Название | Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Ricarda Huch |
Жанр | Философия |
Серия | |
Издательство | Философия |
Год выпуска | 0 |
isbn | 4064066388829 |
Der Krieg im Reich
Der Krieg war in Böhmen beendet, nicht aber, soweit er das Reich betraf. Maximilian hatte sich als Lohn für seine Hilfe erstens die Übertragung der pfälzischen Kur auf die bayrische Linie ausgebeten, zweitens das pfälzische Land. Als Sicherheit für die aufgewendeten Kriegskosten nahm er das unterworfene Oberösterreich in Verwaltung, das er dem rechtmäßigen Herrn zurückzugeben versprach, wenn ihm die Pfalz eingeräumt würde. Auf die Unterpfalz erhob außerdem Spanien Anspruch; es wollte sie mit dem Elsaß zu einer durch einen spanischen Prinzen zu regierenden Provinz zusammenfassen. Um den flüchtigen Pfalzgrafen seines Landes berauben zu können, mußte der Kaiser ihn zunächst ächten; aber es war fraglich, ob er das ohne die Zustimmung der Kurfürsten bewerkstelligen könne und ob sie zustimmen würden. Johann Georg von Sachsen und sein Hofprediger Hoë hätten es dem Calvinisten gegönnt; aber es war vorauszusehen, daß von den anderen dieser oder jener sich des Standesgenossen annehmen würde. König Nobel war wieder einmal in großer Verlegenheit zwischen seinen Brauns und Isegrims. Bei dem abgeschlossenen Charakter Maximilians war keine Aussicht, daß er sich erweichen oder etwas abfeilschen lassen würde. So entschloß sich denn Ferdinand den Akt der Ächtung, von dem er wußte, daß er etwas absonderlich Veraltetes hatte wie der päpstliche Bann, mit dem alten Gepränge in der Wiener Burg zu vollziehen; er ächtete gleichzeitig den Markgrafen von Jägerndorf, den Fürsten von Anhalt und den Grafen von Hohenlohe, die dem Pfalzgrafen kriegerischen Beistand geleistet hatten. Dies eigenmächtige Vorgehen des Kaisers machte keinen guten Eindruck im Reich; vollends mit der gänzlichen Beraubung auch der Erben des Pfalzgrafen waren selbst die Katholiken nicht einverstanden. Den Gesetzen nach wären bei öffentlichen Vergehen eines Fürsten seine Rechte auf etwa schuldlose Nachfolger übergegangen. So weit indessen ging die Teilnahme doch nicht, daß ein Reichsstand mit den Waffen für den Vertriebenen eingetreten wäre: die Union, deren Aufgabe es am ersten gewesen wäre, löste sich auf, nachdem die Reichsstädte sich zurückgezogen hatten. Der Krieg wäre erloschen gewesen, die Pfalz widerstandslos der bayrischen und spanischen Eroberung preisgegeben, wenn nicht Mansfeld, der mit seinem Heer noch Pilsen und einige andere böhmische Orte besetzt hielt, die Sache des Geächteten zu verteidigen beschlossen hätte. Dieser stolze Bettler wollte das Unternehmen, an das er sein Talent und seine Kraft gesetzt hatte, nicht im Augenblick des Verlustes aufgeben. Das Heer war sein einziger Besitz; es war eine bessere Rechnung mit demselben das Spiel noch einmal zu wagen, als es unentlohnt zu entlassen. So trat er in den Dienst des ebenso besitzlosen Friedrich, der weder König von Böhmen noch Kurfürst von der Pfalz mehr war. Zu ihm gesellte sich ein anderer Heerführer, vielleicht durch sein Beispiel gelockt, Christian von Braunschweig, protestantischer Bischof von Halberstadt, Bruder des regierenden Herzogs Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel. Ihn bewog, wie er angab, Zuneigung für seine Base Elisabeth, Friedrichs Gattin, mehr aber wohl sein Haß der katholischen Partei und seine Lust am Wagnis und Abenteuer. An Kühnheit war er Mansfeld gleich; was ihn charakterisierte und was seinen Taten und Untaten einen persönlichen Reiz verleiht, war ein Hang zu knabenhaften Streichen, wilder Humor und stolzer Übermut. Eine Münze ließ er prägen mit der Umschrift: »Gottes Freund, der Pfaffen Feind«, eine andere, nachdem ihm der Arm abgenommen war, mit der Umschrift: » altera restat«, wenn er dem Kaiser schrieb, er führe das Kommando über ein Reiterregiment in der Pfalz, zu seinem Bedauern erfahre er, daß das dem Kaiser nicht angenehm sei, hätte er es vorher gewußt, würde er das Kommando abgelehnt haben, jetzt könne er nicht mehr zurück, der Kaiser möge ihm das nicht übelnehmen, er hoffe, ihm später einmal seinen Degen anbieten zu können; so glaubt man die jungen Augen bei diesen herausfordernden Naivitäten blitzen zu sehen. Kein Flehen der Mutter, deren Liebling er war, hielt ihn zurück, von der Gefahr verlockt, sprengte er davon, fast immer unglücklich im Gefecht, aber niemals entmutigt. Mansfeld und der Braunschweiger wären miteinander vielleicht dem Gegner gewachsen gewesen; aber ein Zusammenwirken zweier eigenwilliger Generale war, wie so oft in ähnlichen Fällen, nicht möglich. Auch verhinderte die Schwierigkeit der Ernährung die Ansammlung von Massen; das oft seltsame Hin- und Herziehen der Heere erklärt sich daraus, daß, nachdem eine Gegend ausgesogen war, eine andere möglichst unberührte aufgesucht werden mußte. Ein dritter Beschützer der unglücklichen Sache war Markgraf Georg Friedrich von Baden, ein aufrichtiger Protestant, den die Sorge um das gefährdete Bekenntnis antrieb. Damit nicht, im Fall er geächtet würde, seine Güter und Rechte seinem Hause abgesprochen würden, übergab er, ehe er auszog, die Regierung seinem Sohne. Er hatte sich vor Jahren im Türkenkrieg hervorgetan und verfügte über ein verhältnismäßig großes, gut ausgerüstetes Heer, in dem einige tausend reformierter Schweizer mitkämpften; in der Schlacht bei Wimpfen am Neckar wurde er von Tilly und den Spaniern vollständig geschlagen. Nachdem Friedrich von der Pfalz, um die Versöhnung mit dem Kaiser zu ermöglichen, Mansfeld und Christian aus seinem Dienst entlassen hatte, schien wiederum der Krieg beendet zu sein. Denn wenn die beiden Abenteurer auch ihr Wesen auf eigene Faust weitertrieben, erst den Holländern gegen Spanien Hilfe leisteten, dann Niedersachsen beunruhigten, war doch vorauszusehen, daß die ligistische Armee unter Tilly mit ihnen fertig werden würde. Inzwischen aber hatten die ausländischen Gegner Spaniens und Österreichs sich zum Widerstande gesammelt.
Da aus der spanischen Heirat nichts geworden war, schloß sich Jakob I. der antispanischen Politik seines Volkes an und verbündete sich im Jahre 1625 im Haag mit Holland und Dänemark zur Bekämpfung Spaniens und zur Wiedereinsetzung seines Schwiegersohnes, des Pfalzgrafen, in seine Länder und Rechte. Frankreich nahm seine frühere antihabsburgische Politik wieder auf, zum Teil dadurch gereizt, daß Spanien ins Veltlin eingedrungen war und die bündnerischen Pässe in seine Gewalt bekommen hatte. Zwar schloß sich Frankreich dem englisch-holländischen Bunde nicht offen an, unterstützte aber die Sache, die er vertrat, heimlich mit Geld. Für die kriegerische Leistung kam außer Mansfeld und Christian, die nunmehr in den Dienst der Verbündeten traten, neben Gustav Adolf von Schweden Christian von Dänemark in Betracht. Man einigte sich auf ihn, der mit Jakob I. verwandt war und als Herzog von Holstein und Inhaber der Stifte Bremen und Schwerin eine Basis im nördlichen Deutschland hatte. Auch stellte er günstige Bedingungen, da er, eifersüchtig auf Schweden, einer Einmischung desselben und etwaiger Festsetzung an der deutschen Küste vorbeugen wollte. Christian leitete seinen Eintritt in die antikaiserliche Opposition dadurch ein, daß er sich zum Obristen des niedersächsischen Kreises ernennen ließ, was freilich nicht alle Stände guthießen, da es der Kaiser als Kriegserklärung von seiten der Kreisfürsten auffassen mußte. Er war ein Fürst tätigen Geistes, der alles großartig auffaßte und betrieb, Entdeckungsreisen in den äußersten Norden unternahm und gern sein Land zu der wirtschaftlichen Bedeutung Hollands erhoben hätte. Als Kriegsmann hatte er im Kampfe mit Schweden Ansehen erworben, und die Stände seines Landes waren bereit, ihn im Kriege reichlich zu unterstützen.
Angesichts des sich im Norden erhebenden Feindes empfand es Kaiser Ferdinand bitter, daß er über kein eigenes Heer verfügte. Das ligistische, von Tilly geführte, stand unter dem Befehl Maximilians von Bayern; die Abhängigkeit von seinem ernsthaften Vetter drückte ihn mehr und mehr. Geld, sich ein Heer aufzurichten, hatte er nicht; auch in dieser Hinsicht war er auf den sparsamen Maximilian angewiesen. Da machte ihm ein böhmischer Edelmann das Anerbieten, aus eigenen Mitteln eine Armee für den kaiserlichen Dienst zu werben. Albrecht von Waldstein