut eben weh!‟
„Hab ich dir erzählt, dass er sich mit unserer Software beschäftigt?‟
„Nein!!‟
„Wenn ich’s dir sage! Ich hab nur kurz auf seinen Monitor geblickt, aber es sah aus, als würde er eine Hausfassade entwerfen.‟
„Unglaublich!‟ Henry drückte seine Hühnerbrust heraus. „Da siehst du mal! Mein Sohn!‟ Er angelte Marions Trenchcoat von der Garderobe. „Komm jetzt. Wir haben Grund zum Feiern!‟
12
Paul schlief länger als geplant an diesem Samstagmorgen. Viel länger. Halb neun war es, als die Strahlen der Morgensonne sich durch die Stöße der Vorhänge bohrten und ihn weckten.
Er musste nicht in die Schule, hatte sich also keinen Wecker gestellt. Aber es gab eine Menge zu erledigen: Tanken, Wagenwaschen, Einkaufen, die Bücher in der Buchhandlung abholen, die er bestellt hatte.
Und am Nachmittag wollte er seine Söhne zur Kirche in die Remsen Avenue fahren. Dort traf sich die Jugendgruppe der Gemeinde. Kanufahren im Hudsontal war an diesem Wochenende angesagt.
Im Garten musste er nach dem Rechten sehen,