Название | Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl |
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Автор произведения | Jan Quenstedt |
Жанр | Документальная литература |
Серия | NET – Neutestamentliche Entwürfe zur Theologie |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772001208 |
An die Ausführung zu den verpflichtenden MahlzeitenMahlzeiten, deren Durchführung und Bewahrung schließen sich weitere Verpflichtungen für die MystaiMystai an, die sich aus dem Besitz des Weinberges ergeben: Die Erträge von zwei Dritteln des gestifteten Geländes sollen unter den jeweiligen MitgliedernMitglied der Vereinigung zu gleichen Teilen aufgeteilt (Z. 15–19) werden, unabhängig von der jeweiligen Länge der Zugehörigkeit zur Vereinigung (Z. 16–18). Im weiteren Sinne kann die Bedeutung des Verbs μετέχω (Z. 16) neben „teilnehmen“ und „partizipieren“6 auch mit „mitgenießen“7 wiedergegeben werden. Insbesondere die zweite Variante korreliert mit der gesellig-kultischen Ausrichtung der Vereinigung, die sich aus der Verbindung mit DionysosDionysos (vgl. Z. 2) ergibt. Die Inschrift sieht vor, dass die Partizipation der MystaiMystai auf Lebenszeit angelegt ist (Z. 16) und die Einhaltung der in der Inschrift genannten Verpflichtungen erfordert. Alle neu hinzukommenden MitgliederMitglied sind ebenfalls zur Teilhabe und zur Einhaltung der Verpflichtungen angehalten (Z. 12.17). Eine Grundlage für den langfristigen Erfolg der Vereinigung wird in Z. 19 formuliert. Darin wird festgehalten, dass der eingangs erwähnte Weinberg beständig unverkauft, d.h. im Besitz der Vereinigung bleiben soll. Mit dieser Bestimmung besiegelt die Inschrift das Anliegen, dass zu Lebzeiten der zur Aufstellung der Inschrift aktiven MystaiMystai und darüber hinaus hinzukommende MitgliederMitglied Anteil haben sollen am Ertrag der Schenkung. Deutlich hervorzuheben ist nicht zuletzt die Aufteilung des gestifteten Landes: Während Z. 6–7 einen Teil des Ertrags des Landes für die gemeinsamen Festmähler vorsieht, sind nach Z. 18–19 zwei Teile des Ertrags für die Aufteilung unter den aktuellen und zukünftigen MystaiMystai vorgesehen. Damit fällt der für die MitgliederMitglied allgemein verfügbare Anteil des Ertrags deutlich höher aus als der für die Ausstattung der vorgeschriebenen Mahlzeiten vorgesehene Anteil. Daraus ist die Frage abzuleiten, ob die kultischen Vollzüge der Vereinigung eher sekundärer Natur sind, während demgegenüber gesellschaftliche Vollzüge eine größere Rolle spielten. Darauf könnte auch die Anzahl der vorgeschriebenen Festmähler hindeuten, die deutlich geringer ausfällt als in anderen Vereinigungen.8
Abgeschlossen wird die Inschrift durch eine zweispaltige Namensliste (vgl. col. I u. II), die einen Eindruck der MitgliederMitglied zur Zeit der Aufstellung der Inschrift vermittelt. Anhand der Liste wird zunächst deutlich, dass augenscheinlich nur Männer MitgliederMitglied der Vereinigung waren, da weibliche Namen fehlen. Demgegenüber bietet IG X/2.1 260IG X/2.1 260 die Würdigung einer Priesterin des DionysosDionysos dar, weswegen dieser Befund schwerlich verallgemeinert werden kann. Darüber hinaus identifiziert Nigdelis die Mitgliederliste als Indiz für eine Vereinigung, die sowohl Bürger als auch Nicht-Bürger zu vereinen weiß.9 Keinen Hinweis bietet die Mitgliederliste auf Sklaven. Sollte sich als richtig erweisen, dass IG X/2.1 244IG X/2.1 244, datiert in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts, aufgrund der Ähnlichkeiten in der Mitgliederliste, derselben Vereinigung zuzuschreiben ist wie die vorliegende Inschrift, wäre dieser Umstand einerseits als ein Indiz für die zeitliche Beständigkeit der Vereinigung anzusehen10. Andererseits wäre dann der Erweis erbracht, dass sich die Mitgliedschaft in der Vereinigung innerhalb ähnlicher Abstammungen und Herkunftsorte fortsetzte, wie die ähnlichen Namen nahelegen.11
2.3.3 Soziologie der Vereinigung
Abgesehen von der Namensliste und ihren Hinweisen auf Bürger und Nicht-Bürger bietet die Inschrift wenige Hinweise auf die Soziologie der Vereinigung. Deutlich werden die finanziellen Möglichkeiten des Gaius JuliusJulius, der den Weinberg der Vereinigung und ihrem Gott darbietet bzw. als Opfer vorlegt (Z. 3–5). Der Ertrag des gestifteten Weinbergs ist für die Ausgestaltungen der Festmähler vorgesehen (vgl. Z. 7ff.) und darüber hinaus zur freien Verfügung durch die MitgliederMitglied (vgl. Z. 15ff.), die alle in gleichem Maße am Ertrag partizipieren dürfen.1 Vor dem Hintergrund der Frage nach dem Konzept diakonischen Handelns ist offenzulassen, ob in der vorliegenden Inschrift der Stifter des Weinbergs als fürsorglich Handelnder zu verstehen sein könnte, der nach seinen Möglichkeiten die Vereinigung dauerhaft durch die Stiftung Anteil haben lässt an seinem Besitz und damit deren Existenz sichert. Die MotivationMotivation, die zu dieser Handlung führte, kann lediglich vermutet werden, da anhand der Inschrift keine expliziten Aussagen zu gewinnen sind. Denkbar wären, neben einem kultisch-egoistischen Motiv eine Wohltat für die Gottheit zu vollbringen,2 auch Motive, die eine Steigerung des persönlichen Prestiges im Blick haben. Demgegenüber ist aber wahrzunehmen, dass die Inschrift nicht primär der Würdigung des WohltätersWohltäter diente.3 Vielmehr liegt ihr Fokus auf der Beschreibung und Festhaltung der mit der Stiftung verbundenen Vorgaben, auf die sich die namentlich genannten Mysten einlassen und die damit den Grundstein für eine längerfristige Teilhabe an den Erträgen legen (vgl. die Hinweise auf die zukünftigen MitgliederMitglied in Z. 12.17f.). Dementsprechend wird Gaius auch nicht als WohltäterWohltäter, also als EuergetEuerget, bezeichnet, seine Würdigung vollzieht sich vielmehr implizit durch die Einhaltung der genannten Verpflichtungen durch die MystaiMystai und darüber hinaus durch seine Namensnennung innerhalb der öffentlichen Inschrift.
2.3.4 Ergebnisse
Unstrittig festgehalten werden kann, dass die MitgliederMitglied einen Nutzen aus der Stiftung gezogen haben. Der Kreis der Nutznießer bleibt laut der Inschrift einzig auf die VereinigungsmitgliederVereinigungsmitglied beschränkt, sofern darunter die Teilhabe an den Erträgen zur persönlichen Nutzung verstanden wird. Die Teilhabe vereinigungsfremder Personen an den gemeinsamen MahlzeitenMahlzeiten jedoch bleibt offen und ist aufgrund der verwendeten Terminologie nicht auszuschließen. Darüber hinaus jedoch ist die Teilhabe an den nicht für die Mahlzeiten bestimmten Erträgen zwangsläufig an eine Mitgliedschaft gebunden und steht keiner Öffentlichkeit offen. Diese Mitgliedschaft ist an konkrete Bedingungen gebunden, die sich aus der Nutzung und Bereitstellung des Weinbergs heraus ergeben. Inwieweit das beschriebene Handeln dem Konzept diakonischen Handelns im Sinne der Definition zugehörig ist, wurde bereits angefragt und ist noch einmal systematisch darzustellen: Gaius JuliusJulius greift mit seiner Stiftung positiv-gestaltend in das Leben der Vereinigung ein und verwendet dafür eigene, private Mittel. Zwar verlangt der Stifter die Einhaltung bestimmter Regeln, jedoch zieht er augenscheinlich keinen persönlichen Nutzen aus deren Befolgung und der Stiftung des Weinberges. Das Schweigen der Inschrift in Bezug auf die MotivationslageMotivationslage des Gaius könnte als positives argumentum e silentio für ein dem Konzept diakonischen Handelns zugehöriges Verhalten gedeutet werden, weil sich mit der Stiftung keine Erwartung einer Gegenleistung zugunsten des Stifters verbindet und sie nicht auf die Erlangung eines Gewinns abzielt. Anders als bei anderen Inschriften wird das Verhalten des Gaius darüber hinaus nicht weiter kommentiert. Daher ist nicht auszuschließen, dass der Stifter aus wohltätigen oder auch altruistischenAltruismus Motiven heraus handelte. Als ein sozial-fürsorgliches HandelnHandeln,