Название | Black Heart - Die gesamte erste Staffel |
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Автор произведения | Kim Leopold |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | Black Heart - Die gesamte Staffel |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958344129 |
Der Tiger hebt seinen Blick für einen Moment, aber das reicht, damit Alex sich aus seinen Fängen befreien und zur Seite rollen kann. Noch in der Bewegung greift er nach dem Dolch in seinem Holster, doch es ist zu spät. Der Tiger stürzt sich mit einem lauten Brüll auf ihn und ich stürze hinterher, um meinen eigenen Dolch in das Tier zu rammen.
Nur verletzen, hat Alex gesagt.
Der Dolch gleitet durch das Fell wie ein Messer durch weiche Butter. Der Tiger jault und bricht über Alex zusammen.
Ich warte einen Moment lang mit vor Angst geschlossenen Augen ab, aber er rührt sich nicht mehr. Ich wage es, die Augen wieder zu öffnen, ziehe den Dolch zurück und lasse mich auf den Boden fallen. »Alex?«
»Mir geht’s gut«, presst er hervor.
Der Tiger flackert und verwandelt sich in einen nackten Mann, kaum älter als wir, mit dunkelblondem Haar und blauen Augen. Stöhnend stößt Alex den leblosen Körper von sich. Nicht nur ich habe mit meinem Dolch getroffen. Alex’ Dolch steckt in seiner Brust, mitten im Herzen.
Präzise.
Ich wende meinen Blick ab, um nicht zu sehr darüber nachzudenken, was wir gerade getan haben, und schaue zu Alex, der sich langsam aufrichtet. Seine Hand gleitet zu seinem Hinterkopf.
»Nicht schon wieder«, murmelt er und holt seufzend die Packung Taschentücher aus seiner Tasche, um seine Finger vom Blut zu säubern. »Kannst du mal gucken, wie schlimm es ist?«
Ich nicke irritiert und stehe auf, um nach der Wunde zu schauen. Glücklicherweise ist es harmloser, als es auf den ersten Blick wirkte.
»Hast du Schmerzen?«
»Noch nicht«, murmelt er und lässt sich von mir aufhelfen. »Aber das gibt sicher eine schöne Gehirnerschütterung.«
»Kommt das häufiger vor?«
»Berufsrisiko.« Er zuckt mit den Schultern. »Aber jetzt zu dir: Hast du dir wehgetan?«
Ich schüttle den Kopf und verschränke zitternd die Arme vor der Brust.
Denk nicht drüber nach, rede ich mir ein, doch es fällt mir schwer, zu ignorieren, dass wir gerade einen Menschen … ein Lebewesen getötet haben, ohne mit der Wimper zu zucken. Auch wenn es vielleicht nicht mein Dolch war, der ihm letztendlich den tödlichen Stoß gegeben hat – es fühlt sich an, als würde sein Blut an meinen Händen kleben.
»Er hätte uns getötet, wenn wir es nicht getan hätten.« Alex sammelt seine Messer ein und steckt sie zurück in den Holster, bevor er seine Jacke anzieht. Die Leiche flackert ein paar Mal auf, bevor sie langsam unsichtbar wird und schließlich ganz verschwindet.
Allein das sollte mir zeigen, dass dieses Wesen nicht menschlich war.
Aber ist das Grund genug für seinen Tod? Wer sind wir, diese Entscheidung zu fällen?
Kapitel 10
Lille, 2018
Azalea
❤
»Kannst du mir mal verraten, wie wir auf die hirnrissige Idee gekommen sind, nachts in ein verlassenes Gefängnis einzubrechen?« Ich suche jeden Zentimeter des Bodens nach meinem Talisman ab, was zwischen Schutt und Staubschichten gar nicht so einfach ist. Melvin hat sich der anderen Seite des Korridors gewidmet.
»Gute Frage.« Er wirft mir über die Gitterstäbe des Geländers einen entschuldigenden Blick zu. »Ich schätze, das war die dämlichste Idee, die man jemals haben konnte.«
Melvin kann sich nicht genau daran erinnern, wo wir gewesen sind, also bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als die fünf Stockwerke abzusuchen, bis wir fündig werden. Wenn wir die Kette überhaupt jemals finden, bevor es dunkel wird. Noch fällt genug Tageslicht durch das langgezogene Glasdach und erhellt die Stockwerke, die wie eine Galerie aufgebaut sind. In den Lufträumen waren früher einmal Netze gespannt, vermutlich, damit sich niemand in den Tod stürzen konnte. Mittlerweile sind die Netze an einigen Stellen gerissen und hängen zerfleddert herunter.
Mich schaudert es allein beim Gedanken daran, wie viele Verbrecher dieses Gebäude beherbergt hat. Mittlerweile sind die Wände zwar mit Graffitis beschmiert, manche Türen hängen nur noch halb in ihren Angeln und die Leuchtstoffröhren sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren, aber die Zellen wirken trotzdem erschreckend lebendig. In manchen Zellen liegen sogar noch Matratzen und billiges Bettzeug.
Wer hat hier eingesessen?
Mörder? Sexualstraftäter?
Als wäre das alles nicht schon gruselig genug, höre ich plötzlich wieder dieses Lachen. Ich erstarre und schaue mich um. »Hast du das auch gehört?«
Melvin runzelt die Stirn und folgt meinen Blick.
»Was denn?«, fragt er unsicher.
»Hm«, mache ich und widme mich wieder der Suche, damit wir so schnell wie möglich hier rauskommen. Aber die Angst hat sich in meinem Nacken festgesetzt.
»Alles okay da drüben?« Melvin scheint zu spüren, dass sich die Atmosphäre geändert hat. Er richtet sich auf und betrachtet mich mit besorgtem Blick. »Willst du gehen?«
Ich schüttle den Kopf und fahre mir durch die Haare. Mein Herz schlägt schneller, während ich mich umsehe. Die Angst schnürt mir die Luft ab. »Ich muss das Amulett finden«, stoße ich hervor und lasse meinen Blick über den Boden fliegen. »Wenn ich das Amulett habe, dann … dann …«
»Hey.« Melvin merkt, wie kurz ich vor einer Panikattacke stehe, und kommt zu mir rüber. Er hält mich bei den Schultern und fängt meinen Blick auf. »Wir finden deine Kette, und dann fahren wir in die Stadt zurück, okay? Du brauchst keine Angst haben. Du bist nicht allein, Azalea.«
Ich nicke und versuche tief durchzuatmen, um mich zu beruhigen. Das Lachen war bestimmt kein Lachen, sondern bloß der Wind, der durch das alte Gemäuer gepfiffen hat. Ich hatte doch vorher schon Angst, kein Wunder, dass ich leicht überreagiere. Außerdem sind das vielleicht immer noch die Nachwirkungen der Droge.
Mein Blick fällt in die Zelle, vor der wir stehen. Ich kneife die Augen zusammen, als ich das Metall unter dem kahlen Bettgestell entdecke. Ist das …
»Mein Amulett!«, rufe ich erleichtert aus und löse mich von Melvin, um in die Zelle zu gehen und meine Kette aufzuheben. Meine Finger gleiten über das vertraute Schmuckstück und ziehen die Äste des Lebensbaumes nach. Den Anhänger wieder in der Hand zu halten, fühlt sich seltsam vertraut an. Bis gerade war mir nicht klar, wie wichtig mir die Kette und die damit verbundene Erinnerung an meine Mutter waren.
Ich drehe mich glücklich um, will die Zelle verlassen, doch in dem Moment fliegt die Tür mit einem lauten Krachen zu.
»Melvin?«, rufe ich angsterfüllt und will sie aufdrücken, aber sie klemmt fest. Ich lasse meine Fäuste gegen das kalte Metall krachen. »Mach die Tür wieder auf! Das ist nicht lustig!«
Ich schiebe das kleine Guckfenster auf, doch von Melvin ist nichts zu sehen. Unsicher umklammere ich meinen Anhänger und trete einen Schritt zurück. Die Angst bahnt sich ihren Weg mit voller Wucht zurück in meinen Körper. Warum antwortet er nicht?
»Melvin!«, schreie ich nochmal und haue wieder mit den Fäusten gegen das Metall. »Lass mich raus, verdammt!«
Beinahe hätte ich unter meinem Lärm seinen Schrei überhört. Aber ich höre ihn, und er lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Panisch versuche ich etwas durch das kleine Loch zu erkennen.
Ein Krachen. Klirren.
Ist das … kämpft da jemand?
Melvin brüllt noch einmal auf. Jemand, der so schreit, muss Schmerzen haben, die ich mir nicht ausmalen möchte.
Scheiße. Ich muss hier raus.
Ich rüttle nochmal an der Tür, doch sie bewegt