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Straßenverkehrsordnung!«, rief Jakob dem unbeliebten, aber begnadeten Kinderchirurgen nach, als die Assistenzärztin Sophie Petzold um die Ecke bog.

      »Einen wunderschönen guten Tag, die Herrschaften!«, grüßte sie gut gelaunt.

      »Das sollten Sie mal dem Kollegen Lammers sagen«, brummte Jakob und machte Anstalten, das Bett ins Krankenzimmer zu ziehen.

      Sophie dachte nicht lange nach. Sie steckte das Klemmbrett unter den Arm und packte mit an.

      »Und Sie sollten sich nicht die Laune von solchen Miesepetern verderben lassen.«

      »Die junge Frau hat recht«, mischte sich Anna in das Gespräch ein.

      »Leichter gesagt als getan.« Jakob parkte das Bett am Fenster und stellte die Bremse fest. Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Manchmal ist mein Geld schon sauer verdient. Besonders, wenn ich mir zu den Doppelschichten auch noch so blöde Kommentare anhören muss.«

      Sophie musterte ihn besorgt.

      »Alles in Ordnung?«

      Jakob schüttelte sich wie ein nasser Hund und lächelte schon wieder.

      »Alles gut. Es ist nur ein bisschen viel heute.«

      Doch die Assistenzärztin blieb hart, was nicht zuletzt seiner Blässe geschuldet war.

      »Wenn Sie hier fertig sind, möchte ich Sie sehen.«

      »Heißt das, wir haben eine Verabredung?«

      »Das heißt, dass Sie einen Termin haben«, gab Sophie Petzold streng zurück. Sie nickte Anna Wolter zu und bedachte den Pfleger mit einem strengen Blick, ehe sie sich wieder auf den Weg machte.

      »Eine resolute Frau«, lobte Anna die Assistenzärztin. »Viel selbstbewusster, als wir es früher waren. Das ist wirklich ein Fortschritt.«

      »Ich bin mir da nicht so sicher«,­ erwiderte Jakob zähneknirschend.

      Anna lachte.

      »Gehen Sie nur. Sie wird Ihnen schon nicht weh tun. Und bitte denken Sie daran, Dr. Norden vorbeizuschicken. Ich muss unbedingt mit ihm besprechen, wie lange ich hierbleiben muss. We­gen­ meines Enkels, Sie wissen schon.«

      Jakob versprach es und machte sich ein paar Minuten später auf den Weg. Er suchte und fand Sophie Petzold in einem der Behandlungszimmer.

      »Da sind Sie ja!« Sie deutete auf den Stuhl neben dem Schreibtisch. »Bitte machen Sie schon einmal den Oberarm frei.« Sie holte ein Blutdruckmessgerät aus einer Schublade und legte die Manschette an. »Neunzig zu fünfzig. Das ist eindeutig zu niedrig.«

      Jakob wich ihrem Blick aus.

      »Ist doch besser als zu hoch.« Er krempelte den Ärmel herunter und wollte wieder aufstehen.

      Unbarmherzig drückte Sophie ihn auf den Stuhl zurück.

      »Seit wann sind Sie bei der Arbeit?«

      Jakob schnitt eine Grimasse.

      »Ich wohne quasi in der Klinik.«

      »Schon allein deshalb müsste Ihr Blutdruck viel zu hoch sein. Ich würde der Sache gern auf den Grund gehen.«

      Sanft aber bestimmt nahm Jakob ihre Hand von seiner Schulter.

      »Und ich muss jetzt leider ­zurück an meine Arbeit. Sonst ­haben Herr Lauterberg und Frau Amundsen bald gar keinen Blutdruck mehr, und ich habe dafür jede Menge Ärger am Hals.« Er sah sie so treuherzig an, dass Sophie lachen musste.

      »Sie sind wohl nie um eine Ausrede verlegen.«

      »Glauben Sie mir: Ich täte nichts lieber, als mich in Ihre schlanken, sinnlichen Hände zu begeben. Leider werde ich dafür nicht bezahlt.« Diesmal ließ sich Jakob nicht zurückhalten. Er stand auf, bedankte sich für ihre Mühe und verließ das Zimmer.

      Sophie Petzold sah ihm nach. Instinktiv spürte sie, dass Jakob sie angelogen hatte. Doch nicht umsonst lautete ihr Spitzname Frau Ehrgeiz. Sie würde die Wahrheit schon noch aus ihm herauskitzeln. Davon war sie felsenfest überzeugt.

      *

      »Uno!«, triumphierte Dési. Sie musste nur noch eine Karte ablegen, dann war das Spiel gewonnen.

      Mit düsterem Blick starrte der kleine Paul auf die Karten in seiner Hand. Unmöglich, das Ruder noch einmal herumzureißen.

      »Ich hab keine Lust mehr!« Der Vierjährige warf seine Karten auf den Gartentisch und sprang auf.

      »Komm schon! Das ist doch nur ein Spiel!«, versuchte Dési, ihn zu trösten. »Wo willst du denn hin?« Sie sah ihm nach, wie er über den Rasen hinüber zum Gartenzaun lief.

      »Ich will zu meiner Omi.« Er hängte sich an den Holzzaun. Um besser sehen zu können, zog er sich hoch

      »Du weißt doch, dass deine Omi im Krankenhaus ist.«

      »Wann kommt sie wieder?«

      »Das weiß ich noch nicht so genau.« Dési hatte sich zu dem Kleinen gesellt. Um mit ihm auf Augenhöhe zu sein, ging sie neben ihm auf die Knie. »Gefällt es dir hier denn nicht?«

      Paul ließ den Zaun los. Er zuckte mit den Schultern.

      »Ich will zu meiner Mami!« ­Seine Unterlippe begann zu zittern.

      Allmählich geriet Dési in Panik.

      »Ach, Hase, das geht jetzt nicht«, versuchte sie, den Kleinen zu trösten. »Ich mache dir einen Vorschlag: Ich rufe meinen Papa an und frage, ob wir deine Omi besuchen können. Und dann fahren wir zusammen ins Krankenhaus.«

      Diese Antwort schien ihn nicht zufrieden zu stellen.

      »Ich will zu meiner Mami!«, verlangte er und stampfte mit dem Fuß auf dem Boden auf.

      Händeringend suchte Dési nach einem Ausweg, als sie einen Schatten im Augenwinkel bemerkte.

      »Mum, Gott sei Dank!«

      Auch Fee war erleichtert, ihre Tochter zu sehen.

      »Désilein, sei so lieb und mach mir schnell die Haustür auf. Ich habe mal wieder viel zu viel eingekauft«, rief sie vom Gartenweg herüber.

      Dési sah rasch hinüber zu Paul.

      »Kommst du mit rein?«

      Er schüttelte den Kopf.

      »Na schön. Dann wartest du hier, ja? Ich bin sofort wieder da.«

      Diesmal nickte der Kleine ernsthaft, und Dési spurtete durch das Haus zur Tür.

      »Gut, dass du endlich zurück bist«, raunte sie ihrer Mutter zu und nahm ihr eine der beiden Taschen ab, die sie den Gartenweg hinauf geschleppt hatte. »Ich hätte nie gedacht, dass es so anstrengend ist, ein kleines Kind zu beschäftigen. Erzieher wäre definitiv nichts für mich.«

      Fee stellte die Tasche im Flur ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Besorgt zog sie eine Augenbraue hoch.

      »Habt ihr euch gestritten?«

      Nun musste Dési doch lachen.

      »Wenn ich ein paar Jahre jünger wäre, hätte ich für nichts garantieren können.« Sie berichtete vom Ende des Uno-Spiels.

      »Hättest du Paul nicht gewinnen lassen können?«

      »Das ist pädagogisch nicht besonders wertvoll. Hat mir Anneka beigebracht. Und die muss es ja wissen!«

      »Wann habt ihr denn über so etwas geredet?« Fee packte die Taschen aus. Sie stellte Joghurt, Milch und Eier in den Kühlschrank, legte das Brot in die Schublade und die Tomaten in die Schale in der Ecke. »Deine Schwester ist seit fast einem Jahr in Neuseeland, um ihr Berufsanerkennungsjahr zu machen.«

      Dési schnitt eine Grimasse.

      »Das hat sie mir erzählt, bevor sie getürmt ist.«

      »Manchmal ist es trotzdem besser,