Planetenroman 87 + 88: Sohn der Sonne / Zwischen den Wirklichkeiten. H. G. Francis

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Название Planetenroman 87 + 88: Sohn der Sonne / Zwischen den Wirklichkeiten
Автор произведения H. G. Francis
Жанр Языкознание
Серия Perry Rhodan-Planetenroman
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845349848



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fragte sie. »Es wäre gut, wenn Sie es aufbrechen könnten, ohne einen Alarm auszulösen. Ich könnte es aufschließen, aber dann würde der Verdacht sofort auf mich fallen.«

      »Damit wäre nichts gewonnen«, erwiderte der USO-Spezialist. Er brauchte noch nicht einmal eine Minute, das Schloss zu überwinden. Staunend sah Tarish'a'tkur zu, wie er die komplizierte Positronik überlistete, und wiederum ließ sie ihn vorangehen.

      Erst als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte und er sie aufforderte, ihn zu führen, schritt sie an ihm vorbei, durchquerte mehrere Büros und zeigte ihm den Telekom.

      »Er ist doppelt gesichert«, erläuterte sie. »Die eine Sicherung können Sie entfernen, die andere nicht. Aber das wissen Sie ja.«

      Sie half ihm, in die vor dem Gerät schwebende Antigravschale zu steigen, und schob diese so dicht an den Telekom heran, dass er die Schaltungen mühelos mit den Händen erreichen konnte. Dann trat sie zurück und ließ sich in der Ecke des Raumes in einen Sessel sinken. Er sah, dass sie sich völlig entspannt zurücklehnte und die Augen geschlossen hatte.

      Interessierte sie sich nicht für das Gespräch mit Tekener? Bereitete sie sich auf den Rückweg vor? Oder verließ sie sich ganz auf ihr Gehör, um sich keine Nuance des Dialogs mit dem Freund entgehen zu lassen?

      »Worauf warten Sie?«, fragte Tarish'a'tkur leise.

      »Ich bin plötzlich nicht mehr sicher, dass fünf oder sechs Minuten ausreichen«, erwiderte er. Es fiel ihm schwer, sich abzuwenden. Am liebsten hätte er sie noch viel länger angestarrt. Ihr Gesicht war so schön und ebenmäßig und erhielt durch die silbriggrün schimmernden Schuppen einen fast überirdischen Glanz, so dass es ihm wie ein Kunstwerk erschien.

      Er war noch niemals zuvor einem Tikaler begegnet, und er wusste so gut wie nichts über dieses Volk, das ihm galaktischen Sinn nie auffallende Aktivitäten entwickelt hatte. Jetzt sehnte er sich plötzlich danach, Tikal zu besuchen, andere Männer und Frauen dieses Planeten zu sehen, um Tarish'a'tkur mit ihnen vergleichen zu können. Wie alt war sie? Waren alle Frauen so schön wie sie? Und wie konnte man erkennen, was sie dachte und fühlte? War die Verständigung mit ihnen wirklich so leicht wie es schien? Oder war Tarish'a'tkur weltgewandter als andere Tikalerinnen? Hatte sie gelernt, sich mit Terranern zu verständigen und deren Handlungsweisen zu begreifen?

      »Sie sind nicht konzentriert genug«, stellte sie fest. Sie schlug die Augen auf und blickte ihn an. »Irritiere ich Sie? Soll ich den Raum verlassen?«

      Kennon zögerte kurz. Er fürchtete, sie zu verletzen. Dann entschied er sich dafür, offen zu sein.

      »Sie würden mir helfen.«

      Sie nickte verstehend, erhob sich und ging hinaus. Leise schloss sich die Tür hinter ihr.

      Sinclair Marout Kennon schaltete den Telekom ein. Ronald Tekener befand sich auf dem Planeten Ossirmel, der nur etwa neun Lichtjahre entfernt war. Er hatte dort einen Auftrag im Telekommunikationszentrum zu erledigen, so dass Kennon hoffen konnte, ihn schnell zu erreichen.

      Er tippte die Daten von Ossirmel ein, gab den entscheidenden Freikode ein und schickte das Hyperfunksignal hinaus. Sekunden später erhellte sich der Bildschirm, und das von groben, blauen Warzen bedeckte Gesicht eines Ossirmelaners erschien. Die vier weißen Augen blickten Kennon gleichgültig an.

      »Ich muss Tekener sprechen. Sofort«, erklärte er, nachdem er die umständliche Begrüßungsformel gesprochen hatte. »Ich habe nur Sekunden, dann muss ich das Gespräch beenden.«

      Der Ossirmelaner verstand. Normalerweise war es schwer, wenn nicht gar unmöglich, eines dieser schwerfälligen und eigensinnigen Wesen zu einer zügigen Vermittlung zu veranlassen, doch dieser Ossirmelaner reagierte sofort.

      Das von Lashat-Narben gezeichnete Gesicht Ronald Tekeners erschien auf dem Bildschirm, und hellblaue Augen blickten ihn forschend an. Ein eigenartig drohendes Lächeln lag auf den Lippen des Galaktischen Spielers. Es jagte Kennon einen kalten Schauer über den Rücken. Noch nie hatte Ronald Tekener ihn in dieser Weise angesehen. So lächelte Tekener nur seine Feinde an, bevor er ihnen den Todesstoß versetzte.

      »Ich bin in Schwierigkeiten, Tek«, sagte der Kosmokriminalist. Er versuchte, seinen Schrecken zu überwinden und so überzeugend und selbstsicher zu wirken wie nur eben möglich, konnte aber nichts dagegen tun, dass das linke Lid unkontrolliert zuckte und seine Stimme schwankte. Seine Gedanken überschlugen sich. Was war geschehen? Wieso begegnete ihm sogar der beste Freund, den er hatte, mit solch offenkundigem Misstrauen?

      »Was ist los?«, fragte der Lächler.

      »Das hiesige Büro musste seinen Betrieb einstellen«, umschrieb Kennon die tatsächlichen Ereignisse, wohl wissend, dass der Galaktische Spieler ihn genau verstand. »Alle Mitarbeiter sind ausgefallen. Ich war durch einen Zufall nicht dort anwesend, musste aber bald erfahren, dass die Komplikationen mich einbezogen.«

      »Ich kann hier nicht weg«, entgegnete Tekener, nachdem er kurz überlegt hatte. »Geh nach Uzkelkap. Melde dich unter dem Namen deiner Eltern.«

      Damit schaltete der Galaktische Spieler ab. Er verabschiedete sich nicht und gönnte ihm nicht einmal einen Blick, um zu unterstreichen, dass es noch eine gemeinsame Vertrauensbasis gab. Tekener behandelte ihn wie einen Fremden, der sich unbefugt in die inneren Angelegenheiten der USO eingemischt hatte.

      Wie betäubt blieb Kennon vor dem Telekom sitzen. Er hörte nicht, dass sich die Tür hinter ihm öffnete. Erschrocken zuckte er zusammen, als Tarish'a'tkur ihn ansprach.

      »Die Zeit läuft«, sagte sie. »Seit wenigstens zehn Sekunden weiß die Zentrale Bescheid, dass hier irgendetwas nicht in Ordnung ist.«

      Im Gesicht Kennons arbeitete es. Er rutschte bleich aus dem Sessel. Ihm war anzusehen, dass er Mühe hatte, sich zu beherrschen. Seine Mundwinkel zuckten verräterisch, und er schwankte, als er zur Tür ging. Er schien kaum noch die Kraft zu haben, die Füße zu heben.

      »Schnell«, drängte die Tikalerin. »Wir müssen uns beeilen. Sie sollten sich zusammenreißen. Ein Mann wie Sie sollte eine Enttäuschung verkraften können.«

      Der Vorwurf, sich gehen zu lassen, traf ihn hart. Er presste die Lippen trotzig zusammen und stieß ihre Hand zur Seite, als sie ihm behilflich sein wollte. Keuchend schleppte er sich bis ins Treppenhaus. Hier ließ er sich in die spiralförmig nach unten laufende Rinne fallen und rutschte darin mit schnell wachsender Geschwindigkeit nach unten, war jedoch geschickt genug, sich rechtzeitig abzufangen und im richtigen Stockwerk auszusteigen.

      Er hatte die Tür ihrer Wohnung bereits erreicht, als sie kam.

      »Sie sind schon oben«, berichtete sie mit leiser Stimme. »Ich habe sie gehört.«

      »Sie finden keine Spur von uns«, erwiderte er. »Warum kommen Sie so spät?«

      »Ich habe unsere Spur mit einem Kältespray verwischt«, antwortete sie und zeigte ihm eine kleine Dose, bevor sie diese in einen Abfallschacht warf. »Was hat er gesagt?«

      »Ich soll nach Uzkelkap gehen und mich dort unter dem Namen meiner Eltern melden.«

      »Uzkelkap«, entgegnete sie. »Das ist eine kleine Stadt im Süden am schönsten Meer dieses Planeten. Dort liegt das größte Vergnügungszentrum von Traak. Mit einem schnellen Gleiter brauchen wir nicht mehr als einen Tag. Und bei wem sollen Sie sich dann melden?«

      »Bei wem!« Kennon schnaufte ärgerlich. Er ging zur Bar und wollte sich ein hochprozentiges Getränk einschenken, überlegte es sich im letzten Moment jedoch anders. »Wenn ich das wüsste! Bei wem!«

      »Was regt Sie so daran auf?«

      »Ich soll mich unter dem Namen meiner Eltern melden.«

      »Na und?«

      Kennon stützte sich mit beiden Händen auf die Lehne eines Sessels. Er blickte auf seine Füße.

      »Ich kenne den Namen meiner Eltern nicht«, eröffnete er ihr. »Ich habe sie nie gesehen. Ich bin als Kleinstkind ausgesetzt worden. Man hat mich gefunden. Ich bin in einem staatlichen Internat aufgewachsen.