Название | Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman |
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Автор произведения | Patricia Vandenberg |
Жанр | Языкознание |
Серия | Chefarzt Dr. Norden Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740969745 |
Daniel streckte sich und stellte das Glas auf dem Tisch.
»So betrachtet hast du natürlich recht.« Er zog Fee an sich. Vergrub seine Nase an ihrem Hals. Atmete ihren Duft nach langen Tagen am Meer und lauen Sommernächten. Wie stellte sie das nur an mitten im Winter?
»Und was die schönen Erinnerungen angeht: Besonders wichtig ist es, aus dem Alltag auszubrechen. Gewöhnliche Dinge mal anders zu tun.« Einen nach dem anderen öffnete Fee die Knöpfe seines Hemdes. Küsste jedes Stück Haut, das sichtbar wurde.
»Jetzt verstehe ich.« Daniel lachte leise und zog sie an sich. »Dann werde ich jetzt für ein paar Erinnerungen sorgen, die du dein Leben lang nicht mehr vergisst.«
*
Es kam selten vor, dass es Milan Aydin nicht gelang, seine Gesprächspartnerin in seinen Bann zu ziehen. Doch heute war einfach nicht sein Tag! Immer wieder versickerte das Gespräch wie Wasser im trockenen Wüstensand. Er beschloss, es zu beenden, bevor es unangenehm wurde.
»Dann werde ich mal in mein Bett gehen.«
Ein gezielter Wurf. Der Becher landete im Abfall. Doch Annabels Aufmerksamkeit gehörte Milan.
»Ich dachte, Sie hätten Nachtschicht.«
»Nein. In meiner Wohnung hat es gebrannt. Deshalb habe ich mein Quartier vorübergehend hier aufgeschlagen.«
»Oh, das tut mir leid.«
»Selbst schuld.« Milan lächelte schief. »Ich bin wahrscheinlich der beste Neurochirurg weit und breit. Aber mit Technik habe ich es nicht so. Na ja, so hat eben jeder seine speziellen Begabungen.«
»Da haben Sie recht.«
Keine Fragen. Keine Bemerkung, an die er anknüpfen konnte.
»Oh, ich fürchte, ich habe Sie schon viel zu lange aufgehalten. Sie wollten ja Ihre Mutter besuchen.«
Zu seinem Erstaunen machte Annabel keine Anstalten aufzustehen. Stattdessen starrte sie auf den leeren Becher in ihren Händen.
»Ach, ehrlich gesagt bin ich wegen meines Vaters hier«, gestand sie. »Zu meiner Mutter hatte ich noch nie so einen guten Draht. Wir sind einfach zu verschieden.«
Hoppla! Das klang nach Gesprächsbedarf!
Vielleicht war ja doch noch nicht alles verloren.
»Ich kenne Ihre Mutter ja nicht. Aber wer so eine Tochter großzieht, kann nicht so verkehrt sein.«
Annabel lachte pflichtschuldig.
»Netter Versuch. Trotzdem verstehen wir uns nicht. Inga war schon immer so eine Ökotante. Während andere Mütter in schicken Kostümen zu Schulfeiern kamen, trat sie im Schlabberlook und Jesuslatschen auf.«
»Das lassen Sie mal nicht den Mönch hören, der seit gestern in der Klinik liegt«, scherzte Milan. »Er könnte es missverstehen.«
Diesmal lachte Annabel nicht.
»Können Sie sich vorstellen, wie peinlich das für einen Teenager ist? Das Gespött der ganzen Schule war mir sicher. Wildfremde Kinder zeigten mit dem Finger auf mich und lachten mich aus.« Sie blickte hoch. Sah dem Patienten nach, der auf der Suche nach etwas Essbarem durch die Lobby schlich und in einem der Flure verschwand. »Vielleicht wäre es nicht so schlimm gewesen, wenn wir vorher einen Draht zueinander gehabt hätten. Aber so …« Ihr Blick fiel wieder auf den leeren Becher in ihren Händen. »Es gibt einen Grund, warum ich früh ausgezogen und möglichst weit weggegangen bin.«
»Verstehe.« Milan nickte gewichtig. »Ich bin auch früh von zu Hause weg. Das lag aber eher an meinem Bruder Deniz denn an meinen Eltern.«
»Manchmal ist Flucht eben doch der einzige Ausweg.« Annabel lächelte schwermütig.
Schritte waren zu hören. Sie näherten sich schnell.
»Ach, Dr. Aydin, gut, dass ich Sie treffe. Kennen Sie zufällig eine Annabel Ruhland?«, fragte die Nachtschwester.
Mit einem Satz war Annabel auf den Beinen.
»Das bin ich.«
»Oh!« Ein erleichtertes Lächeln. »Ihr Vater ist bei Ihrer Mutter auf der Intensivstation. Sie können jetzt auch zu ihr.«
»Perfekt. Vielen Dank.« Annabel drehte sich zu Milan um. »Es war nett, mit Ihnen zu plaudern. Gute Nacht.«
*
Beim Anblick seiner Frau schlug Uwe Ruhland die Hand vor den Mund. Ein ganzer Turm von Geräten stand neben Ingas Bett. Nur mit Mühe konnte er ihr Gesicht zwischen Kabeln, Schläuchen und Verbänden ausmachen. Sie hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Roboter als mit einem lebenden Menschen.
»Wie geht es ihr?«
Dr. Sophie Petzold stand am Monitor und notierte die Werte im Krankenblatt. Uwes Frage lenkte sie ab. Sie hielt inne.
»Sie hat die Operation überstanden.«
»Mehr nicht?«
»Das ist schon sehr viel nach einem subduralen Hämatom, einer Leberruptur, einer Mittellappenresektion und anderen Kleinigkeiten.« Dr. Petzold beugte sich wieder über das Blatt.
Uwes Hals wurde eng.
»Wird Inga wieder gesund werden?«
»Das müssen die nächsten Tage zeigen.« Sophie legte das Klemmbrett zur Seite und drehte sich endlich um. »An Ihrer Stelle wäre ich nicht zu optimistisch. Die Verletzungen waren gravierend.«
Uwe ballte die Hände zu Fäusten. Gespräche mit Inga kamen ihm in den Sinn. Die Arbeit auf dem Friedhof hatte ihre Spuren hinterlassen. Die Geschichten der Menschen, deren Gräber sie schmückten und pflegten. Lieber umfallen und weg sein, als behindert oder gar ein Pflegefall, hatte Inga immer gesagt. Darüber waren sie regelmäßig in Streit geraten. Uwe kannte genug Menschen mit Handicap, die ihr Leben dennoch in vollen Zügen genossen. Mit Einschränkungen zwar, die aber meist der feindlichen Umwelt geschuldet waren, die selten auf die Bedürfnisse dieser Menschen eingestellt war.
»Für meine Frau wäre es das Schlimmste, behindert zu sein«, sagte er heiser.
»Das sagen Sie mal unserem Kollegen Dr. Aydin.« Beim Gedanken an den Herzensbrecher lächelte Sophie. »Er ist nach einem Unfall mit dem Paraglider querschnittgelähmt. Was ihn nicht daran gehindert hat, den Facharzt in Chirurgie und Neurochirurgie zu machen und wie jeder andere Arzt hier auch seine Patienten zu behandeln und zu operieren.« Dass er obendrein ein ausgemachter Frauenheld war, behielt sie lieber für sich.
Uwe nickte mehrmals.
»Ich sehe das genauso wie Sie. Meine Frau allerdings nicht.«
»Dann sollten Sie hoffen und beten.« Einen anderen Rat hatte Dr. Petzold nicht für den Ehemann ihrer Patientin. Glücklicherweise gesellte sich in diesem Moment die Tochter der Familie zu ihnen. »Ich lasse Sie jetzt allein.« Sie nickte Annabel zu und verließ das Intensivzimmer.
Uwe streckte die Hand nach ihr aus. Annabel nahm und drückte sie.
»Danke, dass du hier bist«, raunte er ihr zu und setzte sich auf den Stuhl, den sie ihm hinschob.
Eine lange Nacht mit ungewissem Ausgang lag vor ihnen.
*
Am nächsten Morgen wehte ein Wind, so eisig, dass Dr. Daniel Norden trotz der inneren Hitze noch einmal umkehrte. Er holte Mütze und Schal aus dem Haus, auch wenn der Weg zum Wagen nicht weit war.
Mit diesen Problemen musste sich sein Mitarbeiter Milan Aydin nicht herumschlagen. Während sich sein Chef durch den morgendlichen Verkehr kämpfte, stand er in aller Ruhe auf. Er saß auf der Lehne des Rollstuhls und rasierte sich im Bad des Ruheraums, als es klopfte.
»Immer herein in die gute Stube. Ich bin vollständig bekleidet.«
Daniel Norden warf einen Blick um