Die schönsten Kinderbücher (Illustriert). Гарриет Бичер-Стоу

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Название Die schönsten Kinderbücher (Illustriert)
Автор произведения Гарриет Бичер-Стоу
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788027202973



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bis Brentford mit, wo Sikes mit Oliver abstieg. Sie schlugen einen Seitenweg ein und erreichten Hampton. Dort kehrten sie in einer kleinen Gastwirtschaft ein und ließen sich kaltes Fleisch geben. Als sie damit fertig waren, zündete sich Sikes eine Pfeife an, so daß Oliver glaubte, die Reise ginge nicht weiter. Da er von dem vielen Laufen sehr müde war, verfiel er in einen tiefen Schlaf.

      Es war dunkel, als er durch Sikes wieder wach gerüttelt wurde. Sie machten sich nun auf den Weg und kamen nach Shepperton. Da bemerkte Oliver, daß gerade unter ihnen Wasser rauschte und sie bei einer Brücke angelangt waren. Sikes bog links zum Ufer hinab.

      "Ach, das Wasser!" dachte Oliver, vor Furcht fast vergehend. "Er hat mich an diesen einsamen Platz gebracht, um mich umzubringen!"

      Er war gerade im Begriff, sich niederzuwerfen und verzweifelt um sein Leben zu kämpfen, als er sah, daß sie vor einem einsamen, verfallenen Hause standen. Es war dunkel und scheinbar unbewohnt.

      Sikes, der dauernd Oliver an der Hand hielt, näherte sich leise der niedrigen Tür und drückte auf die Klinke. Diese wich dem Drucke, und sie traten ein.

      Zweiundzwanzigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

       Der Einbruch

      "Hallo!" rief eine laute, aber heisere Stimme, als sie den Fuß in den Hausflur setzten.

      "Mach nicht solchen Radau", sagte Sikes, die Tür verriegelnd. "Bring eine Funzel, Toby!"

      "Aha, mein Kumpel", sagte dieselbe Stimme. "Eine Kerze, Barney, eine Kerze! Führe den Herrn hinein, Barney. Wache aber vorher auf, wenn's dir recht ist!"

      Der Sprecher schien einen Stiefelknecht oder einen ähnlichen harten Gegenstand nach der angeredeten Person zu werfen, um ihn aus dem Schlafe zu wecken, denn man hörte etwas Schweres zu Boden fallen und kurz darauf ein undeutliches Brummen, wie das eines aus dem Schlaf gestörten Menschen.

      "Hörst du nicht?" rief dieselbe Stimme, "Bill Sikes ist da, und du pennst, als ob du Opium genommen hättest oder noch Stärkeres! Nun, wird's bald? – oder muß ich den Feuerhaken gebrauchen, um dich ganz munter zumachen?"

      Ein Paar bepantoffelte Füße schlürften jetzt hastig über den Fußboden, und aus einer Tür zur Rechten tauchte erst ein schwaches Licht und dann die Gestalt desselben Individuums auf, das wir von dem Wirtshaus zu Saffron-Hill her kennen.

      "Ah, Herr Sikes", rief Barney mit wahrer oder erheuchelter Freude. "Willkommen, Herr!"

      "Marsch", sagte Sikes jetzt zu Oliver. "Vorwärts, oder ich trete dir die Hacken ab."

      Mit einem Fluch über die verwünschte Langsamkeit des Jungen.stieß er Oliver in ein niedriges, dunkles Zimmer. Dort lag auf einem furchtbar schmutzigen Bett ein Mann lang ausgestreckt und rauchte aus einer langen Tonpfeife. Herr Crackit, denn dieser war es, besaß nicht viel Haare. Weder auf dem Kopfe, noch im Gesicht; die wenigen aber, die er hatte, waren von rötlicher Farbe und in Locken gedreht. Er war etwas über Mittelgröße und augenscheinlich schwach auf den Beinen.

      "Bill, mein Junge", sagte er, den Kopf nach der Seite drehend, "freue mich, dich zu sehen. Ich fürchtete schon, du hättest die Sache aufgegeben, dann hätte ich die Geschichte auf eigene Faust unternommen. Nanu, wer ist denn das?"

      "Das ist der Junge!" versetzte Sikes und schob einen Stuhl vor den Kamin.

      "Einer von Figins Buben?" fragte Barney mit höhnischem Grinsen.

      "Ach so – von Fagin", sagte Toby und musterte Oliver aufmerksam. "Ein Prachtjunge für die Taschen der alten Weiber in der Kirche. Sein Ponim ist so gut wie ein Kapital."

      "Ach, laß das", sagte Sikes ungeduldig und flüsterte seinem Freunde einige Worte ins Ohr. Herr Crackit brach darauf in lautes Lachen aus und beehrte Oliver mit einem langen Blick der Verwunderung.

      "Nun", meinte Sikes, indem er Platz nahm, "wenn ihr für uns etwas zu essen und zu trinken habt, her damit. Es wird uns Mut machen, mir wenigstens. Setz dich ans Feuer, Junge, und ruhe dich aus. Du mußt heute nacht mit, weit ist es zwar nicht."

      Oliver sah ihn schüchtern und verwundert an, rückte einen Schemel an den Kamin und verbarg seinen schmerzenden Kopf in den Händen. Er wußte kaum, wo er war und was um ihn vorging.

      "Da", sagte Toby, als der Judenjüngling etwas Essen und eine Brandyflasche auf den Tisch stellte. "Auf glückliches Gelingen!"

      Er stand dem Trinkspruch zu Ehren auf, stellte die ausgerauchte Pfeife behutsam in eine Ecke, trat an den Tisch und füllte ein Weinglas mit Brandy. Er hob es hoch und trank es mit einem Zuge aus. Herr Sikes tat das gleiche.

      "Einen Tropfen für den Jungen", fuhr Toby fort und goß das Glas halb voll. "Hinunter damit, du Unschuld vom Lande!"

      "Ich weiß nicht", stotterte Oliver mit kläglichem Gesicht, "habe noch nie –"

      "Hinunter damit!" wiederholte Toby. "Denkst du vielleicht, ich weiß nicht, was dir gut ist? Sag du ihm, daß er trinkt, Bill!"

      "Es wäre gut, wenn er's täte", sprach Sikes drohend.

      "Hol mich der Teufel, man hat mit dem Jungen mehr Mühe als mit einer ganzen Familie Gannoven. Sauf, du Teufelsbraten!"

      Eingeschüchtert durch die drohenden Gebärden der beiden, schluckte Oliver den Inhalt hastig hinunter und mußte gleich darauf furchtbar husten. Darob brachen Toby und Barney in ein lautes Gelächter aus, und selbst der mürrische Herr Sikes verzog den Mund zu einem Lächeln. . Als Sikes seinen Hunger gestillt hatte, denn Oliver konnte weiter nichts als eine Brotrinde essen, die man ihm aufzwang, legten sich die beiden Männer zu einem kurzen Schlafe nieder. Oliver blieb auf seinem Schemel beim Kamin sitzen, während sich Barney, in eine Decke gehüllt, vor dem Kamin auf den Boden ausstreckte.

      Um halb zwei Uhr sprang Toby Crackit auf und sagte, es wäre Zeit.

      Im Nu waren alle auf den Beinen. Sikes und sein Kumpel vermummten Hals und Kinn mit schwarzen Tüchern und zogen ihre weiten Mäntel an. Barney öffnete einen Schrank und entnahm ihm verschiedene Gegenstände, die er eilig in ihre Taschen verpackte. Nachdem Sikes sich überzeugt hatte, daß von ihren Einbrecherwerkzeugen nichts fehlte, nahm er und Toby einen tüchtigen Knüttel in die Hand und hängte Oliver den Mantelkragen wieder um.

      "Nun los!" sagte Sikes und streckte seine Hand aus.

      Oliver reichte ihm mechanisch die seinige.

      "Nimm ihn bei der anderen Hand, Toby", fuhr Sikes fort. "Barney, sieh draußen nach!"

      Dieser ging hinaus und kam mit der Nachricht zurück, daß alles ruhig sei. Die beiden Einbrecher verließen nun mit Oliver in ihrer Mitte das Haus. Es war pechschwarze Nacht. Sie gingen über die Brücke und waren bald in Chertsey.

      "Tippeln wir schon durch die Stadt", flüsterte Sikes. "In dieser Nacht wird niemand unterwegs sein, der uns beobachten könnte."

      Toby war einverstanden, und so schritten sie hastig durch die Hauptstraße der kleinen Stadt, die zu so später Stunde ganz verödet war. Um zwei Uhr hatten sie das Städchen im Rücken. Sie gingen nun schneller und bogen in einen Weg ein, der nach links führte. Nach zehn Minuten machten sie vor einer Villa halt, die von einer Mauer umgeben war und welche Toby sofort erklomm.

      "Jetzt den Jungen!" sagte Toby. "Reiche ihn mir herauf."

      Ehe Oliver sich's versah, hatte ihn Sikes hochgehoben und im nächsten Augenblicke lag er neben Toby auf der anderen Seite der Mauer im Grase. Sikes folgte gleich darauf, und dann schlichen sie vorsichtig dem Hause zu. Jetzt wurde es dem armen Jungen, der vor Angst und Schrecken fast wahnsinnig war, zum erstenmal klar, daß die beiden Halunken auf Raub und Einbruch, wenn nicht gar auf Mord ausgingen. Er schlug dit Hände zusammen und seinen Lippen entfloh unwillkürlich ein Ausruf des Entsetzens. Seine Augen umflorten sich, kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn, er wankte und sank in die Knie.

      "Steh auf!« knirschte Sikes wutbebend.