James Bond 18: Eisbrecher. John Gardner

Читать онлайн.
Название James Bond 18: Eisbrecher
Автор произведения John Gardner
Жанр Языкознание
Серия James Bond
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783864254659



Скачать книгу

das Gleichgewicht zu halten.

      Karbunkelnase war mit den Regeln vertraut, doch er zögerte. Bond vermutete, dass er ein Messerkämpfer war, der nicht viel von Schusswaffen verstand. Er hatte zweifellos weitere Messer an seinem Körper versteckt, denn nun befand sich wie von Zauberhand eine ähnliche Waffe in seiner großen rechten Hand.

      »Was haben Sie da über meine Mutter gesagt?«, knurrte Bond in besserem Russisch als sein Gegner.

      Karbunkelnase grinste und zeigte fleckige Zähne. »Jetzt werden wir sehen, Mr Bond.«

      Sie umkreisten einander, und Bond trat einen kleinen Stuhl beiseite, um ihnen eine größere Kampffläche zu verschaffen. Karbunkelnase fing an, sein Messer von einer Hand in die andere zu werfen. Er war leichtfüßig, bewegte sich die ganze Zeit und zog den Kreis enger. Es war eine bestens bekannte Verwirrungstaktik: Man ließ den Gegner im Ungewissen, lockte ihn näher und schlug dann zu.

      Komm schon, dachte Bond, Komm schon. Komm her, näher, komm zu mir. Karbunkelnase tat genau das, ohne die Gefahr zu bemerken, in die er sich begab, indem er den Abstand verringerte. Bond hielt unablässig den Blick des großen Mannes, seine Sinne richteten sich auf das Messer seines Feindes, während es funkelnd hin- und hergeworfen wurde und der Griff bei jedem Wechsel mit einem festen Klatschen auf die Handfläche schlug.

      Das Ende kam plötzlich und schnell.

      Karbunkelnase rückte ein Stück näher an Bond heran und warf das Messer weiterhin zwischen seinen Händen hin und her. Bond trat abrupt vor, sein rechtes Bein schnellte in einem Ausfallschritt vor, der Fuß kam mitten zwischen den Füßen des Gegners auf. Im selben Augenblick warf Bond sein Messer von rechts nach links. Dann täuschte er an, das Messer wieder in die rechte Hand zu werfen, wie sein Gegner es erwarten würde.

      Der Moment war gekommen. Bond sah, wie sich die Augen des großen Mannes leicht in die Richtung bewegten, in die das Messer fliegen sollte. Es folgte ein Sekundenbruchteil, in dem Karbunkelnase unsicher war. Bonds linke Hand schnellte fünf Zentimeter nach oben, schoss dann nach vorn und nach unten. Das klirrende Krachen von aufeinandertreffendem Stahl erklang.

      Karbunkelnase hatte das Messer gerade erneut in die andere Hand geworfen. Bonds Klinge hatte die Waffe mitten in der Luft abgefangen und sie zu Boden geschleudert. Aus einem automatischen Reflex heraus bewegte sich der große Mann nach unten und streckte eine Hand aus, um nach dem Messer zu greifen. Bonds Messer schnellte nach oben.

      Der große Mann richtete sich sehr schnell wieder auf und gab ein Ächzen von sich. Seine Hand zuckte zu seiner Wange, der Bond mit seinem Messer einen hässlichen, blutenden und klaffenden Schnitt verpasst hatte, der vom Ohr bis zur Kieferpartie reichte. Mit einem weiteren schnellen Stoß nach oben schnitt Bond mit dem Messer in die abwehrende Hand. Dieses Mal stieß Karbunkelnase ein Brüllen aus, in dem sich Schmerz und Wut vermischten.

      Bond wollte niemanden töten – nicht in Finnland, nicht unter diesen Umständen. Aber er konnte die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Der große Mann riss die Augen ungläubig und ängstlich auf, als Bond erneut angriff. Das Messer blitzte wieder zwei Mal auf, hinterließ eine ausgefranste Wunde auf der anderen Wange und schnitt das Ohrläppchen ab.

      Karbunkelnase hatte offensichtlich genug. Er taumelte zur Seite und hielt keuchend auf die Tür zu. Bond kam zu dem Schluss, dass der Mann über mehr Intelligenz verfügte, als er ihm zugetraut hätte.

      Der Schmerz kehrte in Bonds Schulter zurück und brachte ein Schwindelgefühl mit sich. Er hatte nicht vor, seinem mutmaßlichen Angreifer zu folgen, dessen stolpernde, unsichere Schritte er auf der Holztreppe poltern hörte.

      »James?« Paula war ins Zimmer zurückgekehrt. »Was soll ich tun? Die Polizei rufen oder …?« Sie sah verängstigt aus, ihr Gesicht war vor Schreck ganz blass. Bond vermutete, dass er ebenfalls nicht sehr gut aussah.

      »Nein. Nein, die Polizei können wir hier nicht gebrauchen, Paula.« Er ließ sich auf den nächstgelegenen Stuhl sinken. »Schließ die Tür, schieb die Kette vor und wirf einen Blick aus dem Fenster.«

      Alles um ihn herum schien sich zurückzuziehen. Überraschenderweise, dachte er vage, tat Paula, was er verlangt hatte. Normalerweise hinterfragte sie ihn immer. Frauen wie Paula gab man für gewöhnlich keine Befehle.

      »Siehst du etwas?« Für Bond klang seine Stimme, als käme sie von weit weg.

      »Ein Auto fährt davon. Weitere Autos parken da unten. Ich kann keine Menschen sehen …«

      Das Zimmer kippte zur Seite und wurde dann wieder scharf.

      »… James, deine Schulter.« Er konnte sie neben sich riechen. »Erzähl mir einfach, was passiert ist, Paula. Das ist wichtig. Wie sind sie reingekommen? Was haben sie gemacht?«

      »Deine Schulter, James.«

      Er warf einen Blick darauf. Der dicke Stoff seines warmen Wintermantels hatte ihn vor einer ernsthaften Verletzung bewahrt. Doch das Messer hatte sich durch das Schulterstück gebohrt. Blut sickerte durch den Stoff und hinterließ einen dunklen feuchten Fleck.

      »Erzähl mir, was passiert ist«, wiederholte Bond.

      »Du bist verletzt. Ich muss mir die Wunde ansehen.«

      Sie schlossen einen Kompromiss, und Bond zog sich obenherum aus. Ein hässlicher Schnitt verlief diagonal über seine Schulter, wo sich das Messer gut einen Zentimeter tief in sein Fleisch gebohrt hatte. Paula benutzte ein Antiseptikum, heißes Wasser, Pflaster und Mullbinden, um die Wunde zu säubern und zu verbinden, während sie ihm ihre Geschichte erzählte. Nach außen hin wirkte sie ruhig, doch Bond bemerkte, dass ihre Hände leicht zitterten, als sie berichtete, was passiert war.

      Die beiden Mörder waren nur ein paar Minuten vor seiner Ankunft vor ihrer Tür aufgetaucht. »Ich war ein wenig spät dran.« Sie vollführte eine vage Geste und deutete auf ihren seidenen Morgenmantel. »Ich war dumm. Ich hatte die Kette nicht vorgehängt und dachte einfach, dass du es wärst. Ich habe nicht mal durch den Türspion geschaut.« Die Eindringlinge hatten sich gewaltsam Zutritt zur Wohnung verschafft, sie zurück ins Zimmer gedrängt und ihr gesagt, was sie tun sollte. Außerdem hatten sie recht ausführlich erklärt, was sie mit ihr anstellen würden, falls sie ihren Anweisungen nicht nachkam.

      Bond kam zu dem Schluss, dass sie unter den Umständen das einzig Richtige getan hatte. Was ihn betraf, gab es allerdings einige Fragen, die nur über die Kanäle des Service beantwortet werden konnten, was bedeutete, dass er nach London zurückmusste, auch wenn er gerne noch in Finnland geblieben wäre. Die Tatsache, dass die beiden Männer nur ein paar Minuten vor seiner Ankunft in Paulas Wohnung gewesen waren, ließ ihn vermuten, dass sie gewartet hatten, bis sein Taxi am Esplanade Park angehalten hatte.

      »Tja, danke, dass du mich an der Tür gewarnt hast«, sagte Bond und entspannte seine verpflasterte und verbundene Schulter.

      Paula zog einen kleinen Schmollmund. »Ich wollte dich gar nicht warnen. Ich hatte einfach nur echte Angst.«

      »Ach was, du hast doch nur so getan, als ob du Angst hättest.« Bond lächelte sie an. »Ich kann beurteilen, ob Leute wirklich Angst haben oder nicht.«

      Sie beugte sich vor, küsste ihn und runzelte dann leicht die Stirn. »James, ich habe immer noch Angst. Ich bin ganz starr vor Schreck, wenn du es unbedingt wissen musst. Was hat es mit dieser Waffe auf sich, und wie konntest du auf diese Weise reagieren? Ich dachte, du wärst nur ein hohes Tier der Regierung.«

      »Das bin ich. Hochgewachsen und manchmal werde ich zum Tier.« Er hielt inne, bereit, die wichtigen Fragen zu stellen, doch Paula ging durch den Raum, um die Automatikpistole aufzuheben und sie ihm nervös zurückzugeben.

      »Werden sie wiederkommen?«, wollte Paula wissen. »Ist es wahrscheinlich, dass sie mich noch mal angreifen werden?«

      »Hör zu«, sagte Bond und breitete die Hände aus, »aus irgendeinem Grund waren ein paar Gangster hinter mir her. Ich weiß wirklich nicht, warum. Ja, manchmal führe ich etwas gefährliche Aufträge aus – daher die Waffe. Aber mir fällt kein Grund ein, warum mich diese beiden hier in Helsinki angreifen sollten.«

      Er