Название | Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen) |
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Автор произведения | Чарльз Дарвин |
Жанр | Математика |
Серия | |
Издательство | Математика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027208876 |
Wir können nur nach den Umständen, unter welchen gewisse Handlungen vollzogen werden, beurtheilen, ob sie Folge eines Instinctes oder eine Verstandesäußerung oder nur Folgen einer bloßen Ideenassociation sind: doch steht ja das letztere mit Verstand im engsten Zusammenhange. Einen merkwürdigen Fall hat Prof. Moebius177 von einem Hechte erzählt, welcher durch eine Glasplatte von dem benachbarten, mit Fischen besetzten Aquarium getrennt war und sich bei den Versuchen, die andern Fische zu fangen, oft mit solcher Heftigkeit gegen das Glas anstieß, daß er zuweilen ganz betäubt war. Drei Monate hindurch that er dies beständig; endlich lernte er aber vorsichtig sein und that es nicht mehr. Nun wurde die Glasplatte entfernt; der Hecht griff aber diese besonderen Fische nicht an, obschon er andre, die später eingesetzt waren, verschlang: so stark war die Idee des Stoßes in seinem schwachen Verstande mit den Angriffen auf seine früheren Nachbarn associiert. Wenn ein Wilder, welcher niemals eine große Fensterscheibe gesehen hat, auch nur ein einziges Mal gegen eine solche angerannt wäre, so würde er für eine geraume Zeit nachher einen Stoß mit einem Fensterrahmen associieren, wahrscheinlich aber sehr verschieden vom Hechte, würde er über die Natur des Hindernisses Überlegungen anstellen und unter analogen Umständen vorsichtig sein. Wie wir nun gleich sehen werden, genügt es bei Affen zuweilen, daß sie in Folge einer einmal ausgeführten Handlung einen schmerzhaften oder andern unangenehmen Eindruck erhalten, um sie von einer Wiederholung derselben abzuhalten. Wenn wir diesen Unterschied zwischen dem Affen und dem Hechte einfach dem zuschreiben, daß die Ideenassociation bei dem einen um so viel stärker und dauernder ist als bei dem andern, trotzdem daß der Hecht den so viel schwereren Schaden erlitt, können wir wohl in Bezug auf den Menschen behaupten, daß ein ähnlicher Unterschied den Besitz eines fundamental verschiedenen Geistes bedingt?
Houzeau erzählt,178 daß beim Übergang über eine weite und dürre Ebene in Texas seine Hunde sehr vom Durst litten und daß sie zwischen dreißig und vierzig mal Vertiefungen hinabjagten, um nach Wasser zu suchen. Diese Vertiefungen waren keine Thäler, auch waren weder Bäume darin, noch zeigten sie irgend eine andre Verschiedenheit der Vegetation; da sie absolut trocken waren, konnte auch kein Geruch nach feuchter Erde dagewesen sein. Die Hunde benahmen sich so, als wüßten sie, daß eine Vertiefung in dem Boden ihnen die beste Chance Wasser zu finden darböte; Houzeau hat dasselbe Benehmen auch bei anderen Thieren beobachtet.
Ich habe es gesehen, – und ich bin überzeugt, Andere auch, – daß wenn irgend ein kleiner Gegenstand vor einem der Elefanten im zoologischen Garten auf den Boden geworfen wird, zu weit für ihn um ihn zu erreichen, er dann mit seinem Rüssel jenseits des Gegenstandes auf den Boden bläst, um durch den, dort von allen Seiten reflectierten Luftstrom den Gegenstand in seinen Bereich treiben zu lassen. Ferner theilte mir ein bekannter Ethnolog, Herr Westropp, mit, daß er in Wien beobachtet habe, wie ein Bär mit seiner Pfote in dicht an seinem Käfig stehendem Wasser eine Strömung zu erregen suchte, um ein Stückchen auf dem Wasser schwimmenden Brodes in seinen Bereich zu bringen. Diese Handlungen des Elefanten und Bären können kaum dem Instinct oder vererbter Gewohnheit zugeschrieben werden, da sie für die Thiere im Naturzustande nur von wenig Nutzen sein würden. Was ist nun der Unterschied zwischen solchen Handlungen, wenn sie ein uncultivierter Mensch ausfuhrt, und wenn sie eines der höheren Thiere verrichtet?
Der Wilde und der Hund haben oft an niedrigen Stellen Wasser gefunden und das Zusammentreffen unter solchen Umständen wurde in ihrem Geiste associiert. Ein cultivierter Mensch würde vielleicht irgend einen allgemeinen Satz über die Sache aufstellen; nach allem aber, was wir von Wilden wissen, ist es äußerst zweifelhaft, ob sie dies thun, und ein Hund thut es sicherlich nicht. Ein Wilder wird aber ebenso wie ein Hund in derselben Weise suchen, aber auch häufig enttäuscht werden, und bei beiden scheint es in gleicher Weise eine Handlung des Verstandes zu sein, mag nun irgend ein allgemeiner Satz über den Gegenstand bewußtermaßen dem Geiste vorgestellt werden oder nicht.179 Dasselbe wird auch für den Elefanten und den Bären gelten, welche Strömungen in der Luft oder im Wasser erzeugen. Der Wilde würde sicherlich weder wissen, noch sich darum kümmern, nach welchen Gesetzen die gewünschten Bewegungen hervorgebracht werden; und doch würde die Handlung durch einen rohen Proceß der Überlegung geleitet werden, und zwar so sicher wie es ein Philosoph in der längsten Kette seiner Deductionen wird. Ohne Zweifel würde der Unterschied zwischen ihm und einem der höheren Thiere darin bestehen, daß er viel geringfügigere Umstände und Bedingungen beachten und jeden Zusammenhang zwischen ihnen nach einer viel kürzeren Erfahrung beobachten würde; und dies ist von einer durchgreifenden Bedeutung. Ich hielt ein sorgfältiges Tagebuch über die Handlungen eines meiner Kinder; und als es ungefähr elf Monate war und ehe es noch ein einziges Wort sprechen konnte, wurde ich beständig von der, verglichen mit dem intelligentesten Hunde, den ich je gesehen, so bedeutenderen Schnelligkeit frappiert, mit welcher alle Arten von Gegenständen und Lauten in seinem Geiste associiert wurden. Die höheren Thiere weichen aber in genau derselben Weise in Bezug auf dies Associationsvermögen von den niedriger stehenden, wie z. B. dem Hechte, ab, und ebenso auch in Bezug auf das Ziehen von Schlüssen und auf Beobachtung.
Die nach einer sehr kurzen Erfahrung sich einstellenden Verstandesschlüsse zeigen sich schon gut in der nachfolgend geschilderten Handlungsweise amerikanischer Affen, welche in ihrer Ordnung ziemlich tief stehen. Rengger, ein höchst sorgfältiger Beobachter, giebt an, daß, als er seinen Affen in Paraguay zuerst Eier gab, sie dieselben zerbrachen und daher viel von ihrem Inhalt verloren. Später schlugen sie vorsichtig das eine Ende an einem harten Körper ein und nahmen die Schalenstückchen mit ihren Fingern heraus. Hatten sie sich einmal mit irgend einem scharfen Werkzeuge geschnitten, so wollten sie es nicht wieder berühren oder es nur mit der größten Vorsicht behandeln. Stücke Zuckers wurden ihnen oft in Papier eingewickelt gegeben, und Rengger that zuweilen eine lebendige Wespe in das Papier, so daß sie beim hastigen Entfalten gestochen wurden. War dies aber einmal der Fall gewesen, so hielten sie stets das Päckchen zuerst an ihre Ohren, um irgend eine Bewegung im Innern zu entdecken.180
Die folgenden Fälle beziehen sich auf Hunde. Mr. Colquhoun181 schoß zwei wilde Enten flügellahm, welche auf das jenseitige Ufer eines Flusses fielen. Sein Wasserhund versuchte Beide auf einmal herüberzubringen, es gelang ihm aber nicht. Trotzdem man wußte, daß er nie vorher auch nur eine Feder gekrümmt hätte, biß er die eine Ente todt, brachte die andere herüber und ging nun zu dem todten Vogel zurück. Oberst Hutchinson erzählt, daß zwei Rebhühner auf einmal geschossen wurden, das eine wurde getödtet, das andere verwundet. Das Letztere rannte fort und wurde vom Hunde gefangen, welcher auf dem Rückwege beim todten Vogel vorbeikam. »Er blieb stehen, offenbar sehr in Verlegenheit, und nach ein- oder zweimaligem Versuchen, wobei er fand, daß er es nicht mitnehmen konnte, ohne das flügellahm geschossene entwischen zu lassen, überlegte er einen Augenblick, biß dann dieses mit einem kräftigen Ruck absichtlich todt und brachte dann beide Vögel auf einmal. Es war dies das einzige bekannte Beispiel, daß er je mit Absicht irgend welches Wildpret verletzt hätte.« Hier haben wir Verstand, wenn auch nicht durchaus vollkommenen. Denn der Hund hätte den verwundeten Vogel zuerst bringen und dann nach dem todten zurückkehren können, wie es in dem Falle mit den zwei wilden Enten geschah. Ich führe die vorstehenden Fälle an, da für sie die Gewähr zweier unabhängiger Zeugen spricht, weil in beiden Beispielen die Wasserhunde nach Überlegung eine von ihnen ererbte Gewohnheit durchbrachen (die, das apportierte Wild nicht zu tödten), und weil sie zeigen, wie stark die Fähigkeit der Überlegung gewesen sein muß, daß sie eine fixierte Gewohnheit überwand.