Drache und Diamant. Barbara Cartland

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Название Drache und Diamant
Автор произведения Barbara Cartland
Жанр Языкознание
Серия Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9781788673938



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ihre Götter, Geister und Dämonen verärgern und die Fruchtbarkeit der Erde zerstören würden.«

      Stanton Ware lächelte, wußte er doch, daß das primitive Volk stets Angst vor Eisenbahnen hat, wenn es sie zum ersten Mal sieht.

      »Sie, sagen, daß die rote Flüssigkeit, die von den ,Eisenschlangen' tropft und die in Wirklichkeit nichts anderes als rostiges Wasser von den oxydierten Telegrafenkabeln ist, das Blut der zornigen Fluggeister sei.«

      »Kann denn wirklich irgendjemand diesen Unsinn glauben?« fragte Stanton Ware.

      »Sie verbreiten, daß die Missionare Augen, Knochenmark und Herzen der Toten verwenden, um Medikamente herzustellen. Und wer immer in einem Pfarrhaus ein Glas Tee trinke, würde auf der Stelle tot umfallen, sein Gehirn würde aus dem Kopf platzen.«

      Sie sah ihn nicht an, als sie leise weitersprach: »Die Boxer sagen auch, daß Kinder, die in einem Waisenhaus landen, getötet und ihre Eingeweide verwendet werden, um wertvolle Arzneien herzustellen und Blei in Silber zu verwandeln.«

      »Wer solch einen Unsinn glaubt, muß sehr dumm sein«, meinte Stanton Ware.

      Doch er hatte den Ärger, den die Missionare in der Vergangenheit verursacht hatten, nicht vergessen.

      »Sie sagen, die Boxer werden immer stärker«, sagte er nach einer Weile. »Die Kaiserin unterstützt dieses Gesindel doch wohl nicht?«

      »Offiziell erklärt sie, sie müßten auseinandergetrieben werden und dürften sich nicht weiter ausdehnen.«

      »Und inoffiziell?« fragte Stanton Ware.

      »Als einige Beamte die Boxer einmal als Rebellen behandelten und versuchten, sie auseinanderzutreiben, geriet der Gouverneur dieser Provinz in Wut und behauptete, sie seien die Schutzmiliz, die der ,alte Buddha' vor etwa einem Monat angefordert hatte.«

      »Wer kann der Kaiserin die Gefahr einer solchen Politik deutlich machen?« fragte Stanton Ware.

      Mannigfaltige Freude hob hilflos die Hand, ehe sie weitersprach: »Das weiß ich nicht. Doch irgendetwas muß geschehen, und zwar schnell, wenn die prophezeite Katastrophe für China verhindert werden soll.«

      Ihre Stimme klang sehr ernst. Stanton Ware wußte, daß sie ihr Land sehr liebte, abgesehen von der Tatsache, daß Aufruhr und Kämpfe in Peking äußerst unzuträglich für ihr Geschäft sein würden.

      »Gibt es denn keinen Beamten, der mutig genug ist, der Kaiserin gegenüber offen zu sein und ihr klarzumachen, daß sie etwas gegen diese jungen Rowdys unternehmen muß, bevor es zu spät ist?«

      »Der Kaiser wollte einen Wandel, doch seine Bemühungen um den Fortschritt schlugen fehl, und seine Gefolgsleute wurden hingerichtet oder ins Exil geschickt. Der Rest hat Angst bekommen.«

      »Alle?« fragte Stanton Ware.

      »Da wäre Li Hung-Chang!«

      Stanton Ware nickte.

      Er wußte, daß Li Hung-Chang zu den dem Kaiser nahestehenden Regierungsbeamten gehört hatte und einer der fortschrittlichsten Politiker Chinas war.

      Er hatte den Bau von Waffenlagern, Werften und Kriegsschiffen gefördert, und vor fünf Jahren - im Jahre 1895 - war er nach Japan gereist, um den Vertrag abzuschließen, der den chinesisch-japanischen Krieg beendete.

      Und er bewunderte die Entwicklung in Japan.

      Der japanische Prinz Ito hatte Stanton Ware erzählt, wie Li Hung-Chang die Lage in China zusammengefaßt hatte: »Mein Land ist verstrickt in Traditionen und alte Sitten und Gebräuche«, hatte er erklärt, »und in zu vielen Provinzen herrscht ausgesprochener Lokalpatriotismus.«

      Er war zu loyal gewesen, um die schrecklichen Machtkämpfe innerhalb der kaiserlichen Familie zu erwähnen.

      Doch selbst nach der Entmachtung des Kaisers hatte Li Hung-Chang seine Bemühungen um den Fortschritt nicht aufgegeben, hatte versucht, die halsstarrige Witwe des Kaisers davon zu überzeugen, daß China nicht länger wie im Mittelalter leben dürfe.

      Er war zu wichtig für China, als daß die Kaiserin auf ihn hätte verzichten können.

      Doch sie hatte ihn zum Vizekönig der Provinzen Kwang Tung und Kwangi im Süden des Landes ernannt - eine ausgezeichnete Möglichkeit, ihn aus den Ratskammern in Peking herauszuhalten.

      Trotzdem besaß er auch im Alter von siebenundsiebzig Jahren noch eine gewisse Macht in China und den Respekt einer großen Anzahl der Vernunft zugänglichen Chinesen.

      »Ist es möglich, daß ich mit ihm zusammentreffe?« fragte Stanton Ware.

      Mannigfaltige Freude überlegte eine Weile, dann rief sie: »Warten Sie - ich habe eine Idee! Tseng-Wen, ein sehr einflußreicher, hier in Peking lebender Mandarin, ist ein enger Freund von Li Hung-Chang. Wann immer Li Hung-Chang der Kaiserin seine Aufwartung macht, stattet er seinem Freund einen Besuch ab.«

      »Ich würde Tseng-Wen gerne kennenlernen«, meinte Stanton Ware.

      »Sie werden ihn kennenlernen, denn er ist ein guter Freund von mir. Und was könnte mich glücklicher machen, als ein Bindeglied zwischen zwei mir lieben Menschen zu sein - zwischen Ihnen und ihm?«

      »Wie kann ich Ihnen je danken?« fragte Stanton Ware leise.

      »Was darf ich verlangen?« entgegnete Mannigfaltige Freude.

      Sie schien ihm jetzt noch schöner zu sein als damals, als er sie kennenlernte und sie noch ein blutjunges Mädchen war.

      Er streckte überschwenglich die Hände aus und erwiderte in typisch chinesischer Manier: »Alles, was ich besitze, gehört Ihnen!«

      Sie ergriff mit beiden Händen seine Hand, drehte sie nach oben und berührte mit ihrer dunklen Stirn die Innenfläche.

      Das Haus von Tseng-Wen war sehr eindrucksvoll, und Stanton Ware erkannte auf den ersten Blick, daß es einem reichen, bedeutenden Mann gehören mußte.

      Er hatte den knielangen Brokatmantel angezogen, den die meisten Mandschus während der Wintermonate trugen.

      Als Kopfbedeckung trug er den schwarzen Hut mit nach oben gebogener Krempe, den die Generäle und Staatsmänner bevorzugten.

      Er hatte diese Verkleidung lediglich Tseng-Wen zuliebe gewählt, um es ihm zu ersparen, beim Empfang eines Ausländers beobachtet zu werden.

      Obwohl der Einfluß der Boxer noch nicht bis Peking reichte, war auch hier - wie Stanton Ware auf Schritt und Tritt beobachten konnte - die fremdenfeindliche Stimmung offensichtlich.

      Wenn er durch die Straßen der Stadt ging, schnappte er die abfälligen Bemerkungen der Passanten auf und konnte die Unterhaltung der Verkäufer, die nicht wußten, daß er Chinesisch verstand, verfolgen: »Wer bedient den fremden Teufel?« hieß es dann meist.

      Man tuschelte und flüsterte bei seinem Erscheinen, was bei seinen früheren Besuchen in Peking nie der Fall gewesen war.

      Es waren eigentlich immer nur Kleinigkeiten, doch Stanton Ware wußte, daß sie - zusammen gesehen - eine ständig wachsende Bedrohung für den Frieden waren, der wiederum eine unabdingbare Notwendigkeit für den Handel der fünf Westmächte in China war.

      Der Handel wiederum war von lebenswichtiger Bedeutung für China, auch wenn die Kaiserin möglicherweise zu dumm war, um dies zu erkennen.

      Die Befürchtungen, daß die fremden Einflüsse eine Bedrohung für das chinesische Kaiserreich darstellen könnten, waren nicht völlig unbegründet.

      Doch es schien beinahe unmöglich, der Regierung in Peking klarzumachen, daß es das beste für China war, an den Errungenschaften des Westens zu partizipieren, das Eisenbahn- und Telegrafennetz auszubauen und moderne Kriegsschiffe und Waffen zu erwerben.

      Stanton Ware hatte lange genug unter dem einfachen Volk des Fernen Osten gelebt, um seinen Glauben an magische Kräfte zu verstehen, die ihm die Angst nehmen und seine Armut lindern sollten.

      Korruption