Название | Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) |
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Автор произведения | Thomas Meyer |
Жанр | Медицина |
Серия | |
Издательство | Медицина |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783170368439 |
15 Gibt es Häufigkeitsunterschiede der ALS in Deutschland?
Innerhalb von Deutschland sind keine wesentlichen Häufigkeitsunterschiede z. B. ein Nord-Süd- oder Ost-West-Gefälle bekannt. Ein regionales Risiko im Sinne einer geografischen Häufung ist nicht vorhanden. Das erste systematische ALS-Register in Deutschland untersucht die Region »Schwaben« in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg. Hier zeigt sich, dass keine vollständige »Gleichverteilung« des ALS-Vorkommens besteht. So sind Kommunen mit einer größeren ALS-Häufigkeit dokumentiert, während andere Gemeinden (auch in unmittelbarer Nachbarschaft) eine geringere Häufigkeit aufweisen. Die Ursachen dafür sind noch weitgehend unverstanden. Außer einer statistischen Ungleichverteilung sind auch methodische Effekte zu diskutieren. Insgesamt sind diese regionalen und lokalen Unterschiede relativ gering.
16 Gibt es in Deutschland ein ALS-Register?
Ein bundesweites ALS-Register ist nicht vorhanden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat ein lokales Register der Region »Schwaben« gefördert, das definierte Flächen der Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg erfasst. Die Daten werden im Institut für Epidemiologie und der Klinik für Neurologie der Universität Ulm erfasst und ausgewertet. Weiterhin bestehen regionale Register in Nordrhein-Westfalen sowie in Rheinland-Pfalz, die jeweils von ALS-Zentren organisiert werden und ALS-Patienten der jeweiligen ALS-Ambulanz systematisch erfassen. Weitere Erkenntnisse werden durch Daten der Versorgungs- und Forschungsplattform »Ambulanzpartner« gewonnen, die nicht den formalen Status eines Registers trägt, aber mehr als 20 % aller ALS-Patienten in Deutschland in überregionaler Weise erfasst. Damit ist dieses Netzwerk die umfangreichste Datenerfassung für ALS-Erkrankungen in Deutschland. Auch im internationalen Vergleich sind bisher nur wenige ALS-Register etabliert. Allein in den Niederlanden ist eine nationale Erfassung aller ALS-Patienten bekannt. Die Erklärung liegt in der Zentralisierung des Gesundheitswesens und der Versorgungsstrukturen in den Niederlanden und der deutlich geringeren Bevölkerungszahl in dem genannten Land. Mit mehr als 100 gesetzlichen Krankenversicherungen, einer komplexen Struktur der Wissenschafts- und Versorgungslandschaft sowie der Selbstverwaltung von ärztlicher Versorgung ist in Deutschland eine Zentralisierung nach niederländischem Vorbild kaum realisierbar. In Deutschland liegt die Chance bei der Digitalisierung der Versorgungsprozesse in internet-basierten Strukturen, sodass auf diesem Weg eine Zusammenführung von Patientendaten möglich sein wird.
17 Warum ist die ALS in Deutschland relativ unbekannt?
Die ALS gehört mit zehn Betroffenen pro 100.000 Einwohner zu den häufigen Erkrankungen innerhalb der Gruppe der »seltenen Erkrankungen«. Trotz der relativen Häufigkeit ist die ALS in Deutschland recht unbekannt. Die geringe Bekanntheit der ALS ist mit den Besonderheiten der Erkrankung verknüpft: Aufgrund der Einschränkung in Mobilität und Kommunikationsfähigkeit ist es für die Betroffenen eine besondere Herausforderung, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Auch die Angehörigen der Betroffenen sind durch die pflegerische und psychosoziale Belastung nur mit großen Einschränkungen in der Lage, eine politische Arbeit zugunsten der ALS zu leisten. Die Anzahl der ALS-Neurologen ist in Deutschland ebenfalls sehr klein, sodass die von den ALS-Zentren ausgehende gesellschaftliche Aktivität für eine breite Aufmerksamkeit noch zu gering ist. Erst ab dem Jahr 2002 ist durch die Erkrankung des Künstlers Jörg Immendorff und des Fußball-Bundesligaprofis Krysztof Nowak (VfL Wolfsburg) die Erkrankung in die mediale Öffentlichkeit gerückt. Gemeinsam mit der Charité hat Jörg Immendorff die Öffentlichkeit gesucht, um in Charity-Aktionen, Talkshows und künstlerischen Aktionen auf die ALS aufmerksam zu machen. So unterstützte er im Jahr 2004 die Theaterproduktion »Theater ALS Krankheit«, die von Christoph Schlingensief an der Berliner Volksbühne inszeniert wurde und zu einer weiteren öffentlichen Wahrnehmung der ALS beigetragen hat. In den weiteren Jahren sind mehrere Fernseh- und Spielfilme entstanden, bei der die ALS ganz im Vordergrund stand: »Sterne leuchten auch am Tag« (2004), »Hin und weg« (2014) und »Herbert« (2016). Auch in internationalen Kino-Produktionen wurde die ALS mehrfach thematisiert: »Die Entdeckung der Unendlichkeit« (2014) und »Das Glück an meiner Seite« (2014). Durch die gesellschaftlichen Aktivitäten von Künstlern, Prominenten und Filmschaffenden ist es gelungen, die Wahrnehmung zugunsten der ALS in Deutschland deutlich zu erhöhen. Ein wichtiges Ereignis war im Sommer 2014 die internationale »Eiskübel-Aktion« (englisch: Ice Bucket Challenge). Es handelte sich um die bis dahin größte Spendenaktivität in sozialen Netzwerken, in der – ermöglicht durch »virale« Effekte des Internets – eine weltweite Spendensumme von mehr als 100 Millionen Euro aufgebracht werden konnte. Zugunsten der ALS-Ambulanz der Charité haben mehr als 34.000 Spender eine Gesamtsumme von 1,6 Millionen Euro gespendet. Neben den dringend erforderlichen Spenden wurde auch eine hohe gesellschaftliche Aufmerksamkeit in den traditionellen Medien (Fernsehen, Print-Medien) erreicht. Damit gehört die ALS zu den bekanntesten unter den seltenen Erkrankungen.
III Fragen zur Diagnosestellung
18 Wie sicher ist die Diagnose einer ALS?
Die Diagnose einer ALS ist bei der Mehrheit der Betroffenen mit hoher Sicherheit zu stellen. Die Diagnose beruht auf der Anamnese (Arzt-Patienten-Gespräch zur Ermittlung der Krankengeschichte, aus der die genaue Abfolge der Symptome und Beschwerden hervorgeht), dem neurologischen Untersuchungsbefund (körperliche Untersuchung durch einen Facharzt für Neurologie) und der elektrophysiologischen Diagnostik (Elektroneurografie,