Depression. Das Richtige tun. Dr. Christine Hutterer

Читать онлайн.
Название Depression. Das Richtige tun
Автор произведения Dr. Christine Hutterer
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783747103395



Скачать книгу

S. 13) mit Phasen großen Tatendrangs voller Übermut und Aktivität ab. Gebräuchlich ist auch noch der ältere Begriff „manisch-depressiv“.

      image Manien können gefährlich werden

      Während einer solchen manischen Phase empfinden sich Betroffene häufig nicht als leidend. Vielmehr werden die große zur Verfügung stehende Energie, die Kreativität, der Schaffensdrang und das geringe Schlafbedürfnis als angenehm empfunden. Es besteht aber die Gefahr, dass die Betroffenen in dieser Phase die Kontrolle über ihre Fähigkeiten und ihr Handeln verlieren und die Konsequenzen ihrer Taten nicht mehr einschätzen können. Riskante Verhaltensweisen und fatale Fehleinschätzungen sind nicht selten. So wird beispielsweise während manischer Phasen der Job gekündigt oder viel Geld ausgegeben.

      Sollten Sie den Verdacht haben, dass Ihr Angehöriger nicht nur depressive, sondern auch manische Phasen erlebt, sollten Sie den Arzt oder Therapeuten darauf hinweisen (siehe S. 28). Denn Betroffene fühlen sich während ihrer Hochphase so gut und stark, dass sie häufig nicht einsichtig sind. Sie fühlen sich nicht krank und wollen daher keine Medikamente einnehmen bzw. setzen diese eigenmächtig ab. Eine Behandlung beider Extreme ist notwendig.

      Gibt es einen biologischen Sinn der Depression?

      Bei vielen Krankheiten, besonders bei schweren Erkrankungen, sucht man vergeblich nach dem biologischen Sinn, nach einer Erklärung dafür. Warum lässt ein Organismus zu, dass wuchernde Krebszellen ihn umbringen? Warum richten manche Krankheitserreger im Körper so schwere Schäden an, wo es ihnen doch eigentlich nur um die stetige Weiterverbreitung gehen müsste?

      Auch bei Depressionen fragen sich Betroffene und Angehörige in ihrer Verzweiflung, was das denn alles soll, wofür das gut sein könnte und warum ausgerechnet man selbst bzw. der eigene Angehörige erkrankt. Die zerstörerische Art, mit der Depressionen das Leben beeinträchtigen können, scheint mindestens sinnlos, bestenfalls kontraproduktiv. Es gibt allerdings auch eine andere Betrachtungsweise, die vielleicht helfen kann, Depressionen zu verstehen:

      image Unterschiede zwischen Betroffenengruppen: Auch wenn jede Depression individuell ist, gibt es bei bestimmten Gruppen typische Besonderheiten. Bei Männern ist eine (leichtere) Depression oft schwerer zu erkennen, weil sie sich anders äußert (siehe S. 15), auch die Wochenbettdepression bei Frauen, die vor Kurzem ein Kind bekommen haben, ist ein Spezialfall (siehe S. 32). Depressionen bei Kindern und Jugendlichen sowie bei alten Menschen müssen ebenfalls in ihren Ursachen und Symptomen gesondert betrachtet werden.

      image Die Notbremse des Körpers

      Psychotherapeuten sehen in der Depression eine Art Notbremse des Körpers. In den Situationen, die der Betroffene als Bedrohung erlebt, zieht er sich zurück und fährt einen Schutzschild um sich herum hoch.

      Jede Depression ist anders

      Die Vielfalt der möglichen Ursachen und Krankheitssymptome, die in beinahe beliebiger Kombination zusammentreffen können, zeigt, dass jede Depression ein eigenes Gesicht hat. Von Mensch zu Mensch können sich die Symptome in Schwere, Dauer, Zusammensetzung und Verlauf unterscheiden. Manche Erkrankte sind lethargisch und ohne jeden Antrieb, andere sind rastlos und extrem unruhig. Bei manchen führt die große Traurigkeit dazu, dass sie viel weinen, andere fühlen sich so gefühlsleer, dass sie nicht mal mehr weinen können. Manche leiden unter einem Morgentief, kommen kaum aus dem Bett, doch über den Tagesverlauf bessert sich das Wohlbefinden, anderen geht es am Abend besonders schlecht, wiederum andere spüren kaum Schwankungen über den Tag. Für Sie bedeutet das, dass Sie das Bild, das Sie von Menschen mit Depressionen haben, vielleicht überdenken müssen. Oft stellt man sich „den Depressiven“ traurig, weinend und im Bett liegend vor. Das kann so sein, ist aber in vielen Fällen anders – und trotzdem handelt es sich um eine Depression.

image

       „Mir ist es wichtig, mir Freiräume fern der Depression zu schaffen.“

      Riccardo Piras

      Was bedeutet die Diagnose für Sie?

      Depressionen wirken weit ins Umfeld hinein. Während den Betroffenen die Fähigkeit zu fühlen verloren geht, erleben die Angehörigen eine belastende Achterbahn der Gefühle.

      Wahrscheinlich wissen Sie aber auch nach der Diagnose nicht genau, wie Sie mit dem depressiv Erkrankten am besten umgehen sollen, was helfen könnte und was möglicherweise schadet. Leider ist von dem Betroffenen dazu oft nicht viel Konkretes zu erfahren. Während einer depressiven Phase kreisen seine Gedanken und Sorgen viel um ihn selbst. Für die Bedürfnisse anderer Personen ist wenig Raum. Ganz anders in diesem Buch, das die Bedürfnisse der Angehörigen in den Mittelpunkt stellt. Dabei soll das große Leid des Betroffenen keineswegs aus dem Blickfeld geraten. Doch gerade bei einer Krankheit wie einer Depression sind die nahestehenden Angehörigen und enge Freunde stark mitbetroffen, stärker als bei vielen anderen Erkrankungen.

      Die Krankheit akzeptieren

      Eine Depression ist anders als andere Krankheiten. Sie hat die Kraft, auch die Angehörigen in einen negativen Strudel zu ziehen.

      image Eine Depression ist schwer zu verstehen. Von außen ist nichts zu sehen, es ist oft kein Auslöser erkennbar, der das Verhalten des Betroffenen erklären würde. Und dennoch leidet er, Sie selbst können scheinbar nichts tun, um die Situation für ihn zu bessern. Vielleicht haben Sie zunehmend das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden und selbst Opfer der Krankheit zu sein. Das Umfeld, sofern es von der Erkrankung weiß, zeigt häufig viel Mitgefühl mit dem Betroffenen, jeder versucht, ihn zu unterstützen und zu helfen. Oder das Umfeld kann mit der Diagnose nichts anfangen, zieht sich zurück oder denkt insgeheim, dass Sie sich zu wenig um den Betroffenen gekümmert hätten. Ihre eigene Situation gerät dabei möglicherweise in den Hintergrund. Die Folge kann, neben einer hohen Belastung und Erschöpfung, auch Groll sein – zuerst auf die Krankheit, nach und nach auch auf den Erkrankten.

      Wenn