Название | Die Propeller-Insel |
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Автор произведения | Jules Verne |
Жанр | Языкознание |
Серия | Jules Verne bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962817848 |
Nach dem ersten Ausbruche der Enttäuschung und der Wut sind Sébastien Zorn, Pinchinat und Frascolin, die Yvernes seiner Bewunderung überlassen, endlich völlig still geworden und rühren sich nicht von der Stelle. Über ihnen flattert die Flagge an der langen Fahnenstange. Sébastien Zorn wandelt eine grimmige Lust an, die Hissleine zu durchschneiden und die Flagge wie die eines sich ergebenden Kriegsschiffes zu senken. Immerhin erscheint es besser, sich nicht in eine vielleicht schlimm auslaufende Geschichte einzulassen, und seine Kameraden halten ihn noch zurück, als er schon mit einem scharf geschliffenen Bowiemesser herumfuchtelt.
»Achtung, wir wollen vor allem nicht uns ins Unrecht versetzen«, mahnt der kluge Frascolin.
»Du ergibst dich also in unsere elende, lächerliche Lage?« fragt Pinchinat.
»Das nicht … doch wir wollen sie nicht noch mehr komplizieren.«
»Und unser Gepäck, das inzwischen nach San Diego unterwegs ist!« bemerkt der Bratschist, die Arme kreuzend.
»Und unser für morgen angesetztes Konzert!« ruft Sébastien Zorn.
»Das geben wir durchs Telefon!« antwortet der erste Geiger, dessen Scherz nicht geeignet ist, die Reizbarkeit des kochenden Violoncellisten abzustumpfen.
Das Observatorium nimmt, wie wir wissen, die Mitte eines großen Vierecks ein, an dem die First Avenue ausmündet. Am anderen Ende dieser drei Kilometer langen Hauptverkehrsader, die die beiden Hälften von Milliard City scheidet, erblicken die Künstler eine Art monumentalen Palast, der von einem leichten und sehr eleganten Wartturm überragt wird. Sie sagen sich, dass das der Sitz der Regierung, die Residenz der obersten Stadtbehörde sein werde, wenn Milliard City überhaupt einen Bürgermeister und andere Beamte hat. Sie täuschen sich hierin nicht. Eben jetzt beginnt die Uhr jenes Wartturms ein herrliches Glockenspiel, dessen Klänge auf den Wellen des Windes bis zum Turme hier herübergelangen.
»Hört! … Das geht aus D-dur«, sagt Yvernes.
»Und im Zweivierteltakt«, setzt Pinchinat hinzu.
Da schlägt der Wartturm fünf Uhr.
»Und wann essen wir«, ruft Sébastien Zorn, »wie wird’s mit dem Schlafen? Sollen wir etwa wegen des Spitzbuben von Munbar hier auf der Plattform des Turmes die Nacht in freier Luft zubringen?«
So scheint es allerdings, denn der Fahrstuhl kommt nicht wieder herauf, um die Gefangenen zu erlösen.
In jenen niedrigen Breiten dauert die Dämmerung nur kurze Zeit, und das Strahlengestirn stürzt wie ein Geschoss nach dem Horizonte hinab. Blickt das Quartett nach den äußersten Grenzen des Himmels hinaus, so schimmert ihm nur das unbegrenzte Meer, ohne ein Segel, ohne eine Rauchsäule entgegen. Über das Stück Land unter ihm rollen die Tramwagen an der Peripherie der Insel oder eilen von einem Hafen zum anderen hin. Zur Stunde ist der Park noch sehr belebt. Oben vom Turme aus würde man ihn für einen riesigen Blumenkorb ansehen, worin Azaleen, Klematis, Jasmin, Glycinen, Passionsblumen, Begonien, Hyazinthen, Dahlien, Kamelien und Hunderte von Rosensorten blühen. Da strömen Spaziergänger hinzu … gemachte Männer und junge Leute, nicht solche »Zierbengel«, wie sie leider in europäischen Großstädten so viele herumlaufen, sondern gesunde, kräftige Jünglinge. Frauen und junge Mädchen, meist in strohgelber Toilette – dem dafür unter den Tropen beliebtesten Farbentone – leiten schlanke, mit Seidendecken geschützte Windspiele mit goldigen Halsbändern an weicher Schnur. Da und dort folgt diese Gentry den feinsandigen Alleen, die sich durch den Park hinwinden. Hier sieht man die einen auf die Polster der elektrischen Straßenbahnwagen hingestreckt, dort ruhen andere auf den von dichtem Grün überdachten Bänken. Noch weiter draußen widmen sich junge Gentlemen dem Lawn-tennis, dem Krocket, Golf oder dem Fußballspiele, während andere auf munteren Ponies dem Polo obliegen. Ganze Scharen von Kindern – von jenen amerikanischen Kindern, die sich so schnell entwickeln und bei denen, vorzüglich bei den kleinen Mädchen, eine ausgesprochene Individualität so bezeichnend hervortritt – tummeln sich auf den Rasenplätzen. Dazwischen trotten Reiter auf eleganten Pferden oder sieht man hier und da übermütig lustige Gartengesellschaften.
Auch den Handelsvierteln fehlt es zur Stunde nicht an Besuch.
Die beweglichen Trottoirs gleiten mit ihrer Last längst der Hauptstraße dahin. Am Fuße des Turmes, in dem Viereck des Observatoriums, gehen viele Personen hin und her, deren Aufmerksamkeit die Gefangenen wohl erregen könnten. Pinchinat und Frascolin rufen auch wiederholt laut hinunter. Dass sie gehört wurden, erkennt man daraus, dass manche Arme sich emporstrecken, ja auch einzelne Worte dringen bis zu ihnen hinauf.
Niemand zeigt die geringste Überraschung oder scheint sich über die Gruppe auf der Plattform irgendwie zu verwundern. Die oben verständlichen Worte bestehen in einem »Good bye«, einem »How do You do!«, einem »Guten Tag« oder anderen landläufigen Höflichkeitsausdrücken. Es scheint, als ob die ganze Bevölkerung von dem Eintreffen der vier Pariser, die Calistus Munbar empfangen hatte, völlig unterrichtet sei.
»He … he … die machen sich über uns noch lustig!« sagt Pinchinat.
»Das scheint mir auch so!« stimmt ihm Yvernes bei.
So verrinnt eine Stunde – eine Stunde, aber alle Rufe nach unten bleiben nutzlos. Die dringlichen Bitten Frascolins haben ebensowenig Erfolg, wie das Schmähen und Schelten Sébastien Zorns. Die Zeit zum Essen rückt immer näher, der Park wird von Spaziergängern, die Straße von müßigen Flaneuren immer leerer. Es ist zum Tollwerden!
»Wir gleichen ohne Zweifel«, sagt Yvernes, romantischen Erinnerungen nachhängend, »jenen profanen Gästen, die ein böser Geist an einen geheiligten Ort verlockt hat, und die nun den Tod erleiden müssen, weil sie etwas gesehen hatten, was ihre Augen nicht sehen durften …«
»Und hier lässt man uns den Qualen des Hungers erliegen!« seufzt Pinchinat.
»Nicht ohne dass wir alles mögliche versucht haben werden, um unsere Existenz zu verlängern!« erklärt Sébastien Zorn.
»Und wenn wir gezwungen sind, einer den anderen aufzuzehren, dann kommt Yvernes zuerst an die Reihe!« sagt Pinchinat.
»Wie