Название | Verbot, Verfolgung und Neubeginn |
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Автор произведения | Helmut Reinalter |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Quellen und Darstellungen zur europäischen Freimaurerei |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783706561495 |
Da Dr. Lewis nach Budapest übersiedelte, musste die Polizei ihn kontaktieren, um weitere Informationen über die Freimaurerei zu erhalten. Ein Konfident der Wiener Polizeidirektion erhielt den Auftrag, eine Verbindung mit Lewis herzustellen. Lewis war bereit, diesen Konfidenten in seine Absichten und Ziele einzuweihen. Der Wiener Polizeidirektor Hofrat von Strobach legte am 3. Oktober 1868 dem Ministerium für Landesverteidigung und öffentliche Sicherheit zwei Berichte über die Freimaurerei vor, nämlich das Aufnahmezeremoniell in den Freimaurerorden und Informationen des Vertrauensmannes der Polizei, die dieser auf einer Reise nach Leipzig von Lewis erhalten hatte.155 Die Berichte des Konfidenten enthielten neben einigen Tatsachen bewusst falsche Informationen, um ein Eingreifen der Polizei besser begründen zu können und das Interesse der Auftraggeber zu steigern. In einem der Berichte stellte der Konfident fest, dass er von Lewis den Zweck der Freimaurerei erfahren habe. Das Ziel der Freimaurerei sei ein politisches und gleiche in vielem dem Jesuitenorden, „obschon sie beide einander feindlich seien. Humanität, Bruderliebe, Kosmopolitismus seien nur das Aushängeschild, da aber diese Ideen ohne völlige Gleichheit aller Menschen nicht realisiert werden können, so müsse die Freimaurerei notwendig auf den Sturz der Throne, auf eine demokratische Republik hinarbeiten. Man suche Protektion, in dem man z.B. Könige zu Mitgliedern mache, doch diesen sei das Nähere der Freimaurerei nicht bekannt.“156 Der Konfident spitzte hier seine Kritik an der Freimaurerei zu, in dem er ganz im Sinne der Polizei eine Verschwörungstheorie konstruierte. Laut Mitteilung des Konfidenten habe ihn Lewis zum Hauptagenten für Wien vorgeschlagen. Zweck der Reise nach Leipzig war die Frage, „von welcher Großloge die zu gründenden österreichischen Logen ihre Konstitution nehmen sollten“?157 Der Konfident konnte auch die Namen einiger Wiener Freimaurer herausfinden und die Namen an die Polizei weiterleiten. Nach Leipzig erhielt der Hauptagent von Lewis ein vollständiges Verzeichnis der Wiener Freimaurer und traf mit ihm folgende Vereinbarung:
„1. dass er in Vollmacht des Dr. Lewis bei der Regierung die nötigen Schritte zur Errichtung einer Loge tun werde,
2. dass keine neue Loge begründet, sondern die im Jahre 1849 sistierte L. „Zum hl. Josef “ reaktiviert werde;
3. dass Anzeige bei der Regierung zu machen sei sobald eine entsprechende Anzahl Freimaurer in Wien ihren Beitritt erklärt haben werden;
4. dass die L. „Zum hl. Josef “ sich als österreichische Großloge erklärt.“158
Der erwähnte Konfident war bei seinen Nachforschungen sehr erfolgreich und konnte sehr viel Material zusammentragen. Ziel war, die Gründung einer Loge in Österreich zu verhindern und alle österreichischen Freimaurer unter Polizeiaufsicht zu stellen. Im Jahre 1904 wurde in der freimaurerischen Agenda der Schriftsteller und Journalist Ernst Viktor Zenker wieder aktiv, sodass erneut ein für die Freimaurerei akzeptabler Statutenentwurf für eine Loge bei den Behörden eingereicht wurde. Diese Initiative erfuhr eine Ablehnung, sodass Zenker einen Rekurs beim Reichsgericht einreichte, der aber erfolglos blieb. „Diese Misserfolge waren nicht nur auf die exklusiven freimaurerischen Vorstellungen zurückzuführen, sondern sind auch Ausdruck des starken Widerstands, den Hofkreise, weite Teile des Staatsapparates und konservativ-klerikale Politiker der Freimaurerei entgegensetzten.“159
2. Die Gründung der ersten Grenzlogen
Aus dieser für die Freimaurerei in Österreich schwierigen Situation bot sich aber ein Ausweg, weil das erwähnte restriktive Vereinsgesetz nur für Cisleithanien, nicht aber für Ungarn galt. Weil in der österreichischen Reichshälfte keine Logen gegründet werden konnten, wurde ein unpolitischer Verein mit dem Namen „Humanitas“ in Wien ins Leben gerufen wurde, wobei dieser Verein das Sammelbecken der Wiener Brüder war.160 Auf ungarischer Seite hielt man offiziell die rituellen Arbeiten ab, und in Wien traf man sich in einem unpolitischen Verein, der sich ausschließlich aus Freimaurern zusammensetzte. Dann wurde der Plan gefasst, eine eigene Loge auf ungarischem Boden zu gründen und schlug Neudörfl, das von Wien leicht erreichbar war, als Ort vor. Die feierliche Lichteinbringung fand am 25. Februar 1872 statt. Das Logenleben spielte sich aber hauptsächlich in den Wiener Vereinen ab. Die ersten Logengründungen wurden von der Wiener Polizeidirektion genau beobachtet und dazu auch entsprechende Berichte geschrieben, die sehr detailliert formuliert waren.161
Die Freimaurerei entwickelte sich jenseits der Leitha nach 1868 sehr rasch, wobei für Österreich die Gründung der Ödenburger Loge „Zur Verbrüderung“ 1869 im grenznahen Raum wichtig wurde, weil nun auch Brüder aus Österreich an den rituellen Arbeiten teilnehmen konnten. Dieser Bauhütte gehörte auch Franz Julius Schneeberger an, der 1869 versuchte, in Wien einen unpolitischen Verein zu gründen, dessen Mitglieder ausschließlich Freimaurer sein sollten, ohne aber eine Loge zu bilden und rituelle Arbeiten durchzuführen. Das war der Verein Humanitas mit dem Sitz in Wien, der den Zweck hatte, unter Ausschließung jedweder Diskussion über kirchliche oder politische Tagesfragen die echte Humanität zu wahren und werktätig zu fördern.162 Am 4. November 1969 wurde der Verein bewilligt, der sofort rege Aktivitäten entwickelte und eine eigene Zeitschrift „Der Zirkel“ herausgab.163 Die Zeitschrift erschien ab dem 01. Jänner 1871. Sie war zweifelsohne für die Wiener Freimaurer repräsentativ. Zunächst erschien die Zeitschrift monatlich und dann sogar wöchentlich. Leiter der Redaktion war ab 1900 Heinrich Glücksmann. Gleichzeitig mit dem Kriegsbeginn kam es zu einer Umstellung des Erscheinungsmodus. Die Zeitschrift erschien wieder mit dem Monatsrhythmus. 1917 wurde die Zeitschrift eingestellt.164 Neben historischen Beiträgen enthielt der „Zirkel“ auch Beiträge zu prinzipiellen Fragen der Bruderkette und umfangreichere Informationen über das freimaurerische Weltgeschehen als Rundschau. Der Verein gab sich Statuten, die den Zweck, die Wirksamkeit und andere wichtige Paragraphen enthielt. Über die Wirksamkeit des Vereins heißt es:
„Der Verein stellt sich im Sinne des §. 1 im allgemeinen die Aufgabe, durch die praktische Ausübung einer alle Lebensverhältnisse durchdringenden Nächstenliebe, ohne Unterschied der Nationalität und Confession, auf die Veredlung der Menschheit hinzuwirken und insbesondere die Wohlfahrt, Ehre und Einigkeit sämmtlicher Nationen des gemeinsamen Vaterlandes unter getreuer Beobachtung aller zu Recht bestehenden Gesetze anzustreben.
In seiner speziellen Thätigkeit wird der Verein „Humanitas“ alle wie immer Namen habenden und gesetzlich anerkannten Humanitätsanstalten oder Vereine in ihrem statutenmässigen Wirken mit Rath und That unterstützen.
Namentlich wird der Verein „Humanitas“ in erster Linie es sich zur Aufgabe machen, verschämte und sittenreine Arme von Bildung, ohne Unterschied der Nationalität und Confession, theils durch Geldspenden, theils durch Zuweisung einer ehrlichen und standesgemässen Beschäftigung zu unterstützen. Der Verein wird, ferner, insoferne die Besserung der Existenz solcher Hilfsbedürftigen nur durch Uebersiedlung von einem Orte zum anderen möglich ist, bei den Verkehrsanstalten von Fall zu Fall alle erreichbaren Begünstigungen anstreben, sich überhaupt zur Verwirklichung seiner rein humanitären Ziele aller gesetzlich erlaubten Mittel bedienen.“165
Die Grenzloge „Zukunft“ im Orient Preßburg166 gab 1874 auch eine Verfassung heraus, in der