Constanze Manziarly. Stefan Dietrich

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Название Constanze Manziarly
Автор произведения Stefan Dietrich
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783957237132



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Diese falsche Behauptung zieht sich durch nahezu die gesamte Führerbunker-Literatur. Vielleicht kam irgendwann im Kollegenkreis ihre Konfession zur Sprache und das führte, zusammen mit dem exotisch klingenden Namen, zu der falschen Assoziation, ihr Vater sei Grieche. Tatsächlich waren beide Eltern österreichische Staatsbürger, der Vater in Wien aufgewachsen, die Mutter stammte aus Baden bei Wien.

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       Die Frauenoberschule bei den Ursulinen in Innsbruck, die Constanze und ihre Schwester besuchten

      Im provinziellen Innsbruck der Nachkriegszeit führte die Familie ein beschauliches bürgerliches Leben. Die Auflösung der k. u. k. Monarchie, der Sturz des Kaisers und die Reduzierung Österreichs auf einen Kleinstaat mit republikanischer Staatsform und erheblichen wirtschaftlichen Problemen dürften zwar auch an den Manziarlys nicht spurlos vorübergegangen sein, doch lebte die Familie in materiell gesicherten Verhältnissen. Im Krisenjahr 1929 kaufte der Vater in der Tiroler Hauptstadt sogar eine ansehnliche Villa, die zum Familiensitz wurde. Von den Obstbäumen im großen Garten und den Problemen bei der Obsternte ist später in den Briefen Constanzes mehrfach die Rede.

      Man legte Wert auf eine gediegene Ausbildung der Töchter. Beide besuchten nach der Volksschule die Frauenoberschule bei den Ursulinen in Innsbruck. Bei Constanze entdeckte man eine besondere musikalische Begabung, die die Eltern – die Mutter war Pianistin – nach Kräften förderten. Der Vater wird als streng und autoritär, mitunter despotisch beschrieben, wurde aber von seinen Töchtern, um deren Wohlergehen und Fortkommen er sichtlich besorgt war, sehr geliebt. Das beweisen nicht zuletzt auch Constanzes herzliche Briefe. Seine politische Haltung war laut der Aussage von Verwandten, seinem Milieu entsprechend, konservativ-monarchistisch.

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       Die einstige „Höheren Staatslehranstalt für hauswirtschaftliche und gewerbliche Frauenberufe“ in Innsbruck (Heute: Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe)

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       Klassenraum der „Höheren Staatslehranstalt für hauswirtschaftliche und gewerbliche Frauenberufe“ in Innsbruck, 1939

      1937 starb die Mutter Anna Manziarly fünzigjährig an Krebs. Nun kümmerten sich die Töchter um den Haushalt in der elterlichen Villa. Auch die Haushaltsführung ist ein Thema, das später in den Briefen immer wieder eine Rolle spielt.

      Im März 1938 kam es zum „Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland, der auch in Innsbruck völlig neue Verhältnisse schuf. Wie ein Schreiben der NS-Frauenschaft des Innsbrucker Stadtteils Wilten-Ost belegt, wurde Constanze Manziarly nach dem Machtwechsel Mitglied im Bund deutscher Mädel (BDM) und dann in die Jugendgruppe der NS-Frauenschaft „überstellt“. Ihr Eintritt in den BDM ist nicht überraschend, herrschte doch seit 1936 Mitgliedspflicht in dieser NS-Jugendorganisation. Angesichts ihres ausgeprägten politischen Desinteresses, von dem noch die Rede sein wird, und des Fehlens jedes weiteren Hinweises auf eine aktive Betätigung in NS-Organisationen wird man wohl annehmen dürfen, dass es sich dabei nicht um den Ausdruck überzeugter Anhängerschaft handelte, sondern eher um eine Loyalitätsgeste gegenüber dem herrschenden Regime – eine Mitgliedschaft, die man wählte, um in Ruhe gelassen und im Fortkommen nicht behindert zu werden. Im eben „angeschlossenen“ Österreich fanden damals viele Menschen – auch jene, die keine fanatischen Anhänger der neuen Obrigkeit waren – rasch Wege, sich mit dieser zu arrangieren. Doch schon bald griffen die neuen Machthaber nachdrücklich in das Leben der inzwischen 19-jährigen Constanze ein. 1939 wurde sie zum Reichsarbeitsdienst einberufen. Diese vom Regime für alle jungen Erwachsenen eingeführte Dienstverpflichtung absolvierte sie vom Juli 1939 bis zum März 1940 auf einem Bauernhof im vierzig Kilometer von Innsbruck entfernten Barwies, einem Ortsteil der Landgemeinde Mieming. Dass dieser Einsatz für die klavierspielende und gebildete „höhere Tochter“ aus dem städtischen Bildungsbürgertum nicht ganz einfach war, illustriert eine Begebenheit, die ihre Schwester Susanne erzählte: Als der Vater Constanze eines Tages in Barwies besuchte, traf er sie dabei an, wie sie sich abmühte, ein Ochsengespann samt Fuhrwerk über ein Feld zu führen. Nach der Unterbrechung durch den Reichsarbeitsdienst ging Constanze daran, ihre Ausbildung abzuschließen und hatte dabei ein klares Berufsziel vor Augen: Sie wollte Hauswirtschaftslehrerin werden. Dabei galt ihr besonderes Interesse der Ernährungslehre. Um diesen Berufswunsch zu verwirklichen, besuchte sie ab September 1940 die Staatliche Bildungsanstalt für Hauswirtschaftslehrerinnen in Innsbruck und schloss diese im Juni 1942 mit der Reifeprüfung ab, die sie mit Auszeichnung bestand. Der theoretischen Ausbildung folgte ein Jahr als Lehramtsanwärterin an der Innsbrucker Höheren Staatslehranstalt für hauswirtschaftliche und gewerbliche Frauenberufe, Abteilung Hauswirtschaftsschule – der „Ferrarischule“, an der sie wenige Jahre zuvor selbst Schülerin gewesen war. Bereits in der zweiten Hälfte des Probejahres wurde Constanze, wohl auch wegen des kriegsbedingten Lehrkräftemangels, als Hilfslehrerin angestellt. Ein Schreiben der Direktion bestätigt, dass die Junglehrerin in diesem zweiten Halbjahr mit „Fleiß und Pflichtbewußtsein“ und „teilweise selbständig“ unterrichtet habe. Sogar das durchaus beachtliche Unterrichtspensum ist nachzulesen. Es bestand aus zwanzig Wochenstunden im Fach Kochen, weiter vier Stunden Hauswirtschaftliche Übung, drei Stunden Gesundheitslehre sowie je eine Stunde Haushaltungskunde, Ernährungslehre und Hauswirtschaftslehre.

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       Constanze Manziarly in Reichsarbeitsdienst-Uniform, 1939 oder 1940

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       Lehrbefähigungszeugnis von Constanze Manziarly, ausgestellt am 30. Juli 1943

      Als das Schuljahr im Juli 1943 zu Ende ging, war nicht daran zu zweifeln, dass Constanze im Begriff war, eine erfolgreiche und engagierte Junglehrerin zu werden.

      3Schröder/Joachimsthaler, S. 146

      4Diese und weitere hier wiedergegebene Einzelheiten über den Ausbildungsweg gehen aus der Personalakte Constanze Manziarlys hervor, die sich im Archiv der Innsbrucker „Ferrarischule“ befindet. Ergänzt wurden die Angaben von Constanzes Schwester Susanne Schiessl (1918-2014).

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