Название | Spielen in der frühen Kindheit |
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Автор произведения | Ulf Sauerbrey |
Жанр | Учебная литература |
Серия | |
Издательство | Учебная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783170347755 |
Zunächst wird in Kapitel 2 jedoch eine begriffliche Eingrenzung vorgenommen, gefolgt von einem historischen Blick auf den Spiel- und Beschäftigungstrieb unter Bezugnahme auf Friedrich Fröbel in Kapitel 3. Die wichtigsten Phasen der frühkindlichen Entwicklung des Spielens werden in Kapitel 4 dargestellt. Im Anschluss daran erfolgt ein Perspektivenwechsel hin zum Erleben der Kinder und zu den alltäglichen Erfahrungen in bestimmten Spielkontexten. Da Kinder nicht nur mit Gegenständen spielen, die wir Erwachsene ihnen als Spielzeug reichen, wird in Kapitel 5 gezeigt, wie Dinge aus Sicht von Kindern zu Spielzeug werden können. Anschließend werden in Kapitel 6 die von Kindern in ihrer Freizeit genutzten Spielorte in der Wohnung und in Kapitel 7 ihre Spielorte im Freien thematisiert. Das Spielen an diesen Orten hat sich im Zuge einer Individualisierung kindlicher Freizeittätigkeiten in den vergangenen Jahrzehnten verändert, u. a. da Kinder heute »aus einer großen Bandbreite von Möglichkeiten wählen können, aber auch wählen müssen« – und dies ist insbesondere der Fall, »da sich die Freizeit nicht mehr selbstverständlich aus der Tatsache ergibt, dass ein Kind vor die Türe tritt, auf der Straße Freunde trifft und mit diesen etwas unternimmt« (Fuhs 2002, S. 637). In Kapitel 8 wird zudem ein Blick auf das Spielen in Krippe und Kindergarten geworfen und damit auf Orte, an denen Kinder nicht selten erstmals in Kontakt mit größeren Kindergruppen kommen. Ein kulturgeschichtlich neuartiges Phänomen, das derzeit vielen Erwachsenen Sorgen bereitet, ist das in Kapitel 9 umrissene Spielen mit digitalen Medien. Hierzu wird ein Überblick über die aktuelle empirische Studienlage gegeben. In Kapitel 10 soll schließlich darauf eingegangen werden, inwieweit Spielen in der frühen Kindheit zwischen Anleitung und Freispiel stattfinden kann – eine einerseits grundlegende wissenschaftliche, aber andererseits auch von pädagogischen Fachkräften und Eltern tagtäglich gestellte Frage.
Allen, die durch dieses Buch Lust aufs Weiterlesen bekommen haben, seien insbesondere die Bücher und Aufsätze in der Literaturliste ans Herz gelegt. Ich habe mich bemüht, diese Liste übersichtlich zu halten. All diejenigen Kolleginnen und Kollegen aus der Forschung, die mit ihren Untersuchungen in diesem Buch nicht genannt sind, mögen mir verzeihen – ein Buch über Grundwissen zwingt zur Reduktion und Konzentration aufs Wesentliche.
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Spielen und Spiele, Play und Game – eine Eingrenzung
Spielen kann gefühlt unendlich vieles sein. Aus unserem Alltag in modernen Gesellschaften kennen wir unter anderem Kreisspiele, Gedankenspiele, Wettkampfspiele, Planspiele oder Glücksspiele, die jeweils für sich einen eigenen Sinn aufweisen und die verschiedentlich in Pädagogik, Wirtschaft, Populärkultur und Freizeit anzutreffen sind. Ganz grob lässt sich zunächst einmal feststellen, dass Spielen »körperliches und mentales Handeln« ist und dass im Spiel »Welten und Menschen« (inter-)subjektiv erzeugt werden (Bilstein et al. 2005, S. 7). Im Spiel stellen wir uns etwas oder jemanden vor, wir nehmen Rollen ein, wir agieren in einem ›Als-Ob‹-Modus oder wir erproben und experimentieren.
Auf den ersten Blick scheint das Phänomen also überschaubar zu sein. Doch der Schein trügt. Sobald man beginnt, die o. g. Spielgestalten auf gemeinsame Merkmale hin zu untersuchen, gelingt es kaum, eine sachliche Substanz des Spielens festzustellen. Der Kinderarzt und Kommunikationsforscher Hanuš Papoušek (1922–2000) hat daher einmal treffend festgehalten, dass das Wort Spiel »ein täuschend einfacher Begriff« ist – täuschend ist er dabei, da es »eine kaum zu meisternde Aufgabe« darstellt, ihn angemessen zu bestimmen (Papoušek 2003, S. 17). Besser lässt sich das Problem dieses Kapitels kaum auf den Punkt bringen. Von einer wissenschaftlichen Disziplin werden in der Regel möglichst klare Begriffsbestimmungen erwartet. Im Fall des Spiels würde dies jedoch nicht nur den Rahmen dieses Kapitels sprengen, es wäre vielmehr eine überhaupt erst einmal zu leistende integrative Forschungsarbeit, wie sie als Ganzes bislang kaum existiert (vgl. jedoch: Hauser 2013). Hinzu kommt, dass in den wissenschaftlichen Debatten über das Spiel nicht nur dieser Begriff, sondern unter anderem auch der des Spielens bzw. – folgt man der internationalen Forschung – auch die Begriffe play und game verwendet werden. Im Folgenden wird der Versuch einer Integration dieser Begriffe vorgenommen, ohne dabei die vollständige Tiefe der in den wissenschaftlichen Disziplinen stattfindenden Auseinandersetzung wiedergeben zu können. Stattdessen werden mit Blick auf die frühe Kindheit hier zwei zentrale Perspektiven eingenommen: die des spielenden Kindes (Spielen bzw. play) und die der Kultur, die das Kind umgibt und die Spielsituationen durch spezielle Spielangebote beeinflusst (Spiele bzw. Games).
Dabei folge ich hinsichtlich der Terminologie einer Theorie des Sozialphilosophen George Herbert Mead (1863–1931), der den Phänomenen play und game (neben Sprache) einen zentralen Stellenwert bei der Entstehung der Identität (›self‹) zugewiesen hat: Im play entwickle das Kind demnach seine Identität durch Nachahmung von Handlungen, die es in der Gesellschaft beobachtet, und im game entwickle es sich folgend weiter, indem es verschiedene Haltungen, die in gesellschaftlichen Rollen existieren, übernimmt (vgl. Mead 1934): »Der erwachsene Mensch ist durch das Tor der Kindheit in die Gesellschaft eingetreten und brachte schon eine bestimmte Identität mit, die sich aus der Übernahme verschiedener Rollen entwickelt hatte« (Mead 1968/2017, S. 417). Jedoch ist Meads Theorie als Phasenmodell angelegt und bezieht sich vorrangig auf Nachahmungs- und Rollen- sowie Regelspiele in Gruppen. Meads Unterscheidung macht deutlich, dass die Spielaktivität, die zunächst vom kleinen Kind ausgeht (play), zunehmend durch gesellschaftliche Repräsentantinnen und Repräsentanten, besonders durch so genannte signifikante Andere, kulturell überformt wird (game). Die möglichen Spielformen des Kindes sind jedoch vielfältiger und folgen nicht zwingend einer Stufenabfolge (
2.1 Spielen bzw. Play – die Tätigkeit des spielenden Subjekts
Spielen ist nicht nur bei Menschen zu beobachten. Es ist zwar eine »anthropologische Konstante« und lässt sich sogar als ein grundlegendes Bedürfnis einordnen, denn »zu allen Zeiten haben Menschen in allen Kulturen gespielt« (Stenger 2012, S. 52). Sein universelles Vorkommen in menschlichen Kulturen ist jedoch nicht unabhängig von Rahmenbedingungen, denn »in modernen Gesellschaften und in Hirtengesellschaften« wird häufiger gespielt als etwa in »Sammlerkulturen« (Hauser 2013, S. 134). Zudem ist Spielen keine ausschließlich menschliche Tätigkeit. Auch Tiere spielen, wie bereits der Philosoph und Psychologe Karl Groos (1861–1946) in einer eindrucksvollen Beobachtungsstudie beschrieben hat (vgl. Groos 1896). Sie tun dies vor allem in Situationen, die von keinem Mangel bestimmt sind (z. B. Hunger oder Durst). Groos konnte bestätigen, was schon Friedrich Schiller (1759–1805) in seinen Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen zum Spielen notiert hatte: »Das Tier arbeitet, wenn ein Mangel die Triebfeder seiner Tätigkeit ist, und es spielt, wenn der Reichtum der Kraft diese Triebfeder ist, wenn das überflüssige Leben sich selbst zur Tätigkeit stachelt« (Schiller 1795/1913, S. 109). Wichtig