Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Название Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer
Автор произведения Arthur Schopenhauer
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9788027208456



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nicht aber bedingt er ihren Inhalt und ihre Bedeutsamkeit, wie es bei den Begriffen der Fall ist, wo er vom Grunde des Erkennens gilt. Uebrigens sieht es aus, als ob Kant gerade hier recht eigentlich darauf ausgehn wolle, die anschauliche und die abstrakte Vorstellung zu unterscheiden: er wirft Leibnitzen und Locken vor, jener hätte alles zu abstrakten, dieser zu anschaulichen Vorstellungen gemacht. Aber es kommt doch zu keiner Unterscheidung: und wenn gleich Locke und Leibnitz wirklich jene Fehler begiengen, so fällt Kanten selbst ein dritter, jene beiden umfassender Fehler zur Last, nämlich Anschauliches und Abstraktes dermaaßen vermischt zu haben, daß ein monströser Zwitter von Beiden entstand, ein Unding, von dem keine deutliche Vorstellung möglich ist und welches daher nur die Schüler verwirren, betäuben und in Streit versetzen mußte.

      Allerdings nämlich treten mehr noch als irgendwo Denken und Anschauung aus einander in dem besagten Kapitel »Von der Unterscheidung aller Gegenstände in Phänomena und Noumena«: allein die Art dieser Unterscheidung ist hier eine grundfalsche. Es heißt nämlich, S. 253, v, 309: »Wenn ich alles Denken (durch Kategorien) aus einer empirischen Erkenntniß wegnehme; so bleibt gar keine Erkenntniß eines Gegenstandes übrig: denn durch bloße Anschauung wird gar nichts gedacht, und daß diese Affektion der Sinnlichkeit in mir ist, macht gar keine Beziehung von dergleichen Vorstellung auf irgend ein Objekt aus.« – Dieser Satz enthält gewissermaaßen alle Irrthümer Kants in einer Nuß; indem dadurch an den Tag kommt, daß er das Verhältniß zwischen Empfindung, Anschauung und Denken falsch gefaßt hat und demnach die Anschauung, deren Form denn doch der Raum und zwar nach allen drei Dimensionen seyn soll, mit der bloßen, subjektiven Empfindung in den Sinnesorganen identificirt, das Erkennen eines Gegenstandes aber allererst durch das vom Anschauen verschiedene Denken hinzukommen läßt. Ich sage hingegen: Objekte sind zunächst Gegenstände der Anschauung, nicht des Denkens, und alle Erkenntniß von Gegenständen ist ursprünglich und an sich selbst Anschauung: diese aber ist keineswegs bloße Empfindung, sondern schon bei ihr erzeigt der Verstand sich thätig. Das allein beim Menschen, nicht aber bei den Thieren, hinzukommende Denken ist bloße Abstraktion aus der Anschauung, giebt keine von Grund aus neue Erkenntniß, setzt nicht allererst Gegenstände, die vorher nicht dagewesen; sondern ändert bloß die Form der durch die Anschauung bereits gewonnenen Erkenntniß, macht sie nämlich zu einer abstrakten in Begriffen, wodurch die Anschaulichkeit verloren geht, dagegen aber die Kombination derselben möglich wird, welche deren Anwendbarkeit unermeßlich erweitert. Der Stoff unseres Denkens hingegen ist kein anderer, als unsere Anschauungen selbst, und nicht etwas, welches, in der Anschauung nicht enthalten, erst durch das Denken hinzugebracht würde: daher auch muß von Allem, was in unserm Denken vorkommt, der Stoff sich in unserer Anschauung nachweisen lassen; da es sonst ein leeres Denken wäre. Wiewohl dieser Stoff durch das Denken gar vielfältig bearbeitet und umgestaltet wird; so muß er doch daraus wieder hergestellt und das Denken auf ihn zurückgeführt werden können; – wie man ein Stück Gold aus allen seinen Auflösungen, Oxydationen, Sublimationen und Verbindungen zuletzt wieder reducirt und es regulinisch und unvermindert wieder vorlegt. Dem könnte nicht so seyn, wenn das Denken selbst etwas, ja gar die Hauptsache, dem Gegenstande hinzugethan hätte.

      Das ganze darauf folgende Kapitel von der Amphibolie ist bloß eine Kritik der Leibnitzischen Philosophie und als solche im Ganzen richtig, obwohl der ganze Zuschnitt bloß der architektonischen Symmetrie zu Liebe gemacht ist, die auch hier den Leitfaden giebt. So wird, um die Analogie mit dem Aristotelischen Organen herauszubringen, eine transscendentale Topik aufgestellt, die darin besteht, daß man jeden Begriff nach vier Rücksichten überlegen soll, um erst auszumachen, vor welches Erkenntnißvermögen er gehöre. Jene vier Rücksichten aber sind ganz und gar beliebig angenommen, und mit gleichem Rechte ließen sich noch zehn andere hinzufügen: ihre Vierzahl entspricht aber den Kategorientiteln, daher werden unter sie die Leibnitzischen Hauptlehren vertheilt, so gut es gehn will. Auch wird durch diese Kritik gewissermaaßen zu natürlichen Irrthümern der Vernunft gestämpelt, was bloß falsche Abstraktionen Leibnitzens waren, der, statt von seinen großen philosophischen Zeltgenossen, Spinoza und Locke, zu lernen, lieber seine eigenen seltsamen Erfindungen auftischte. Im Kapitel von der Amphibolie der Reflexion wird zuletzt gesagt, es könne möglicherweise eine von der unserigen ganz verschiedene Art der Anschauung geben, auf dieselbe unsere Kategorien aber doch anwendbar seyn; daher die Objekte jener supponirten Anschauung die Noumena wären, Dinge, die sich von uns bloß denken ließen, aber da uns die Anschauung, welche jenem Denken Bedeutung gäbe, fehle, ja gar ganz problematisch sei, so wäre der Gegenstand jenes Denkens auch bloß eine ganz unbestimmte Möglichkeit. Ich habe oben durch angeführte Stellen gezeigt, daß Kant, im größten Widerspruch mit sich, die Kategorien bald als Bedingung der anschaulichen Vorstellung, bald als Funktion des bloß abstrakten Denkens aufstellt. Hier treten sie nun ausschließlich in letzterer Bedeutung auf, und es scheint ganz und gar, als wolle er ihnen bloß ein diskursives Denken zuschreiben. Ist aber dies wirklich seine Meinung, so hätte er doch nothwendig am Anfange der transscendentalen Logik, ehe er die verschiedenen Funktionen des Denkens so weitläuftig specificirte, das Denken überhaupt charakterisiren sollen, es folglich vom Anschauen unterscheiden, zeigen sollen, welche Erkenntniß das bloße Anschauen gebe und welche neue im Denken hinzu komme. Dann hätte man gewußt, wovon er eigentlich redet, oder vielmehr, dann würde er auch ganz anders geredet haben, nämlich ein Mal vom Anschauen und dann vom Denken, statt daß er jetzt es immer mit einem Mittelding von Beidem zu thun hat, welches ein Unding ist. Dann wäre auch nicht jene große Lücke zwischen der transscendentalen Aesthetik und der transscendentalen Logik, wo er, nach Darstellung der bloßen Form der Anschauung, ihren Inhalt, die ganze empirische Wahrnehmung, eben nur abfertigt mit dem »sie ist gegeben«, und nicht fragt, wie sie zu Stande kommt, ob mit, oder ohne Verstand; sondern mit einem Sprunge zum abstrakten Denken übergeht und nicht ein Mal zum Denken überhaupt, sondern gleich zu gewissen Denkformen, und kein Wort darüber sagt, was Denken sei, was Begriff, welches das Verhältniß des Abstrakten und Diskursiven zum Konkreten und Intuitiven, welches der Unterschied zwischen der Erkenntniß des Menschen und der des Thieres, und was die Vernunft sei.

      Nachdem ich Kants Lehre von den Kategorien eben so habe verwerfen müssen, wie er selbst die des Aristoteles verwarf, will ich doch hier auf einen dritten Weg zur Erreichung des Beabsichtigten vorschlagsweise hinzeigen. Was nämlich Beide unter dem Namen der Kategorien suchten, waren jedenfalls die allgemeinsten Begriffe, unter welche man alle noch so verschiedenen Dinge subsumiren müsse, durch welche daher alles Vorhandene zuletzt gedacht würde. Deshalb eben faßte sie Kant als die Formen alles Denkens auf.

      Zur Logik verhält sich die Grammatik wie das Kleid zum Leibe. Sollten daher nicht diese allerobersten Begriffe, dieser Grundbaß der Vernunft, welcher die Unterlage alles speciellern Denkens ist, ohne dessen Anwendung daher gar kein Denken vor sich gehn kann, am Ende in den Begriffen liegen, welche eben wegen ihrer überschwänglichen Allgemeinheit (Transscendentalität) nicht an einzelnen Wörtern, sondern an ganzen Klassen von Wörtern ihren Ausdruck haben, indem bei jedem Worte, welches es auch sei, einer von ihnen schon mitgedacht ist; demgemäß man ihre Bezeichnung nicht im Lexikon, sondern in der Grammatik zu suchen hätte? Sollten es also nicht zuletzt jene Unterschiede der Begriffe seyn, vermöge welcher das sie ausdrückende Wort entweder ein Substantiv, oder ein Adjektiv, ein Verbum, oder ein Adverbium, ein Pronomen, eine Präposition, oder sonstige Partikel sei, kurz die partes orationis? Denn unstreitig bezeichnen diese die Formen, welche alles Denken zunächst annimmt und in denen es sich unmittelbar bewegt: deshalb eben sind sie die -wesentlichen