Название | Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband) |
---|---|
Автор произведения | Andreas Brandhorst |
Жанр | Языкознание |
Серия | Perry Rhodan-Taschenbuch |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783845331966 |
»15 Sekunden.«
An-Keyt hatte gehofft, ihren Vorfahren ganz nah zu kommen. Den Loowern, denen das entelechische Denken ein Teil ihrer Natur gewesen war, nicht anders als ihre lederne Haut oder der Kopfhöcker. Und nun? Plötzlich fühlte sie sich wie ein Krüppel, dem man die Fähigkeit zur Entelechie geraubt hatte, den Lebenssinn. Verzweiflung überkam sie. Sie wusste jetzt, dass sie versagen würde. Versagen musste. Sie spürte es.
»Neun Sekunden.«
An-Keyt gab die Versuche auf, in ihr Tiefenbewusstsein zu fliehen. Ihre Linke hob den schweren Strahler, überprüfte seine Funktionstüchtigkeit, seine Einstellungen. Anschließend rief sie den Status ihres Kampfanzugs ab. Sie ging langsam, fast umständlich durch die Checkliste – und mit jedem Punkt, den sie abhakte, drängte sie die Furcht einen Schritt zurück, eroberte sie sich einen Gleichmut, der zwar weit von der gelassenen Ekstase wahrer Entelechie entfernt war, aber wenigstens den lästig juckenden Aufruhr ihrer Haare besänftigte.
»Fünf Sekunden. Bereitmachen für den Einschlag!«
Das Ziel schien ihr nun eine endlose, plane Landschaft, immer wieder erhellt von den Entladungsblitzen, die dieses Kontinuum zwischen den Dimensionen bestimmten. Der Helk verzichtete darauf, das Relief der Stahlfläche in einer Falschfarbendarstellung für Looweraugen sichtbar zu machen. Ein neuneckiger Ausschnitt erschien auf dem Holo, mit einem blauen Band markiert. Anfangs war er winzig, kaum größer als der vorderste Zipfel eines Greiflappens, aber als An-Keyt blinzelte, nahm er beinahe die gesamte Fläche des Holos ein.
»Drei Sekunden.«
An-Keyt aktivierte den Prallschirm ihres Anzugs. Sie bezweifelte, dass er ihr etwas nützen würde, sollten die Schirme und Andruckabsorber des Helks versagen, aber Befehl war Befehl. Außerdem tat es ihr gut, endlich in irgendeiner Weise zu handeln, und sei es nur, einen Defensivschirm zu aktivieren.
»Zwei Sekunden.«
Der Sektor schien wie festgefroren auf dem Holo. Der Helk musste die Übertragung gestoppt haben, um ihnen den Anblick des Aufpralls zu ersparen.
An-Keyt betrachtete die dunkle Landschaft des Rumpfs vor ihr, als wäre die Zeit eingefroren. Ihre Stielaugen folgten im grellen Licht der Entladungen, das sich in die Netzhäute brannte, den Umrissen der technischen Anlagen, versuchte gegen besseres Wissen, eine Bedeutung in das Bild zu lesen, die in ihm nicht angelegt war. Ihr Sektor. Der ihrem Trupp zufällig zugeteilte Abschnitt des Ziels. Der Ort, den es für sie zu erobern, zu sichern galt. Möglicherweise der Ort ihres Todes. Im Feuer des Gegners – oder im Augenblick des Aufpralls.
Sie musste keine höhere Macht dafür bemühen, die Schicksalhaftigkeit des Augenblicks zu erkennen. Bloßes Pech genügte. Oder Statistik, wie es der Vordenker Negan-Parr ausgedrückt hätte. Auf 98 Prozent hatten die Planer die Chancen der durchkommenden Helks berechnet. In 98 von 100 Fällen würden sich am Aufschlagpunkt keine heiklen technischen Anlagen befinden. Keine der Hauptachsen des Rumpfgerüsts, die den mehrfachen Durchmesser eines Helks besaßen und deren Absorption seinen Schirm innerhalb kürzester Zeit überlastet hätten. Keine Kraftwerke oder Energiespeicher, die beim Aufprall explodierten. Keine Waffensysteme, die ihre Energien spontan freigaben.
»Eine Sekunde.«
98 von 100, das hieß, zwei von 100 Helks würden vernichtet. Das hieß, im nächsten Augenblick würden mehrere hunderttausend Loower sterben. Sterben, noch bevor der erste Schuss abgegeben worden war. Jeder einzelne von ihnen unersetzlich, ein einzigartiges Leben. Wie sie selbst. An-Keyt fragte sich, ob sie jetzt sterben musste – und ob sie es überhaupt bemerken würde.
»Einschlag!«
An-Keyt spürte einen Ruck. Viel schwächer als erwartet, als säße sie in einem einfachen Gleiter, der ohne Andruckabsorber auf dem Boden aufsetzte. War der Einschlag misslungen? Dann, wie als Antwort, bäumte der Helk sich auf. Sie hörte Metall reißen, durchdringend; beinahe glaubte sie, der Knorpelstrang, der ihr als Rückgrat diente, würde zerfetzt. An-Keyt wurde durchgeschüttelt, wäre durch den Innenraum des Helks geschleudert worden, hätten die Gravogurte ihres Kampfanzugs sie nicht festgehalten. Flammen tanzten vor ihren Augen, züngelten im Holo des Helks.
»Plan-Sektor erreicht«, meldete der Helk. Seine gleichmütige Stimme durchdrang mühelos das Reißen des Metalls.
Es dauerte einige Augenblicke, bis die Antwort des Vordenkers kam. »Gegner?« Negan-Parr keuchte.
»Insgesamt 173 biologische Lebewesen im Nahbereich.«
»Alle internen Systeme intakt?«
»Ja.«
»Mannschaft intakt?«
An-Keyt hörte die Rückmeldungen der anderen. Sie kamen in der vorher abgesprochenen Reihenfolge. Schließlich war sie an der Reihe. Sie zwang ein »Ja!« hervor, von dem sie hoffte, dass in ihm zumindest ein Funke des Gleichmuts schwang, über den ihr Helk verfügte.
Die letzte Rückmeldung lief ein. Keiner der Loower war verletzt, auch wenn Belor-Thons »Ja« besorgniserregend brüchig geklungen hatte.
»Gut«, sagte der Vordenker dennoch, dem eigentlich keine Kleinigkeit entging. »Angriff!«
Die Welt um An-Keyt herum zerfiel. Der Helk, der sie an ihr Ziel transportiert hatte, löste sich in seine autonomen Module auf, brachte sich in Gefechtsposition. An-Keyts Kampfschirm flammte automatisch auf. Sein Grüngelb vermischte sich mit den Flammen, die rings um den Einschlagpunkt des Helks tobten, zu einem Regenbogen. Einen Moment lang flutete die unvermutete Schönheit des Lichterspiels über die Loowerin hinweg, dann schaltete sich der Gefechtsverbund zu und projizierte eine erweiterte Darstellung des Schlachtfelds auf die Innenseite ihres Rundhelms.
An-Keyt sah den Brandherd des Einschlags, den glühenden Kanal der Zerstörung, die der Helk in den Rumpf getrieben hatte. Er war mehrere Decks tief. Sie sah die Decks, die an ihren Standort angrenzten, dreidimensional, aber in einer detailarmen Schemadarstellung. Und sie sah Punkte, 90 kleine und einen großen. Der Große war sie selbst, die 89 Kleinen waren die Module des Helks – neun mal neun Maschinen –, die übrigen ihre Gefährten. Die Helk-Module schwärmten aus, sicherten den Einschlagpunkt, die unersetzlichen Leben der Loower. Gleichzeitig erkundeten sie die nächste Umgebung. Mit jeder Sekunde gewann die Schemadarstellung auf An-Keyts Innenschirm an Schärfe und Detail, erweiterte sich ihr Radius.
Dann war der Schwellenwert erreicht. Die Loower konnten in Aktion treten. Der Punkt im System, der für An-Keyt stand, glühte auf, führte sie blinkend zu ihrem Platz auf dem Schlachtfeld. An-Keyt umklammerte den Strahler fester und rannte los. Automatisch, wie eine programmierte Maschine. Für ihre Kameraden hatte sie kaum einen Blick. Sie stürmten an die ihnen zugewiesenen Positionen, daran bestand kein Zweifel. Sie hatten diesen ersten, kritischen Augenblick des Angriffs viele hundert Male geübt.
An-Keyt passierte die Flammenwand. Eine Halle – ein Hangar? – tat sich vor ihr auf. Sie war leer. Die Loowerin rannte weiter, im Bestreben, mit ihrem Gefechtssystem Schritt zu halten. Ein Warnsignal ertönte. Sie hechtete zur Seite – und sah in der Vergrößerung des Rundumdisplays ihres Helms den ersten Gegner. Sie riss die Waffe hoch, legte an, zögerte ... da drang aus den Akustikfeldern des Helms das Zischen von Strahlern. Ihre Gefährten hatten das Feuer eröffnet.
An-Keyt fokussierte das Visier des Strahlers erneut, und während ihr rechter Greiflappen sich auf das Sensorfeld des Auslösers legte, hatte ein Teil von ihr noch Gelegenheit, die Gliedmaßen ihres Gegenübers zu zählen. Es waren acht oder neun. Genauer konnte sie es nicht sehen, bevor der Hitzestrahl ihrer Waffe das Wesen in glühende Fetzen zerplatzen ließ.
Sie legte auf den zweiten Feind