Manchmal kann Glück eben stinken. Silvia Dober

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Название Manchmal kann Glück eben stinken
Автор произведения Silvia Dober
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783954642489



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nötig, da mal einen Blick drauf zu werfen.

      Es blinzelte ein wenig Wasser durch den grünen Teppich. Wo etwas Wasser ist, da ist bestimmt auch mehr.

      Voller Begeisterung spurtete die Seehundparodie das Gefälle Richtung Glitzer hinunter. In einem Affenzahn, um genau zu sein. Das feine Fräulein lief in direkter Linie von der Böschung nahtlos in den Kanal rein und war verschwunden.

      Als was gehst du an Karneval? Dieses Jahr fände ich ein Senkblei durchaus ansprechend.

      Vom Fahrrad aus guckten wir ein wenig spärlich, bis die Gute irritiert wieder aus dem Wasser ploppte.

      Wie die Wanderausstellung des hiesigen Gärtners kam Gin zurück aufs Trockene. Sie war komplett im Kanal verschwunden gewesen. Wieder im Bereich der Aerobier, schüttelte sie sich ausgiebig. Die Entengrütze flog wie nach Kontakt zu einer Oberfräse. Der Köter stank wie Hulle, was auch nach ausgiebiger Rotation um ihre eigene Achse nicht behoben war. Und dabei waren wir noch draußen. Schmott in den Augen, Plörre aus den Ohren und alles unter einer Schicht aus Brackwasser und Grünzeug. Beim Bund hätte sie für ihre Tarnung ein Fleißsternchen bekommen.

      Wir quittierten ihre Rückkehr an die Oberfläche anfänglich mit Freude, dann mit einem nicht gerade unterschwelligen Würgen. Wo ist der Gegenwind, wenn man ihn braucht?

      Wieder zurück musste der Kompost-to-go erstmal dringend unter die Dusche. Und dann nochmal. Wie kann ein einziger Hund so stinken? Eine eher uns betreffende Frage, denn für Kack-Kack Chanel war alles im grünen Bereich. Der Mensch stellt sich aber auch an.

      Vermutlich verschieben sich die Standards, wenn man sich den eigenen Hintern lecken kann und wiederverwendbare Anteile von kalter Rudelkotze des Vorabends morgens akribisch aus dem Rasen schlabbert. Als Halter kann ich nur sagen, ich mache echt viel mit, aber zur persönlichen Epiphanie Vomitat aus der Begrünung lutschen, nein danke.

      Was kann man nun für sich mitnehmen?

      Hätte ich interveniert, dann wäre der Hund nicht in den Kanal, hätte nicht überall die stinkige Pampe am Leib und hätte nicht geduscht werden müssen. Passanten, an denen wir auf dem Rückweg vorbeikamen, wären nicht von unserem niedlichen, aber wie Sau stinkenden Hund abgeschreckt worden und der Rest der tollen Tour hätte nicht in stundenlangem Duschen geendet.

      Aber so … hatten die Untertanen einen tollen Ausflug mit der Regierung. Der Kanal war zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für den Hund. Uns schrumpelten zwar die Nasen weg, als unser kleines Sumpf-monster die Selbstverwirklichung abgeschlossen hatte, aber das ist halt so.

      Manchmal kann Glück eben stinken.

      Man kann vorher einschreiten, einen blitzsauberen Hund wieder mit ins Hotel nehmen und am Abend gepflegt zum Essen gehen.

      Oder der Hund darf Hund sein und innerhalb eines Sets von Regeln machen, wonach es ihm beliebt. Wenn stinken und brutalst einsauen dazugehört, bitte. Manche sammeln Autos, andere springen an einem Seil von Brücken, die nächsten lassen sich tätowieren.

      Glück ist speziesübergreifend individuell.

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      Zu der Ernährung meiner Hunde gehört auch Fleisch. Diverse Abwandlungen tierischen Proteins machen die Menükarte nicht nur interessant, sondern werten sie ebenso auf. Nassfutter, Trockenfutter, Fleisch, Obst, Fisch, ein bisschen was zu Schlickern, mal etwas Hüttenkäse oder ein Löffel Lebertran dazu machen die Mahlzeiten abwechslungsreich und ansprechend.

      Man kann ebenso immer eine Sorte Trockenfutter mit ner Tasse Wasser drüber geben. Das wird genauso gefressen und hat unseren damaligen Deutsch Kurzhaar 15 Jahre lang bei Laune gehalten. Damals war die Einstellung zu Hunden jedoch noch eine andere, heute wird viel mehr Brimborium darum gemacht.

      Aber warum auch nicht? Früher gab es auch keine Physiotherapie, keine Prothesen, keine blühende Auswahl an Aktivitäten für den durchschnittlichen Familienhund, keine 25.000 Halsbänder und Leinen passend zum Outfit.

      Dennoch haben sich die Schnuffis nicht vom Bürgersteig gestürzt, weil alles schrecklich war. Es war halt so.

      Bei uns stand zimmerwarme Beinscheibe auf dem Plan und lag auch schon parat zum Schnibbeln auf dem Brett in der Küche. Verpackung auf und ganz unauffällig patrouillierten die kleinen Hungerhaken sporadisch über den Fliesenspiegel. Vielleicht fällt ihr ja was vom Brett, die perfekte Gelegenheit, um sich als Ionenwischer anzubieten.

      Die Kuh wurde gewürfelt. Die halbierten Knochen als Nachtisch an die Seite und dann auf zur Raubtierfütterung. Ich sitze vor den Orgelpfeifen und in hierarchischer Reihenfolge verschwindet das Rinderpuzzle in den Fängen. Es gibt bei uns keinen Futterneid bei der Handfütterung. Das kann, bei dessen Duldung, zu derben Ausrutschern führen. Anfangs gab es durchaus noch Diskussionsbedarf, der aber wohlwollend im Keim erstickt wurde.

      Sobald einer Theater macht, das Fleisch des anderen haben will, sich vordrängelt oder meint, seinen Unmut bezüglich der Reihenfolge und Auswahl der Brocken kundzutun, ist eben Ende. Für alle. Dann wandert das Fleisch mit der Regierung wieder in die Küche. Basta.

      Volkszorn für den Hund mit Starallüren und beim nächsten Mal klappt es schon viel besser.

      So saßen nun drei Bedürftige auf ihrem Poppes vor mir und genossen das Mahl.

      Am Ende ging ich wieder in die Küche, räumte den restlichen Kram weg und wollte den Tag endlich ausklingen lassen.

      Ellie lag friedlich auf ihrem Polster, als sie abrupt aufstand. Ein paar Schritte vom Korb weg und mit fünf Atü das Abendbrot auf die hellste Stelle des Teppichs gegöbelt.

      Wohin auch sonst, die Fliesen vielleicht? Oder Bescheid sagen, um in den Garten gelassen werden zu können?

      Super, ne Viertelstunde Pause reicht mir ja auch völlig. Der Hund hatte sich wegen des blitzartigen Rückwärtsessens offensichtlich selber erschrocken. Sie sah auf das Ergebnis. Verdammter Mist, wie ist das denn passiert? Hoffentlich hat das die Regierung nicht gesehen.

      Ein kleiner Kondensstreifen wies den Weg diametral von der Proteinbrosche in die entgegengesetzte Ecke des Zimmers.

      Ellie saß danach in einem anderen Korb, wirkte tiefergelegt und wich mir mit allem aus, was eine vermeintliche Angriffsfläche bot. Damit das nicht falsch rüberkommt: sowas erfährt keine Wertung.

      Das passiert und wird behoben. Hunde sind keine Nestbeschmutzer. Wenn sie die Wahl haben, zeigen sie es immer an, sofern die Zeit da ist und basteln einen Maulwurfhaufen nicht von sich aus vor den Fernseher, weil es so lustig ist.

      Außerdem gibt es Unterschiede. Meist melden sie vorher an, dass die nächste Fahrt rückwärts geht. Sie sabbern vermehrt, die Ohren legen sich flach an den Hinterkopf, das Maul zieht sich lang nach hinten, die Augen werden unruhig, sie laufen auf der Suche nach einem geeigneten Übergabeort durch die Gegend. Dann wird tief aus dem Bauch gepumpt. Und gepumpt, bis dann unter bekannten Geräuschen aus dem Magen der Bremsklotz entfernt wird. Manchmal gehen sie dann einfach weg, manchmal stehen sie bedröppelt daneben. Und manchmal werden ausgewählte Bestandteile, oder eben alles, wieder einverleibt.

      Manchmal ist es schlicht ein leichtes Blubbern und schon drapiert Hundi ein Modell aus Beinscheibe und einem Kubikmeter Wasser auf den Wohnzimmerteppich.

      Ist doch schön, wenn man sich selber noch überraschen kann. Wenn die Bestandshunde das machen, sind sie zwar nicht begeistert, jedoch entspannt. Ellie suchte ihr Heil in der Flucht. Bei Secondhand-Schnuffis kann man nie genau wissen, was in ihrem vorherigen Leben alles gewesen ist. Mutmaßungen bringen einen nur grob weiter und letztendlich kann man die Vergangenheit nicht ändern. Vielleicht hat Ellie beim Hervorwürgen mal Ärger bekommen. Oder sie göbelte fröhlich vor sich hin und zeitgleich geschah etwas ihr Unangenehmes.

      Zwei Situationen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, werden verknüpft. Ich kenne einen Hund, der Angst vor großen Linienmaschinen hat und