Wie du innerhalb weniger Monate deine unternehmerischen Finanzen in den Griff bekommst. Dauerhaft!. Stefan Merath

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      OK, ich gehe mal davon aus, du hast die Entscheidung getroffen und deinen Bekannten angerufen. Dann hast du schon zwei große Schritte gemacht. Erstens du hast eine klare Entscheidung getroffen und zweitens wäre es dir diesem Menschen gegenüber ziemlich peinlich, wenn du es nicht hin bekommst. Letztlich ist dieses ganze Finanzthema nur ein Thema von klaren Entscheidungen. Deshalb trainieren wir hier in dem E-Book deinen Entscheidungsmuskel. In Zukunft werde ich diese Entscheidungsstellen im E-Book einrücken und kursiv schreiben.

       1. Klarheit gewinnen

      Die meisten Unternehmer reden sich ihre Finanzen schön. Deswegen machen wir zuerst einmal einen einfachen Check: Wo stehst du? Bitte halte dazu die BWAs der letzten 6 Monate, die überfälligen Rechnungen und Steuerschulden, die du noch bezahlen musst und den Zugang zu deinen Unternehmenskonten verfügbar.

      Zuallererst mal eine Frage: Wenn du bisher auf die BWAs oder auf dein Konto geschaut hast, was interessierte dich zuerst? Und wo hast du öfter hingeschaut? Wenn du bist wie 98 % aller Unternehmer, dann geht der Blick häufiger aufs Bankkonto und die Frage lautet: Kommt genug rein? Bei der BWA geht dann der Blick in die oberste Zeile: Ist mein Umsatz gestiegen? Und noch in die letzte Zeile: Ist dieser Wert größer als 0? Ist dem so? Dann muss ich dir leider sagen: Diese Zahlen sind erstens nicht die wichtigsten Zahlen und zweitens sind deine Standards scheiße!

      Die wichtigste Zahl ist die finanzielle Reichweite! Die finanzielle Was? Reichweite! Ist so ähnlich wie Liquidität, nur wird die Reichweite in Tagen, Wochen, Monaten und bei ganz wenigen Unternehmen auch in Jahren gemessen: „Wenn morgen die Umsätze auf 0 zurückgingen, wie lange würde dein Unternehmen überleben?“ Das Verhältnis zwischen finanzieller Reichweite und Gewinn ist wie Atmen und Essen. Du kannst eine ganze Weile ohne Essen, also Gewinn auskommen, aber wenn die Reichweite 0 Tage beträgt und dir die Luft ausgeht, dann bist du tot. Egal wie hoch dein Umsatz ist.

       So, wie kommst du jetzt zur finanziellen Reichweite? Ganz einfach:

      1)Nimm die BWAs der letzten 6 Monate. Nimm jeweils den Wert der Zeile Gesamtkosten1 (Das sind deine Kosten ohne Wareneinsatz und Fremdleistungen. Wenn der Umsatz auf 0 zurückgehen würde, bräuchtest du ja auch keinen Wareneinsatz). Addiere diese Gesamtkosten der letzten 6 Monate und teile den Wert durch 6. Dann hast du deine durchschnittlichen monatlichen Kosten.

      2)Addiere nun die verfügbaren Beträge all deiner Bankkonten. Wenn du z.B. eine Kreditlinie von 100.000 Euro hast und davon bereits 78.000 Euro in Anspruch genommen hast, dann hast du noch 22.000 Euro verfügbar. Berechne den Gesamtbetrag über alle Konten.

      3)Teile den verfügbaren Betrag durch deine durchschnittlichen Kosten. Heraus kommt deine finanzielle Reichweite in Monaten. Wenn die Zahl negativ ist, dann ist dein Unternehmen eigentlich schon tot. Du wusstest es bislang nur noch nicht so genau. Kontaktiere deinen Steuerberater und/oder einen Insolvenzanwalt!

      OK, wenn die Zahl positiv ist, ist das schon mal gut. Vermutlich kommt da aber trotzdem eine Zahl kleiner als 1 raus. Dann multipliziere das mit 30.

       Also beispielsweise …

Durchschnittliche Kosten: 43.259,- €
Verfügbare Mittel: 22.000,- €
Mittel / Kosten = 0,508 Monate
Reichweite in Tagen 15 Tage

      Bislang sind das nur Zahlen. Interessant werden Zahlen immer erst durch unsere Bewertung. Also: Ist das jetzt gut oder schlecht? Die Antwort: Das sind katastrophale Zahlen! Vermutlich ist die Wahrheit noch viel schlimmer, weil ein Teil dieser 22.000,- bestimmt für das Finanzamt oder die Sozialversicherungen sind. Falls du die Zahlen gerade da hast, was du diesen beiden netten Institutionen noch schuldest oder demnächst zu zahlen hast und welche Rechnungen sonst noch überfällig sind, dann zieh das gleich mal von den 22.000,- ab und rechne das nochmal2.

      Ok, aber welche Zahlen wäre in Ordnung und was kann ich jetzt tun? Das sind leider 2 Fragen auf einmal! ;-)

      Zunächst zur ersten Frage: Was wäre in Ordnung? Ich wurde in der ersten Oktoberwoche 2008 von einem Unternehmer angerufen. 30 Mitarbeiter, 3 Mio. Jahresumsatz, hochspezialisierte Software für Banken, 3 Großkunden. Mitte September war Lehmans Brothers Pleite gegangen und damit begann die Bankenkrise. Alle Banken traten gleichzeitig auf die Kostenbremse. In der letzten Septemberwoche wurde er von allen 3 Kunden angerufen, dass sie seine Dienste jetzt erst mal nicht mehr brauchen würden. Mein Einwand war: Aber du hast doch bestimmt langfristige Service- und Wartungsverträge mit deinen Kunden. Die Antwort des Unternehmers: Ja, das habe ich ihnen auch gesagt. Ihre Antwort war: Dann verklag uns doch. Bis du gewonnen hast, bist du eh pleite.

      Meine nächste Frage war: wie lange reicht das Geld noch? Seine Antwort: 6 Wochen. Meine Antwort: Dann erschieß dich! Warum? Nun, er kann alle Mitarbeiter kündigen. Mit Kündigungsfristen und Abfindungen ist er vorher pleite. Andere Kunden finden ist in einer solchen Situation unmöglich. Und einen starken solventen Käufer finden auch. Der wartet höchstens, bis es die Software billig in der Insolvenzmasse gibt. Also 6 Wochen sind definitiv zu wenig!

      Solange deine Reichweite unter 2 Monaten ist, ist das Alarmstufe dunkeldunkeldunkelrot! Du kannst nicht mehr rechtzeitig auf die Kostenbremse treten. So wenig wie ein Auto sofort steht, wenn du auf die Bremse trittst, macht das auch deine Firma nicht.

      Solange die Reichweite unter 3 Monaten ist, ist das immer noch Alarmstufe rot. Warum? Du kannst vielleicht noch alle Leute entlassen und Abfindungen bezahlen, aber dann hast du ein Zombie-Unternehmen ohne Geld und Leute und Kunden. Bestenfalls kannst du wieder bei 0 anfangen.

      Wenn die Reichweite bis 6 Monate beträgt, ist das Warnstufe gelb. Du hast die Chance auf eine grundlegende Änderung, einen Versuch. Klappt dieser, ist alles gut. Klappt er nicht, bist du tot.

      Der Bereich zwischen 6-10 Monaten3 ist cool. Du glaubst gar nicht, wie gut du auf einmal schläfst! Weil du weißt, dass dein Unternehmen finanziell gesund ist und du, wenn es beginnt, schlechter zu laufen, immer genügend Handlungsoptionen hast. Du hast die Grundlage, nicht mehr der Sklave deines Unternehmens sein zu müssen. Du beginnst, dich finanziell frei zu fühlen.

      Wenn wir das mit dem obigen Beispiel mal ausrechnen, dann hätten wir den grünen Bereich der finanziellen Reichweite erreicht, wenn wir rund 260.000 Euro verfügbarer Mittel (43.259,- € mal 6 Monate) haben. Und diese sind nicht(!) dazu da, sie zu investieren oder dir davon einen Lamborghini oder eine Immobilie zu kaufen! Die sind einfach dazu da, dass du ein finanziell gesundes Unternehmen hast. 260.000 Euro Cash! Am besten auf einem separaten Konto, das du nie anfasst! Solange du nicht diese Reichweite hast, ist dein Unternehmen finanziell nicht gesund. Ganz egal, was dir jemand einredet. Wir diskutieren da nicht. Zahlen lügen nicht. Gesund? Oder nicht gesund?

      Hinweis 1: Dein Steuerberater wird sich vermutlich angesichts dieser Berechnungsweisen in diesem E-Book gruseln und dir empfehlen, keinesfalls 260.000 Cash herum liegen zu lassen. Darauf müsstest du ja Steuern zahlen. Bitte frag ihn einfach, wie viel wirklich finanziell gesunde Unternehmen4 er berät. Dann weißt du, auf wen du hören solltest.

      Hinweis 2: Falls in der Zwischenzeit dein Unternehmen gewachsen ist, dann wächst natürlich auch der Grenzwert für die finanzielle Reichweite mit.

      So, spätestens jetzt solltest du ausrechnen, wie weit deine finanzielle Reichweite aktuell ist. Und du solltest ausrechnen, wie hoch der Betrag in Euro bei 6 Monaten finanzieller Reichweite sein sollte. Das ist dein Ziel!

       OK, das Folgende kennst du schon: Triff eine Entscheidung, alles zu tun, was notwendig ist, um dieses Ziel zu erreichen. Dann schreib jemand eine E-Mail oder ruf jemand an und teile ihm mit, dass du diese finanzielle Reichweite