Lesbische Träume und 11 andere erotische Novellen. Sarah Skov

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Название Lesbische Träume und 11 andere erotische Novellen
Автор произведения Sarah Skov
Жанр Языкознание
Серия LUST
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788726285642



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mir trotz allem ziemlich gut geht. Wenn ich wieder gehe, spüre ich immer, dass man sich um mich kümmert. Ich stelle mir vor, dass es so wäre, wenn ich meine Mutter noch hätte. Wir waren uns nie besonders nah, aber trotzdem war ich nie im Zweifel, dass das Beste, was ich ihr sagen konnte, war, dass es mir gut ging. Das ist wohlgemerkt das einzige, was Eltern sich wirklich wünschen. Ich bin so froh darüber, dass Claus und ich keine Kinder bekamen, sonst wäre ich nie davon losgekommen.

      Ich balanciere die Kaffeetasse in meiner Hand. Das ist einer der besten Momente des Tages. Der Unterricht ist vorbei, und ich kann mich ins Büro verziehen. Ich wechsle von Arbeit zu Freizeit, und checke wie gewöhnlich, was im Kino läuft. So habe ich einen einigermaßen guten Überblick, wann welcher Film Premiere hat. Ich liebe Kino. Als Ausgebildete im Bereich Kunst und Kultur und als naturscheuer Mensch ist Kino ein Volltreffer. Ist man erstmal drinnen, steht man nicht mehr im Fokus, es ist wie eine Vernissage oder eine Theateraufführung mit langer Pause im Foyer. Im Kino kann man den Kopf abschalten. In dieser Hinsicht fordern die Filme eine andere Art von Aufmerksamkeit.

      Nicht weit von mir entfernt, gibt es außerdem ein kleineres Kino, wo man an der alten Tugend festhält. Bar und gemusterter Boden im Foyer, lange, schwere Samtvorhänge, Noir-Plakate und Spiegel an den Wänden. Es fühlt sich an, als gehörte ich dorthin, und als wäre ich weit vom Alltag entfernt. Wie ein Ort, an dem ich ich selbst sein kann und keine Rolle einzunehmen brauche, ein bisschen wie eine Traumwelt. In erster Linie sehe ich gerne Sozialrealismus auf der großen Leinwand. Die Idee darüber, dass dort ein anderes Leben abläuft, ein dramatisches Leben, an dem man für eine Weile teilhaben kann, ehe man zurück in sein eigenes kehren muss, gefällt mir. Meistens ziehe ich allein los, hin und wieder direkt von der Arbeit, da ich nicht zuerst nach Hause muss, um mich zurechtzumachen. Ich habe kein Problem damit, allein zu gehen. Ich gehe im Keller auf die Toilette, wo ich roten Lippenstift auftrage. Das allein verwandelt mein Gesicht von Alltag zu Wochenende. Die anderen Frauen auf der Toilette tummeln sich an den Waschbecken. Ich habe mich schon immer darüber geärgert, dass es in Dänemark nicht akzeptiert wird, wenn man etwas aus sich macht. Dass Lippenstift aufzutragen unanfechtbar als Zeitverschwendung oder Bedrohung einer schönen Frau betrachtet wird. Wir sind so schlecht darin, unsere gegenseitige Schönheit zu bewundern.

      Das Kino wurde auch zu einer Form von Übergangsritual, als ich mich scheiden ließ. Als es mir wichtig wurde, etwas Eigenes zu haben. Claus wollte nie mit ins Kino. Ich wollte etwas finden, auf das ich Lust hatte, und wo ich nicht an andere denken musste. Ich liebe Kunst, mein Zuhause ist von oben bis unten voll davon, aber meistens bestehen Vernissagen daraus, dass man sich über das Erlebnis unterhält. Ich finde Gefallen daran, allein ins Kunstmuseum zu gehen, aber Vernissagen ertrage ich nicht wirklich, es sei denn ich habe Kollegen oder eine Freundin dabei. Ich will nicht ständig in der Gegend herumstehen, Smalltalk betreiben und meine Eindrücke teilen, egal was ich von der ganzen Sache halte.

      Ich setze mich mit einem Glas Wein in die Lounge des Kinos, nachdem ich mir eine Karte für die Abendvorstellung gekauft habe. Es kommt selten vor, dass ich jemanden treffe, den ich kenne. Die meisten Menschen haben mit sich selbst zu tun. Ich blättere gern im Programm für den kommenden Monat, lese bei Bedarf ein bisschen, habe aber in erster Linie kein Problem damit, einfach nur dazusitzen und die anderen zu beobachten. Ich nehme selten Blickkontakt auf. Meistens bin ich die einzige, die allein hier ist. Das kann tausende Gründe haben.

      Ich reibe die Lippen aneinander. Auf dem Rand des Glases sehe ich den blassen Abdruck meines Lippenstifts. Ich schaue kurz auf mein altes Handy, dann schalte ich es aus und stecke es zurück in die Tasche.

      Genau da bleibt eine Person direkt neben meinem Stuhl stehen, so nah, dass es wohl ihr Ziel gewesen sein muss, meine Aufmerksamkeit zu erlangen.

      „Hey“, sagt Sebastian mit einem breiten Lächeln.

      Ich begrüße ihn. Keine Umarmung, er ist schließlich einer meiner Studenten. Er trägt eine Uniform und sieht ganz anders als sonst aus.

      „Dachte ich mir doch, dass Sie es sind“, grinst er.

      Ich streiche mein Haar hinter das Ohr.

      „Darf ich mich einen Moment zu Ihnen setzen?“, fragt er und zeigt mit seiner Handfläche auf den leeren Stuhl mir gegenüber.

      „Natürlich“, antworte ich und ziehe mein Weinglas etwas näher zu mir, um zu signalisieren, dass dort frei ist. Die Unterseite des Glases kratzt über die Tischplatte.

      Im Licht des Kinos sieht Sebastian anders aus. Für einen Moment überlege ich, ob das am Wein liegen könnte. Ich habe heute nicht sehr viel gegessen. Es kommt so selten vor, dass ich meine Studenten außerhalb der Universität treffe. Die meisten grüßen mich, wenn ich ihnen über den Weg laufe, aber ich habe es noch nie erlebt, dass einer ein Gespräch begonnen und sich zu mir gesetzt hat. Vorsichtig trinke ich von dem Wein. Er ist eigentlich nicht besonders gut. Nur wenige trinken Wein im Kino. Das ist aus der Kunstszene an mir hängengeblieben.

      „Was werden Sie sich ansehen?“, fragt Sebastian und nickt zu meiner Karte.

      Ich halte sie ihm hin.

      Er liest und nickt. Es ist sicherlich kein Film, den er schon gesehen hat, denn er gibt keine Kritik oder ein Zeichen von sich, dass ich mich darauf freuen kann.

      „Sind Sie allein hier?“, fragt er.

      Ich erzähle, dass ich gern allein ins Kino gehe, vor allem freitags nach dem Unterricht.

      „Cool“, sagt Sebastian.

      Gott, wie jung er ist!

      „Du hast einen Nebenjob hier“, bemerke ich und nicke zu seiner Uniform.

      Sebastian lässt die Hände über seine Brust gleiten, wie ein Kind, das sein Kostüm präsentiert.

      „Ja. Ist ziemlich gut mit ein bisschen Geld über die Beihilfe hinaus“, sagt er und zwinkert. Ich nicke. Er lächelt mir zu. Ich merke, dass meine Wangen ein wenig erröten.

      In der Uniform ist sein Oberkörper stattlicher und maskuliner als im gewohnten T-Shirt. In Gedanken nehme ich ihn unter die Lupe. Er hat ein Auge für Kunst und Kultur. Ich bin sicher, dass er es in der Branche zu etwas bringen wird. Seine Hände wandern über den Tisch, als suchte er nach Halt. Ich sollte ihn etwas fragen, aber was mir auch einfällt, ich bin im Zweifel, ob es eine Grenze überschreitet.

      „Ich muss los“, sagt er bestimmt und schaut auf seine Armbanduhr. „Schön, dass Sie hier sind.“

      Ich betrachte ihn, während er die Treppe hinter mir zu seiner Kollegin herunterläuft, die ihn gerade gerufen hat. Wenn sie miteinander sprechen, lehnt er sein Gesicht zu ihrem Ohr. Allmählich herrscht Betrieb. Ein Mann fragt, ob er den Stuhl nehmen dürfe, auf dem Sebastian eben noch gesessen hat.

      „Klar“, sage ich.

      Als ich in die Dunkelheit des Kinos trete, reißt Sebastian meine Karte ab.

      „Viel Spaß“, sagt er und zwinkert wieder.

      Ich bedanke mich und erröte abermals. Die anderen Leute in der Schlange merken es nicht. Ob es Sebastian wohl aufgefallen ist? Ich nehme meinen gewohnten Platz ein. Wenn ich meine Karte am Schalter kaufe, bitte ich immer um diesen. In der Mitte, wo die anderen Zuschauer sowohl vor, als auch hinter mir sitzen. Es ist am besten, wenn man nicht zu nah aneinander sitzt. Auf der großen Leinwand läuft noch Werbung, die Beleuchtung ist gedämpft. Ich orientiere mich im Saal. Nach der Werbung öffnet sich der Vorhang ganz, und das Wort „Zentropa“ erscheint in großen Buchstaben auf der Leinwand. Dann beginnt der Film. Im Licht der Notausgangsschilder kann ich Sebastian an der Tür herumhantieren sehen, die er anschließend von außen schließt. Ich versinke in der Handlung des Films und vergesse mich selbst.

      Als das Licht wieder angeht, geht Sebastian zügig durch den Saal. Er öffnet die Ausgangstür, die direkt in den Hinterhof des Kinos führt. Wie die anderen Gäste erhebe ich mich, und ziehe meine Jacke an. Ohne, dass es jemand merkt, steige ich vorsichtig wieder in meine hohen Schuhe. Nach einem langen Tag tut es gut, die Füße zu entspannen, natürlich nur, wenn man genug Abstand zu den anderen Zuschauern hat. Es hat etwas, den Teppich durch