Название | Die Mission der Maru Tai |
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Автор произведения | Mara Laue |
Жанр | Языкознание |
Серия | Maru Tai |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783948700201 |
»Alles andere zuerst, bitte. Dann verstehe ich die internen Funktionen des Schiffes und der Maschinen besser.«
Yora erkannte zwar keinen Zusammenhang zwischen dem Abgehen der Räumlichkeiten und der Funktion der Maschinen, aber sie war nicht die Ingenieurin. Sie führte Lepathu herum, zeigte ihm auch die Freizeiteinrichtung, die nicht der Raumverknappung zum Opfer gefallen war, und nutzte den Gang durch die Lagerräume, um einen Teil ihrer Inspektionsarbeit damit zu verbinden. Der Skusann sah sich interessiert überall um, hörte Yoras Erklärungen zu, stellte aber keine einzige Frage. Am Ende des Rundganges kehrten sie zum Maschinenraum zurück und traten ein.
Eine weitere Besonderheit der Chamäleon-Klasse war, dass die Maschinen sich zwar nicht genau in der Mitte des Schiffes befanden – der Platz war der Zentrale vorbehalten –, aber nur zwei Decks darunter mit den Wohn- und Freizeitdecks dazwischen. Auch die Antriebssektion befand sich hier, und ihre Energie wurde von hier aus zu den Motoren im Außenbereich geleitet. Dieses Arrangement gehörte zum Sicherheitskonzept der Chamäleon-Schiffe. Im Fall eines Angriffs konnte man zwar die äußeren Bereiche beschädigen oder sogar vernichten, aber wenn man das Schiff zur Explosion bringen wollte, indem man die Energiegeneratoren zerstörte, musste man einen gezielten Beschuss bewirken, der sich durch das halbe Schiff ins Innere fraß. Und das war nicht so leicht möglich.
Im Maschinenraum tat nur eine Notbesatzung Dienst, die ebenso wie die Zentralencrew gegenwärtig nicht viel zu tun hatte. Erwartungsvoll blickten sie zur Tür. Die Augen aller weiteten sich bei Lepathus Anblick. Ein Crewmitglied sprang deutlich erschreckt auf und stolperte rückwärts.
Yora bedachte den Mann mit einem missbilligenden Blick und schüttelte verärgert den Kopf. Man flog seit über zwei Jahrhunderten routinemäßig ins All, hatte Kontakt zu unzähligen anderen Völkern, sogar Bündnisse mit ihnen, aber rassistische Ressentiments waren einfach nicht totzukriegen. Auf der Erde hatte es sehr lange gedauert, bis die Vorurteile und die damit verbundene Diskriminierung endlich ausgerottet worden waren; weitestgehend, denn einige ideologieverblendete, unbelehrbare Idioten gab es immer noch. Unzählige andere Menschen hatten die Diskriminierung einfach »ausgelagert« und übertrugen sie auf nichtirdische Völker.
»Ladys und Gentlemen, dies ist Lieutenant Lepathu, der neue Chefingenieur«, stellte Yora den Skusann vor. »Er vertritt Lieutenant Commander Gonzales auf unbestimmte Zeit. Lieutenant Lepathu, sollte es irgendwelche Probleme geben«, sie blickte den Mann an, der bei seinem Anblick zurückgestolpert war, »geben Sie mir Bescheid. Ich regle das dann.«
Sie nickte in die Runde und nickte auch Lepathu zu, ehe sie den Maschinenraum verließ und zu den Frachträumen zurückkehrte. Sie hegte jedoch keinen Zweifel, dass der Skusann sich auch gegen mögliche rassistische Anfeindungen zu behaupten wusste. Schließlich diente er schon länger in der Flotte und begegnete sicherlich nicht zum ersten Mal Ressentiments gegenüber seiner Person.
Yora stellte fest, dass sich der schmale Frachtraum zwischen Raum 11 und 12 immer noch nicht öffnen ließ. Dabei hatte sie Captain Chen schon vor über einer Stunde über dieses Problem informiert. Und solange die MARU TAI nicht wieder gestartet war, hatte Chen wie alle anderen Leute der Schiffsführung nichts zu tun. Genau genommen war Yora die Einzige, die arbeitete. Zwar hätte sie die Kontrollen der Frachtsicherung Ihrem Team überlassen können, aber sie wollte Chen keinen Grund für einen Tadel oder weitere Schikane geben. Dass sie sie mit Lepathu zusammengepfercht hatte, reichte ihr für den Rest der Reise. Die in diesem Punkt recht lange dauern konnte, denn unter Umständen würde die MARU TAI für weitere Hilfsgütertransporte nach Tema eingesetzt werden und die damit einhergehende Wohnraumknappheit bis zum Ende der Mission bestehen bleiben.
Yora machte sich wieder an die Arbeit und kontrollierte systematisch diejenigen Frachträume, die bereits bis auf die erforderlichen Manövriergänge zwischen den einzelnen Containerstapeln voll beladen waren. Alle Haltevorrichtungen, sowohl die magnetischen wie auch die Verstrebungen und »Bremsklötze« waren in Position und aktiviert. So oft es ging, begab sich Yora in den Gang vor Frachtraum 11 und 12. Doch kein einziges Mal sah sie einen oder mehrere Roboter ihn bestücken. Während der letzte Frachtraum noch beladen wurde, ging sie erneut hin, diesmal mit einem Handscanner bewaffnet. Sie schaltete ihn ein und richtete ihn auf die Tür.
»Darf ich fragen, was Sie hier tun?« Captain Chens schneidende Stimme ließ sie zusammenzucken.
Yora wandte sich ihr zu. »Ich überprüfe den Frachtraum, zu dem ich aus mir unerklärlichen Gründen keinen Zutritt habe, obwohl ich als Sicherheitschefin befugt bin, jeden Raum zu betreten und im Vorfeld zu öffnen. Wieso diesen einen nicht?«
»Weil ich das so verfügt habe.« Chens Tonfall hätte eisiger nicht sein können.
»Bei allem schuldigen Respekt, Ma’am, aber das widerspricht dem Sicherheitsprotokoll der Flotte.«
»Das ich hiermit für diesen Raum gemäß meinen Befugnissen als Kommandantin dieses Schiffes außer Kraft setze. Sie werden diesen Raum ignorieren. Und das ist ein Befehl.« Chen starrte sie in einer Weise an, die man nur als drohend bezeichnen konnte.
»Ja, Ma’am. Darf ich nach dem Grund für diese Maßnahme fragen?«
»Sie dürfen nicht. Sie haben nur Ihrer Arbeit nachzugehen und meine Befehle zu befolgen. Ist das klar?«
»Ja, Ma’am.«
Yora steckte den Handscanner ein, nickte Chen zu und ging den letzten Frachtraum inspizieren, fest entschlossen, das Geheimnis des Frachtraums zu lösen. Denn es gab keinen vernünftigen Grund, ihr den Zutritt zu diesem einen Raum zu verweigern. Es sei denn, in ihm würde etwas transportiert, das nicht den Vorschriften entsprach. Der Verdacht war genau genommen ungeheuerlich.
Gerade für einen Posten in der Raumflotte wurden alle Bewerberinnen und Bewerber nicht nur auf ihre Fähigkeiten, sondern auch auf ihren Charakter getestet, bevor sie überhaupt zur Flottenakademie zugelassen wurden. Danach erfolgten weitere psychologische Tests in jedem Semester. Einer folgte unmittelbar nach dem Abschluss, bevor jemand offiziell in die Flotte aufgenommen wurde, und ein Letzter vor dem ersten Einsatz auf einem Raumschiff. Auch danach war man von solchen Tests nicht befreit, denn auf jedem Schiff gab es ein psychologisches Team, und ein Gespräch mit einem von ihnen war einmal im Monat für jedes Besatzungsmitglied Pflicht.
Dass jemand mit kriminellen Neigungen es überhaupt in die Flotte schaffte, war zwar nicht unmöglich, aber doch sehr unwahrscheinlich. Die Flotte nahm nicht einmal Leute auf, die dazu neigten, auch schon mal alle Fünfe gerade sein zu lassen oder die auch nur den winzigsten Mangel an Disziplin zeigten. Dass jemand auf die Dauer einen Hang zu unlauteren Machenschaften verbergen konnte, war nahezu ausgeschlossen.
Aber Menschen änderten sich im Lauf der Zeit. Das galt besonders für solche, die in der Raumflotte dienten. Obwohl man alles dafür tat, dass die Flottenmitglieder an Bord ihrer Schiffe größtmöglichen Komfort genossen und alles zur Verfügung hatten, was sie für ihr Wohlbefinden brauchten, stellte der monate- und manchmal jahrelange ununterbrochene Aufenthalt auf einem Schiff eine hohe psychische Belastung dar, die auf Dauer durchaus die Moral erodieren konnte. Besonders bei Menschen, die wie Captain Chen schon seit über dreißig Jahren in der Flotte dienten und mehr als einen Krieg mitgemacht hatten.
Und selbstverständlichen waren auch die Mitglieder der psychologischen Teams nicht dagegen gefeit. Wenn eine Person – zum Beispiel Captain Chen – jemanden von ihnen auf ihre Seite bringen konnte, der oder die daraufhin sämtliche ihrer Testergebnisse als unauffällig bescheinigte, konnte sie durchaus in die Kriminalität abrutschen, ohne dass es publik wurde. Yora mochte einerseits Chen nichts dergleichen unterstellen. Sie war zwar eine kompromisslose Kommandantin, aber kompetent und eine wirklich gute Führungskraft. Andererseits musste es einen gravierenden Grund dafür geben, dass sie Yora verboten hatte, den ominösen Frachtraum zu kontrollieren. Und so sehr Yora auch versuchte, einen logischen Grund dafür zu finden, ihr fiel keiner ein, der irgendeinen Sinn ergab; zumindest keinen, der im Einklang mit den Vorschriften und Gesetzen stand.