Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3). Ricarda Huch

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Название Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3)
Автор произведения Ricarda Huch
Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 4064066388812



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an, die es antikaiserlich trieben.

      Bevor es zu einer gemeinsamen Beratschlagung kommen konnte, mußte der zwischen dem Landgrafen und dem Herzog schwebende Streit wegen der Ämter in etwas beigelegt werden, was der Pfalzgraf über sich nahm; dann traten die Herren der Sache näher unter einer starken Rede des Herzogs Heinrich Julius, wie schimpflich der spanische Einfall für das Reich sei. Wenn es nicht Spanien wäre, meinte Hessen, würde der Kaiser sich eher rühren, wie träge er auch sei. Nun, man müsse eben selbst handeln, sagte Heinrich Julius, und da sie einmal so weit einig wären, solle das Unwesen bald ein Ende nehmen. Als es daran ging, das Heer zusammenzubringen, das die Spanier vertreiben sollte, zeigten sich jedoch vielerlei Schwierigkeiten in bezug auf die Anzahl der Truppen und wie sie auf jeden zu verteilen wären; denn es wollte jeder so wenig wie möglich besolden. Am Ende, meinte Moritz von Hessen, könne man sich so helfen, daß man es den Holländern überlasse, die Spanier zu vertreiben, und sie nur mit Geld dabei unterstütze. Die Holländer hätten sowieso Soldaten auf den Beinen und hätten ebensoviel Interesse daran wie das Reich selbst, daß die Spanier sich nicht im Cleveschen festsetzten. Was? rief der Herzog von Braunschweig entrüstet, mit den Holländern wolle man gemeine Sache machen und ihnen gar noch Dank schuldig werden? Mit den Rebellen und Trotzköpfen, die es den Fürsten gleichtun wollten? Lieber wolle er spanisch oder türkisch werden, und es solle keiner mehr mit einem solchen Vorschlag seiner fürstlichen Ehre zu nahe treten. Dies war eine besondere Kränkung für Moritz von Hessen, der mit den holländischen Staaten in einem freundschaftlichen Verhältnis stand, so viel wie möglich Holländer nach Hessen zu ziehen und die dort herrschende Blüte an Kunst und Gewerbe in sein Land zu verpflanzen suchte.

      Nach Verlauf einiger Wochen, während welcher die Spanier ernstlich verwarnt worden waren, sich aus dem Reich zurückzuziehen, einigte man sich über die Zahl der zu werbenden Truppen; nun aber erklärte Christian von Anhalt, er wolle den Oberbefehl, worauf man sich doch verlassen hatte, nicht übernehmen. An seinem Mut und guten Willen werde man nicht zweifeln, sagte Anhalt, es sei ja bekannt, unter welchen Schwierigkeiten er seinerzeit dem König von Frankreich zu Hilfe gekommen sei; aber seine Ehre sei ihm zu lieb, als daß er sie bei einer zweifelhaften Sache aufs Spiel setzen möchte. Er habe von Anfang an gesagt, daß man mehr Mittel an das Unternehmen wenden müsse, wenn etwas dabei herauskommen solle, und wenn man nicht auf ihn höre, wolle er auch keine Rolle dabei spielen.

      Zwar verdachten die Fürsten dem Anhalter dessen Entschluß, aber er brachte Moritz von Hessen auf den Gedanken, daß er an seiner Stelle das Amt des Feldherrn übernehmen und auf diesem Felde Lorbeeren gewinnen könne. Es bemächtigte sich seiner bei der Vorstellung eine gewisse Unruhe, und er wußte selbst kaum, ob seine Lust oder seine Bedenken größer wären. Gefahren und Strapazen fürchtete er nicht; und doch fühlte er sich des Erfolges nicht so sicher, wie wenn er ein mathematisches Problem hätte lösen oder eine theologische Disputation hätte halten sollen. Indessen gerade diese Unsicherheit spornte ihn an; es war ihm, als ob jeder die Zweifel hege, die in ihm selbst aufstiegen, und als müsse er sie durch die Tat entkräften.

      Kaum war Landgraf Moritz mit seinem Anerbieten hervorgetreten, als der Herzog von Braunschweig erklärte, er habe sich bereits zum Direktorium des Krieges entschlossen und wolle nun nicht davon zurücktreten. Er dachte bei sich, es sei ein lächerlicher Anspruch von Moritz, der doch nur ein Maulheld sei, den Feldherrn spielen zu wollen, während der Landgraf fand, nachdem Heinrich Julius erst kürzlich vor Braunschweig abgeblitzt sei, täte er besser, hinter seinem Bierkrug sitzen zu bleiben. Hierüber zerschlug sich der Feldzug der verbündeten Fürsten; die Truppen, die sie schon geworben hatten, übernahmen die benachbarten Kreise; da diese aber kein Geld hatten, sie ordentlich auszurüsten und zu unterhalten, verlief sich das Heer, bevor etwas Eigentliches unternommen war, und die Festung Orsau blieb einstweilen im Besitze der Spanier.

      Während der junge Erzherzog Ferdinand von Steiermark zu Ingolstadt studierte, begab es sich an einem Festtage, daß er später als gewöhnlich zur Messe in die Kirche kam und den vorderen Stuhl, den er sonst innehatte, von seinem Vetter Maximilian, dem Sohne des Herzogs von Bayern, besetzt fand. Indem er diesen mit freundlichem Anlachen begrüßte, blieb er wartend vor ihm stehen, und da Maximilian nicht Miene machte, ihm den Platz zu überlassen, forderte er ihn leichten Tones dazu auf. Er wisse nicht, daß das Ferdinands Stuhl sei, antwortete Maximilian zögernd und kühl; daß er ihn bisher gehabt hätte, hindere nicht, daß heute er, Maximilian, ihn behalte, da er ihm einmal zuvorgekommen sei. »Mein Platz ist es,« entgegnete Ferdinand, »weil er als der vordere meinem Range gebührt, und lege ich auch als Freund und Vetter keinen Wert darauf, so bin ich es doch seit dem Tode meines Vaters meiner Würde schuldig, darauf zu bestehen.«

      Hätte er gewußt, sagte Maximilian, daß Ferdinand es so auffaßte, würde er ihm den Stuhl vorher nicht immer überlassen haben, was nur aus dem Grunde geschehen sei, weil er sich an der bayrischen Landesuniversität dem steiermärkischen Vetter gegenüber als Wirt gefühlt habe; nun werde ihm seine Höflichkeit als Unterwürfigkeit ausgelegt. Ein Herzog von Bayern sei so viel wie ein Erzherzog von Steiermark, vorzüglich auf bayrischem Gebiet, wo keinem Erzherzoge auch nur so viel wie eine Scheune oder ein Heustock gehöre.

      Das könne man nicht wissen, entgegnete Ferdinand und lächelte; er gehöre zur kaiserlichen Familie und könne noch einmal Kaiser werden, wenn es Gott gefällig sei.

      Der ältere Vetter, der, gerade gewachsen und sich steif haltend, auf den vor ihm stehenden, ein wenig schlotterigen Steiermärker herabzusehen schien, errötete vor Ärger, blieb aber kalt und sagte: »Ich etwa nicht? Es gibt kein Gesetz in der Güldenen Bulle, daß nicht auch ein Bayer zum Kaiser könnte erwählt werden.«

      Die beiden Hofmeister, die bisher vergeblich dem Wortwechsel zu steuern versucht hatten, drangen nunmehr durch, der bayrische, indem er Maximilian flüsternd an den Befehl seines Vaters erinnerte, stets höflich gegen Ferdinand zu sein und auf alle Fälle in gutem Vernehmen mit ihm zu bleiben, während der steiermärkische Ferdinand mit dem Zorn seiner Mutter schreckte, die ihm streng befohlen hatte, dem Herzog von Bayern, ihrem Bruder, wie einem Vater zu gehorchen und Maximilian wie einen älteren Bruder zu respektieren. Der Gedanke daran, daß seine Mutter schon mehrmals gedroht hatte, ihn von Ingolstadt fortzunehmen, wie es der Kaiser und dessen Brüder, Ferdinands Oheime, wünschten, schlug seinen Hochmut nieder, und er verstand sich dazu, Maximilian zu bitten, er möge ihm den Stuhl, abgesehen von der Rangfrage, aus vetterlicher Freundschaft überlassen, weil er sich an ihn gewöhnt habe. Maximilian gab mit kühler Herablassung, aber im Grunde nicht ungern nach; denn inzwischen waren ihm Zweifel aufgestiegen, ob er nicht doch einem Habsburger gegenüber, der des Kaisers Neffe war, ein wenig zu weit gegangen sei. Während der kirchlichen Zeremonie gab sich Ferdinand ausgelassenen Späßen über einen der Geistlichen hin, der augenscheinlich den Schnupfen hatte und seine rotgeschwollene Nase mit dem reichgestickten Unterärmel seines Gewandes putzte; aber wie der Hofmeister seine Lustigkeit nicht zu dämpfen vermochte, so gelang es ihm nicht, Maximilian zum Lachen zu bringen.

      An diesen Vorfall knüpfte sich ein langer, nicht unbeschwerlicher Briefwechsel zwischen Maximilians Vater, Herzog Wilhelm von Bayern, und dessen Schwester, der Erzherzogin Maria von Steiermark, Ferdinands Mutter, die sich herzlich liebten, obwohl die Heftigkeit der jüngeren Erzherzogin ihrem friedfertigen Bruder manche Nachgiebigkeit zumutete. Maria hielt ihre bayrische Familie für weit tüchtiger und verdienstlicher als die ihres Mannes, die sie im stillen herzlich verachtete; allein da ihre Kinder nun einmal Habsburger waren, trotzte sie auf deren Titel und Rechte und gebärdete sich sogar dem Herzog gegenüber zuweilen als die Höhere, deren Ansprüchen ein jeder zu weichen habe. Da von ihren fünfzehn Kindern die meisten kränklich und unbegabt waren, machte ihr die Erziehung viel zu schaffen, um so mehr, als sie bei ihrem Manne wenig Unterstützung fand, im Gegenteil seine Trägheit, Gleichgültigkeit und Leichtfertigkeit beständig durch ihren Ernst und ihre Tatkraft ersetzen mußte. Wenn sie bedachte, wie sie ihn stets hatte stoßen und treiben müssen, damit er den Anmaßungen seines Adels standhielt, wie sie hatte wehren müssen, wo er nachgeben wollte, wie sie mit Drohen, Keifen, Predigen und Intrigieren allem Gegenwirken der Stände zum Trotz Jesuiten und Kapuziner ins Land gebracht hatte, daß sie nunmehr allenthalben das wahre katholische Leben sprießen und um sich greifen sah, so mochte sie sich füglich von ihrer Wichtigkeit und Machtfülle durchdrungen fühlen. Auch hätte keines von ihren Kindern gewagt, ihr den Gehorsam zu weigern; aber