Mörderische 13 Urlaubs-Krimis auf 1600 Seiten. A. F. Morland

Читать онлайн.
Название Mörderische 13 Urlaubs-Krimis auf 1600 Seiten
Автор произведения A. F. Morland
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745204445



Скачать книгу

vielleicht nach dem Tod des Körpers weiterexistiert - oder seit ihr der Meinung, dass nach dem Tod alles zu Ende ist? Habt ihr schonmal gelebt? Es gibt Menschen, die davon überzeugt sind. Ganze Kulturen bauen auf diesem Glauben auf..."

      Dann gab Lynne die Telefonnummer über den Sender. Zweimal, zum Mitschreiben.

      Eine kurze Musikeinspielung folgte, dann der erste Anruf.

      "Hallo, hier ist Lynne Davis. Wer spricht da?"

      "Bill."

      Die Stimme hatte einen seltsam dumpfen Klang, das fiel Lynne sofort auf. Aber sie dachte zunächst nicht weiter darüber nach.

      "Bill, warum rufst du an? Was willst du uns erzählen?"

      "Ich habe den ersten Teil der Sendung gehört - vor den Nachrichten. Und da dachte ich..." Er stockte. Seine Stimme klang wirklich merkwürdig... "Ich dachte, da muss ich mal anrufen. Es ist nämlich so, dass ich schonmal gelebt habe..."

      "Du glaubst also an die Wiedergeburt."

      "Ich weiß es, verdammt noch mal!"

      Es war ein kleiner Ausbruch von unterdrückter Wut, der Lynne unwillkürlich einen Schauer über den Rücken jagte. Sie hörte ihn durch das Telefon atmen. "Entschuldigung", sagte er. "Aber es ist immer dasselbe, wenn man darüber redet. Man wird nicht ernst genommen..."

      "Ich würde das Thema nicht in meine Sendung nehmen, wenn ich es nicht ernst nähme", erwiderte Lynne. "Aber sag mal, was ist mit deiner Stimme? Man kann dich so schlecht verstehen?"

      "Ich spreche durch ein Taschentuch. Ich will nicht, dass jemand, den ich kenne, meine Stimme wiedererkennt..."

      "Verstehe", murmelte Lynne. Er war nicht der erste Anrufer, der anonym bleiben wollte. Und natürlich hieß er auch nicht Bill. Aber darauf kam es nicht an.

      "Ich hatte viele Leben in verschiedenen Zeitaltern", sagte der Anrufer. "Die meisten waren nichts besonderes. Durchschnittsmenschen, Handwerker, Bauern. Aber vor hundert Jahren wurde ich als William Delaney geboren..."

      Lynne verstand nicht, aber Bill hatte das so gesagt, als würde es etwas bedeuten.

      "Wer war dieser Delaney?", fragte Lynne.

      "Ein Mörder. Er hat neun Frauen der feinen Gesellschaft umgebracht. Ich habe immer die Bilder dieser Frauen vor mir..." In seine Stimme kam ein seltsames Vibrieren hinein.

      "Wie kommst du zu der Überzeugung, dass du einmal ein Mörder warst?", fragte Lynne.

      "Ich habe eine Reinkarnationstherapie mitgemacht, weil ich psychische Probleme hatte und mir eine normale Therapie nicht helfen konnte..."

      Oh, mein Gott! Ein Verrückter!, ging es Lynne unwillkürlich durch den Kopf. Wie hatte ihr Team den nur auf den Sender lassen können? Ein gutes Dutzend Mitarbeiter machten während der Sendung nichts anderes, als solche Anrufer auszufiltern.

      "Eine Reinkarnationstherapie?", echote Lynne. "Was ist das?"

      "Man geht davon aus, dass die Probleme, die man in diesem Leben hat, durch ungelöste Konflikte in früheren Leben verursacht sind. Der Therapeut versetzt den Patienten in Hypnose und geht mit ihm zunächst in die frühe Kindheit zurück. Dann zur Geburt, anschließend in die Zeit vor der Geburt und in frühere Leben. Ich war William Delaney, der neunfache Frauenmörder... Ich erlebte die Morde, ich sah die Opfer... Ich wurde hingerichtet, Lynne!"

      Er brach ab.

      "Hat dir diese Therapie denn geholfen?"

      "Nein. Ich werde die schrecklichen Bilder nicht mehr los. Jede Nacht sehe ich die Gesichter der Frauen vor mir, die ich umgebracht habe. Ich sehe sie in einer langen Reihe und als letztes sehe ich mein eigenes Gesicht - ich meine, das Gesicht, das ich damals, als William Delaney hatte - in der Reihe..."

      "Bist du immer noch in dieser Reinkarnationstherapie?", fragte Lynne.

      "Nein. Ich habe sie abgebrochen."

      "Bist du zu einem anderen Therapeuten gegangen? Einem Arzt?"

      "Mir kann niemand helfen. Das weiß ich. Diese Bilder... Niemand kann sich vorstellen, was es bedeutet, wenn man plötzlich erfährt, dass man ein Mörder ist..."

      "Ich verstehe dich gut", sagte Lynne.

      "Nein, das versteht niemand. Niemand wirklich. Und dann... Da ist noch etwas..." Er stockte und machte eine kleine Pause. Einen Augenblick hatte Lynne schon den Verdacht, der Anrufer könnte raus aus der Leitung sein.

      "Was ist da noch, Bill?", hakte sie nach.

      "Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Also, ich habe Angst, dass der Mörder, der ich war, wieder hervorbricht... Verstehst du, was ich meine?"

      Bill hatte jetzt mit zitternder Stimme gesprochen.

      "Erkläre es mir", erwiderte Lynne so sanft und ruhig sie konnte.

      "Ich habe Angst, dass ich wieder der werde, der ich in einem früheren Leben schon einmal war! William Delaney, ein Serienmörder! Wenn ich diese High-Society-Frauen mit ihren Klunkern und Ketten um den Hals sehe... Ich beginne zu verstehen, weshalb ich - also ich meine Delaney - sie umbringen musste..."

      Er atmete schwer. Die Zeit, die für einen einzelnen Anruf zur Verfügung stand, war längst verbraucht.

      Aber Lynne konnte Bill jetzt nicht sich selbst überlassen.

      Wenn sie Glück hatte, konnte sie ihn dazu überreden, sich noch mit dem Psychologen, den sie im Sendeteam hatten, zu unterhalten - natürlich ohne, dass davon etwas über den Sender ging. Denn Hilfe brauchte dieser Mann ohne Zweifel.

      "Bill, hier warten bereits einige andere Anrufer in der Warteschleife", sagte Lynne. "Vielleicht unterhältst du dich noch ein bisschen mit unserem Psychologen... Hallo?"

      Es hatte klick gemacht.

      "Bill? Bist du noch dran?"

      Die Leitung war tot.

      2

      "Mein Gott, du bist ja kreideweiß", meinte Clark Grady, der Aufnahmeleiter, als die Sendung zu Ende war.

      Lynne schluckte.

      "Ich bin froh, dass die Sendung zu Ende ist", gestand sie und fuhr sich mit der Hand über die Augen.

      Clark hatte ihr einen schwarzen Kaffee hingestellt. Lynne lächelte matt.

      "Danke."

      "Keine Ursache. Ich glaube, den brauchst du jetzt."

      "Das kann man wohl sagen."

      Grady setzte sich zu der jungen Frau. Lynne war Mitte zwanzig und sportlich gekleidet. Sie trug Jeans und Pullover. Aber das lange Haar, das sie hochgesteckt trug, gab ihr einen Hauch von Eleganz.

      "Das mit diesem Irren hat dich ziemlich mitgenommen, nicht wahr Lynne?", hörte sie Gradys Stimme.

      Grady war doppelt so alt wie sie und sie wusste genau, dass sie es nur zur einen Hälfte ihrem Talent zu verdanken hatte, dass sie diese Sendung seit drei Monaten moderierte.

      Talent war die Voraussetzung. Die andere Seite der Medaille waren Menschen, die dieses Talent erkannten und förderten.

      Und