Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3). Ricarda Huch

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Название Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3)
Автор произведения Ricarda Huch
Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 4064066388812



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sie glaubten damit die Unterstützung derjenigen Macht gewonnen zu haben, deren herrlicher Triumph über die spanische Tyrannei noch frisch in aller Gedächtnis war. Der junge Friedrich ließ sich gern sagen, wie gut er nunmehr versorgt und für seine hohe Rolle ausgerüstet sei, wie weit er durch die königliche Verwandtschaft andere Fürsten überrage; doch waren ihm die schöne Braut, die vielfachen Annehmlichkeiten des Ehelebens, die Hochzeit und der Empfang zu Hause, der das Übliche an Pracht übertreffen sollte, zunächst wichtiger. Der verwöhnten Engländerin sollte das neue Reich am Rheine nicht armselig erscheinen, vielmehr sollte sie womöglich durch Überfluß überrascht werden. Ein mit farbigen Tüchern ausstaffiertes, von bunten Fahnen umflattertes, wie ein schwimmendes Schlößlein mit Gold- und Silberzeug eingerichtetes Schiff führte sie bis Mainz, wo ihr Gemahl, der ihr vorausgereist war, sie erwartete. Von allen pfälzischen Städten hatte ihr die Festung Frankenthal, welche als eine Kolonie aus Frankreich auswandernder Hugenotten von dem Kurfürsten Friedrich III. war gegründet worden, den schönsten Empfang bereitet. Aus einem rosigen Gewölk blühender Aprikosen- und Apfelbäume stiegen die grauen Mauern kantig hervor, hinter denen das heitere Städtchen voll zierlich gegiebelter Häuser in gepflegten Gärten sich barg. Wie wenn ein in Eisen gerüsteter Ritter das Visier öffnet und ein freundliches Jünglingsgesicht zwischen den dunklen Platten sichtbar wird, so überraschte das Bild der geschmückten Stadt die durch das Tor Einziehenden. Festliche Jugend überreichte der Königstochter ein von Frankenthals berühmten Goldschmieden angefertigtes Kleinod: eine große, von einem aus Saphiren und Smaragden bestehenden Stirnband, welches das Meer versinnbildlichte, herabhängende Perle, mit Anspielung auf Elisabeths Beinamen ›die Perle von England‹. Die Ehrenbogen, die über die Hauptstraße ausgespannt waren, trugen Bilder mit Inschriften, unter denen das wichtigste eine Darstellung des Seesieges der englischen Flotte über die von Philipp II. ausgesandte furchtbare Armada darstellte. Darüber waren die Worte geschrieben: ›Elisabeth rex‹, das heißt: Elisabeth König, und darüber: ›Deus flavit‹, das heißt: Gott blies. An dieser Pforte wurde der nunmehrigen Kurfürstin eine Anrede in deutscher Sprache gehalten, von welcher sie, des Deutschen unkundig, nichts verstand; auch hätte sie ohnehin, von herrlichen Gefühlen allzu ungestüm bewegt, den umständlichen Worten nicht folgen können. Auch ihr Name, das fühlte sie, konnte ein Zauberwort für die evangelischen Völker werden, hatte sie doch Kraft und Begeisterung genug; es sollte nur Feindeswut sich heranwälzen, ihr Herz würde wie ein Fels stehen und wie die Sonne Segen verbreiten, ohne je verdunkelt zu werden. Sie lächelte das Volk, das ihr zujubelte, verheißungsvoll an und wandte sich nach ihrem Gatten um, dessen Blicke verliebt an ihr hingen; nein, sie würde es niemals bereuen, daß sie, auf die Ansprüche ihrer königlichen Geburt verzichtend, eine Kurfürstin im Reiche geworden war. Wie ansehnlich ihres Mannes Stellung war, zeigte sich vollends in Heidelberg, als ihr seine Vasallen entgegenzogen, unter denen einige Fürsten und viele Grafen und Ritter waren. Diese Herren, als die Helden des Trojanischen Krieges ausstaffiert, begrüßten Elisabeth als die schöne Helena und geleiteten sie durch die Stadt den Hügel hinauf nach dem Schlosse, so daß es von weitem aussah, als werde eine riesenhafte Blumengirlande den verschlungenen Weg hinauf gewunden; staunend sah das gedrängte Volk die blanken Rüstungen, das prunkvolle Geschirr der Rosse, die flatternden Helmbüsche und Schärpen durch das frühlingshelle Grün der Gebüsche blitzen.

      Einige Jahre später heiratete die Schwester Friedrichs V. den jungen Kurprinzen von Brandenburg, Georg Wilhelm, wodurch diese beiden reformierten Häuser nahe miteinander verbunden wurden und gemeinsame Wirksamkeit desto natürlicher schien. Noch ein Hoffnungsstern ging den unierten Fürsten um diese Zeit im Norden auf, indem nach dem Tode König Karls IX. von Schweden dessen Sohn Gustav Adolf den Thron bestieg, dem das Gerücht trotz seiner Jugend heroische Neigungen und Tätigkeiten zuschrieb.

      Nachdem Karl IX. im Jahre 1611 gestorben war, übernahm sein Sohn Gustav Adolf nach Wahl der Stände die Regierung und ernannte alsbald seinen Erzieher und Freund, den um etwa zwölf Jahre älteren Grafen Axel Oxenstierna, zu seinem Minister. Als Knabe hatte er inniger einem anderen Lehrer, dem aus dem Volke stammenden Johann Skytte angehangen, der ihn mit den Sagen aus der Urzeit der nordischen Völker und mit den Geschichten seiner Vorfahren, der Wasa, das Herz so mächtig zu erschüttern wußte. Am liebsten ließ sich der junge Königssohn von seinem unglücklichen Oheim Erich erzählen, der im Wahnsinn, als Gefangener seines Bruders Johann und wahrscheinlich durch denselben ermordet, gestorben war: von der Unbändigkeit seines Wissensdranges und seiner Eroberungssucht; denn nicht nur hätte Schweden seiner unersättlichen Begier keine Genüge getan, sondern, erzählte Skytte, wenn die Erde sein gewesen wäre, würde er sich über die Sterne haben ausbreiten wollen; dann wie zuweilen eine uralte heidnische Wildheit in ihm aufgekocht sei, in der er nach Blut gelechzt habe wie ein Wolf, und wie er einmal in einer solchen Raserei die Sture, die ihm trotzten, mit eigenen Händen erschlagen habe; dann wie er voll Musik gewesen sei und ihrer so mächtig, daß in der Zeit seiner Gefangenschaft und seines Wahnsinns König Johann ihm die Laute habe fortnehmen lassen, damit die Süßigkeit seiner Gesänge nicht die Kerkermeister betöre.

      Es machte Skytte schweren Kummer, daß sein Zögling sich in den Jünglingsjahren mehr dem Oxenstierna anschloß, dem er als einem von Adel mißtraute und dessen Einfluß er für gefährlich hielt, weil er glaubte, daß er Gustav Adolf in seiner Neigung zu einer kriegerischen, weit ausgreifenden Politik bestärke. Nach seiner Meinung war es die Aufgabe eines schwedischen Königs, Frieden und Ordnung im Innern des Reiches herzustellen, wo der Adel ebenbürtig und auf die königliche Vorherrschaft eifersüchtig, wo die Städte arm und das Gewerbe unentwickelt sei, nicht aber, das so vielfach bedürftige Reich zu vergrößern. Gustav Adolf ließ es sich angelegen sein, Skyttes Empfindlichkeit zu beschwichtigen, und hatte darüber eine Unterredung mit ihm im Schloß, wo er sich etwa ein Jahr nach seiner Thronbesteigung während der Friedensverhandlungen mit Dänemark aufhielt.

      Er habe unrecht, begann er gegen Skytte, Oxenstierna zu mißtrauen, der ihn liebe und es treu mit ihm meine. Ja, sagte Skytte, indem er sich bedächtig seinen schwarzen gegabelten Bart strich, dessen Enden geflochten und von einer roten Schnur durchzogen waren, ja, so treu es ein Adliger mit seinem König meinen könne, dem er sich im Grunde überlegen fühle.

      Gustav Adolf zögerte einen Augenblick, dann lachte er und sagte, am letzten Ende sei es doch das Volk, das den König am wenigsten lieben könne; es halte nur zu ihm, solange der Adel es drücke.

      Wenn das wahr sei, sagte Skytte, sei es ein schlechtes Zeichen für die Könige. »Was willst du?« sagte Gustav Adolf, »sie sind nun einmal da, so wie Gott da ist. Möchtest du auch aus dem Himmel eine Republik machen? Einer muß die Zügel führen, und das werde ich tun trotz Oxenstierna.«

      Er wolle es glauben, erwiderte Skytte; aber der Mensch folge auch unbewußt dem Rat, der ihm beständig ins Ohr falle. Er wisse wohl, was Oxenstierna im Sinne habe: er wolle den König durch Krieg beschäftigen, damit sich der Adel daheim des Steuers wieder bemächtigen könne. Darum wecke er in Gustav Adolf die Erinnerung an das alte skandinavische Dreikönigreich und reize ihn gegen Dänemark, mit dem er es doch nicht aufnehmen könne.

      Nein, rief der junge König rasch und heftig aufspringend, wenn er es wissen wolle, so sei es umgekehrt. Er, ja er, hätte sich blind auf den König von Dänemark stürzen und ihn am liebsten mit den Händen erwürgen mögen, den aufgeblasenen Prahler, der sich erdreistet hätte, ihn mit seiner Flotte bis in das Schloß von Stockholm zu beunruhigen! Oxenstierna sei es, der ihm zurede und vorstelle, er müsse jetzt an sich halten, bis er seine Flotte verstärkt und ein tüchtiges Heer formiert und es im Kampfe mit schwächeren Feinden geübt habe. Er sei weder eine Puppe in Oxenstiernas Händen noch ein Schwächling, der sich vor dem König von Dänemark verkrieche, das wolle er seinerzeit beweisen!

      Skytte trat einen Schritt zurück und betrachtete nicht ohne Wohlgefallen die hohe und breite Gestalt des blonden Königsknaben, der auf ihn zugesprungen war und mit blitzenden Augen drohend vor ihm stand. »Es scheint zuweilen,« sagte er sinnend, »als hätte ein Geschlecht nur einen einzigen durch die Zeit sich streckenden Riesenleib; denn so, wie du jetzt vor mir stehst, denke ich mir deinen Oheim, den unglückseligen Erich Wasa.«

      »Und warum nicht?« sagte Gustav Adolf, »habe ich doch sein Blut in meinen Adern.«

      »Das Blut der Wasa«, sagte Skytte, die Stirn zusammenziehend, »fließt nicht wie