Название | Vierundzwanzig Unterredungen mit den Vätern |
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Автор произведения | Johannes Cassianus |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Die Schriften der Kirchenväter |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783849659912 |
14. Über die Berufung Samuels.
Endlich bewährt sich diese Lehre so sehr als Gott wohlgefällig, daß wir ebendieselbe Anweisung fleissig in den heiligen Schriften eingereiht finden, so daß der Herr den Knaben Samuel, den er nach seinem Rathschluß vor Andern auserwählt hatte, nicht durch sich selbst in der Schule göttlicher Unterredung lehren wollte, sondern ihn wieder und wieder zu einem Greise eilen ließ. So wollte er also, daß Derjenige, den er zu seiner Ansprache rief, selbst durch die Lehre eines Solchen unterwiesen werde, der Gott beleidigt hatte, weil es doch ein Älterer war, und wollte lieber, daß Der, den er seiner Berufung für so würdig erachtet hatte, durch den Unterricht eines Älteren gebildet werde, damit nemlich so theils die Demuth dessen, der zum göttlichen Dienste berufen wurde, sich bewähre, theils den Jüngern das Bild dieser Unterwürfigkeit als Beispiel hingestellt werde.
15. Von der Berufung des Apostels Paulus.
Auch den Paulus, den er selbst gerufen und angeredet hat, will Christus, obwohl er ihm sogleich den Weg der Vollkommenheit erschließen konnte, lieber zu Ananias senden und läßt ihn von Diesem den Weg der Wahrheit lernen, indem er sagt: „Steh’ auf und geh’ in die Stadt, und dort wird man dir sagen, was du thun sollst.“ Er sendet also auch Diesen zu einem Älteren und bestimmt, daß er eher durch dessen Unterricht als den seinen belehrt werden solle; damit nemlich nicht das, was bei Paulus ganz in Ordnung geschehen wäre, den Späteren ein böses Beispiel zur Anmaßung biete, indem Jeder sich einreden würde, er müsse auf ähnliche Weise auch eher allein durch Gottes Lehre und Schule als durch die Anleitung der Ältern unterrichtet werden. Die volle Verwerflichkeit dieser Anmaßung lehrt auch der Apostel selbst nicht nur in seinen Briefen, sondern auch in That und Beispiel. Deßhalb allein versichert er nach Jerusalem gegangen zu sein, damit er das Evangelium, das er unter dem Beistande des heiligen Geistes und mit der Kraft der Wunder und Zeichen den Heiden verkündete, mit seinen Mitaposteln und Vorgängern in einer besondern und vertraulichen Prüfung vergleiche. „Und ich verglich“, sagt er, 77 „mit ihnen das Evangelium, das ich unter den Heiden predige, damit ich nicht etwa vergeblich laufe oder gelaufen wäre.“ Wer sollte also so anmaßend und blind sein, daß er es wagt, sich seinem eigenen Urtheil und seiner Entscheidung zu überlassen, während das Gefäß der Auserwählung bezeugt, daß er der Besprechung der Mitapostel bedurft habe? Dadurch wird aufs Klarste bewiesen, daß Gott Keinem den Weg der Vollkommenheit zeige, der im Besitze dessen, was ihn unterrichten kann, Dieß verachtet, nemlich Lehre und Anweisung der Väter, und so gering schätzt jenen Ausspruch, den man auf’s Sorgfältigste beobachten sollte: 78 „Frage deinen Vater, und er wird dir Kunde geben; deine Ahnen, und sie werden es dir sagen.“
16. Daß die Klugheit anzustreben sei.
Man muß also das Gut der Klugheit, die uns unversehrt bewahren kann vor jeder Übertreibung, mit allem Eifer durch die Tugend der Demuth zu erlangen suchen. Es ist nemlich ein altes Sprüchwort: ἀκρότητες ἰσότητες, d. i. Übertreibungen gleichen sich — denn zu demselben Ende kommt das Übermaß im Fasten wie die Gefräßigkeit, und in denselben Verlust bringt den Mönch die unmäßige Andauer der Nachtwachen wie die Lähmung des tiefsten Schlafes. Der durch Übertreibung der Enthaltsamkeit zu sehr Geschwächte muß nemlich nothwendig in jenen Zustand zurückversetzt werden, in welchem der zu Nachläßige durch seine Sorglosigkeit gehalten wird, so daß wir oft sahen, wie Solche, die durch Gefräßigkeit nicht verführt werden konnten, durch Übermaaß im Fasten zu Fall gebracht wurden und bei Gelegenheit ihrer Schwäche gerade in die Leidenschaft herabsanken, welche sie besiegt hatten. Auch die Nachtwachen und die unvernünftige Schlaflosigkeit stürzten Jene, welche der Schlaf nicht hatte besiegen können. Deßhalb muß man nach dem Apostel durch die Waffen der Gerechtigkeit an dem, was zur Rechten und zur Linken ist, vorbeigehen mit richtiger Mäßigung und zwischen beiden Übertreibungen mit Hilfe der leitenden Klugheit einhergehen, daß wir uns weder von dem überlieferten Pfade der Enthaltsamkeit abführen lassen noch durch schädliche Nachsicht in die Gier des Gaumens und des Bauches zurückfallen.
17. Von dem unmäßigen Fasten und