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des Volkes und Bestätigung des Königs gewählt sei. Es wurde unterstellt, daß er, da die letztere gar nicht nachgesucht sei, nicht Papst sein könne. In einem besonderen Briefe betonte der König zunächst die Anmaßungen des Papstes gegenüber den Bischöfen, dann erst, daß der Papst dem König gedroht habe, ihn der königlichen Gewalt zu berauben, »als ob die Königs- oder Kaiserkrone in deiner und nicht in Gottes Hand läge.« Er schloß den Brief mit dem pathetischen Zuruf: »Steige herab, steige herab und verlasse den angemaßten Stuhl des heiligen Petrus.« Gregors Antwort war der Bannstrahl und die Auflösung des Treueides, mit dem die Untertanen an den König gebunden waren. Heinrich lud nun die Bischöfe nochmals zu einer Synode durch ein Rundschreiben, in dem er sagte, Gregor habe sich das Königtum und Priestertum zugleich angemaßt und dadurch Gottes Ordnung verachtet, die nicht auf einem, sondern auf zwei Prinzipien, Königtum und Priestertum, beruhe.

      Inzwischen hatten sich bereits die Verhältnisse gegen den König gewendet: nicht nur, daß die Sachsen sich von neuem empörten, die Schwaben schlossen sich ihnen an, ja Herzog Rudolf von Schwaben ließ sich von den Heinrich feindlichen Fürsten bewegen, als Gegenkönig aufzutreten. Unter diesen Umständen fielen auch die Bischöfe, die eben noch mit dem König zusammen den Papst abgesetzt hatten, vom König ab und erklärten dem Papst ihre Unterwerfung. Die abtrünnigen Fürsten forderten Gregor auf, als Schiedsrichter über die Alpen nach Augsburg zu kommen; den König erklärten sie für abgesetzt, wenn er nicht binnen Jahresfrist vom Banne befreit sei.

      Von allen verlassen, außerstande, das Glück der Waffen zu versuchen, faßte Heinrich den kühnen Entschluß, über die Alpen zu gehen und den Papst zur Zurücknahme des Bannes zu bewegen, um dadurch zu verhindern, daß der Abfall der Fürsten durch den Papst bündig gemacht werde. Es war mitten im Winter und die Kälte so groß, daß der Rhein vom November bis zum April zugefroren war; der Übergang über den Jupiterberg, wie der Mont Cenis im Mittelalter genannt wurde, immer schwierig, war so ein Wagnis und ein Schrecken. Aber der König erreichte sein Ziel und überraschte den Papst, der, auf dem Wege nach Deutschland, als er die Nachricht von Heinrichs Ankunft vernahm, ungewiß, was sein Feind vorhabe, sich auf die feste Burg Canossa zurückgezogen hatte. Die zahlreichen Gegner Gregors in Italien hofften, der König komme, um den Papst abzusetzen; aber das glaubte er auf eine gelegenere Zeit verschieben zu müssen; im Augenblick konnte er seinem Feinde eine Niederlage nur beibringen, indem er sich ihm unterwarf. Die Voraussetzungen des Christentums waren so, daß der Papst einem reuigen Sünder die Lossprechung vom Banne nicht versagen konnte. Man sah ihm nicht ins Herz; es war die Kehrseite der kirchlichen Äußerlichkeit, daß die festgesetzten äußeren Zeichen der Reue als solche gelten gelassen werden mußten. Indem Heinrich als Büßer erschien, zwang er den Papst, ihn wieder in den Schoß der Kirche aufzunehmen. Den Papst tröstete über das ertrotzte Zugeständnis der innere Vorbehalt, daß der König zwar vom Banne befreit, aber nicht als König wieder eingesetzt sei, während der König zufrieden war, die augenblickliche Gefahr beseitigt zu haben. Nachdem Gregor die Lösung vom Banne ausgesprochen hatte, gaben sich Papst und König den Friedenskuß.

      Eine furchtbare Pause starrte zwischen den Gewitterschlägen des Riesenkampfes. König und Papst, der germanische und der römische Weltherrscher, standen sich Auge in Auge gegenüber, die Brust voll Haß und Rache, aber gelähmt durch das Bewußtsein, untrennbar miteinander verbunden zu sein. Sie waren nicht zwei Herrscher, von denen jeder des anderen Reich besitzen, von denen jeder den anderen vernichten möchte, sie waren unlöslich miteinander verwachsen und ineinander verbissen, und immer wieder kamen Augenblicke, wo ihnen das klar wurde. Der Papst begründete seinen weltlichen Besitz auf Schenkungen der Kaiser, die Kaiser empfingen ihre Krone in Rom durch den Papst, die Völker sahen zu ihnen beiden als zur Spitze der Christenheit auf; sie waren aufeinander angewiesen und konnten höchstens durch einen Personenwechsel vorübergehend zu gewinnen hoffen. Beide waren mächtig, wenn auch auf verschiedene Weise: dem Papst gehörte nur eine kleine Provinz, aber er herrschte über die religiösen Gefühle und Gedanken aller Christen, und sein Thron stand auf den Trümmern der alten Weltstadt Rom; der König war der Anführer der deutschen Ritter, die an die Stelle römischer Legionen getreten waren, aber ihm gehörte nur, was er sich durch eigene Kraft unterwarf. Beide konnten sich gegeneinander ihrer Macht nur soweit bedienen, als sie nicht sich selbst dadurch verletzten.

      Heinrich, der seine hohe Gestalt und sein blondes Haupt vor dem häßlichen kleinen Mönchspapst gebeugt hatte, blieb im Herzen unbeugsam. Während der Papst im geheimen die Krönung des Gegenkönigs betrieb, trat er als rechtmäßiger König auf und hoffte auf einen Waffensieg über die Gegner. Rudolf fiel in der Schlacht und wurde in Merseburg begraben; schon vorher hatte Heinrich einen treuen Anhänger, den Grafen Friedrich von Büren, zum Herzog von Schwaben erhoben und dem bis dahin in bescheidenen Verhältnissen lebenden jungen Mann seine Tochter Agnes zur Frau gegeben. Nachdem Gregor den König von neuem exkommuniziert hatte, erklärte Heinrich auf einer Synode in Brixen mit mehreren Bischöfen in maßloser Sprache und unter ungeheuren Beschuldigungen Gregor für abgesetzt und Bischof Wibert von Ravenna zum Papst. Dann zog er nach Italien, erkämpfte sich den Einzug in Rom, wo ein Teil der Bevölkerung ihm anhing, und ließ sich von Wibert zum Kaiser krönen. Gregor wäre verloren gewesen, hätte er sich nicht den Beistand der Normannen gesichert gehabt, die in Unteritalien nach Verdrängung der Griechen und Sarazenen ein Reich gebildet und vom Papst zu Lehen genommen hatten. Wie einst die Päpste bei den Franken Schutz gegen die Langobarden gesucht hatten, so suchten sie jetzt gegen die zu Nachbarn gewordenen Deutschen Schutz bei den neu eingedrungenen Barbaren, die ihre Eroberung gern durch die Anerkennung von seiten einer rechtmäßigen Macht stützten. Obwohl Heinrich bedeutende Erfolge errungen hatte, ging in Deutschland und in Italien der Kampf weiter. Die großen grundsätzlichen Gegensätze, die ausgesprochen waren, zogen wie weithin sichtbare Fahnen Anhänger an sich und zwangen jeden, Partei zu nehmen. Streitschriften wurden gewechselt, die zwar lateinisch verfaßt waren, deren Inhalt sich aber doch auch unter den Laien verbreitete.

      Die italienischen Bischöfe waren dem Kaiser im allgemeinen anhänglicher als die deutschen. Viele von ihnen waren Deutsche, allein der scharfsinnigste und folgerichtigste unter ihnen, Benzo von Alba, scheint ein Süditaliener, vielleicht griechischer Abkunft gewesen zu sein. Er brachte die Ansichten der älteren Bischöfe, die nicht daran zweifelten, daß der König das Recht habe, die Bischöfe einzusetzen, in eine zusammenhängende Theorie. Da die Bischöfe vom Könige weltliche Lehen empfingen, schuldeten sie ihm Gehorsam, begleiteten sie ihn doch auch wie andere Vasallen auf seinen Feldzügen als Anführer der Kriegsleute, die sie ihm zu stellen hätten. Da nun alle Bischöfe einander gleich seien, sagte Benzo, stehe auch der Papst unter dem Kaiser, und wenn er den Papst nicht einsetze, so dürfe doch wenigstens ohne seine Zustimmung kein Papst konsekriert werden. Über dem Kaiser stehe nur Gott, verglichen mit dem Kaiser wären alle Könige der Erde nur kleine Provinzkönige. Damit diese mystische Königsmacht eine irdisch sichere Grundlage bekomme, machte Benzo den merkwürdigen Vorschlag, eine allgemeine Steuer zu erheben, die den Kaiser in den Stand setzen würde, Beamte anzustellen und Söldner zu unterhalten, so daß er von seinen Lehensleuten unabhängig würde. Das Beispiel für eine solche Einrichtung fand er in Unteritalien, wo ähnliche Einrichtungen aus der römischen Zeit sich erhalten hatten. Kaum hätte ein derartiger Vorschlag in Deutschland unter Deutschen gemacht werden können, die jede Auflage von Steuern als einen unerträglichen Angriff auf die Rechte des freien Mannes betrachteten. Vielleicht erklärt sich auch daraus, daß die Idee des zentralisierten Staates sich in Italien erhalten hatte, die Anhänglichkeit der italienischen Bischöfe an den Kaiser.

      Einer der namhaftesten Verfechter des Kaiserrechtes in Deutschland, Walram von Naumburg, suchte auch dem Papst gerecht zu werden. Einigkeit zwischen Kaiser und Papst müsse herrschen, sagte er, da beide über das Reich gesetzt wären, in die weltliche Herrschaft aber habe der Papst sich nicht zu mischen. Der Kaiser sei unabsetzbar, dem Papst bestritt er das Recht, die Untertanen vom Treueid zu lösen und dadurch eine Spaltung herbeizuführen. Die Bestimmung des Papstes, der Nachfolger Christi zu sein, wurde herangezogen, um ihm das Entzünden von Kriegen zum Vorwurf zu machen.

      Die Anhänger des Papstes beriefen sich auf das Recht des Volkes, den König zu wählen, was das Recht, ihn abzusetzen, in sich schließe. Der Chorherr Manegold von Lautenbach beleuchtete das Vernunftgemäße dieses Rechtes, indem er darauf hinwies, daß jeder Verständige einen Schweinehirten, der die Herde nicht hütete, sondern