Название | Baltrumer Dünensingen |
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Автор произведения | Ulrike Barow |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783839266960 |
»Sie kennen sich?«
»Ja, von früher. Wir haben uns heute auf der Feier des Heimatvereins wiedererkannt. Hast du etwa …?«, wandte sie sich an den Mann, der zusammengesunken an der Wand lehnte.
»Ich habe den Mann gefunden, nicht umgebracht. Trotzdem gelte ich offensichtlich als Hauptverdächtiger. Die nehmen sogar meine Fingerabdrücke!«
Beinahe hätte Röder Einspruch erhoben, doch er beschloss spontan, dass es dazu keinen Grund gab. Benedikt konnte trotz seines Protestes durchaus schuld am Tod des Mannes sein. Ebenso wie der andere, der kein Problem damit gehabt hatte, seinen Gatten mit einem Motiv auszustatten. Er bat Meta, einen Blick in den Laden zu werfen, ob ihr Ungewöhnliches auffiele, und sie deutete auf drei Pappröhrchen, die auf dem Fußboden lagen.
»Das war heute Morgen sicher nicht da. Und der Staub drumherum auch nicht.«
Das waren Böller, so viel konnte Röder erkennen. Wie kamen die hierher? Und warum lagen die dort? Der Kriminaldauerdienst würde sich darum kümmern. Die beiden Polizisten entließen Martens und Benedikt, nicht ohne an den Termin auf der Wache zu erinnern. »Weißt du, ob der Mann Familie hat, die wir benachrichtigen können?« Röder hoffte auf eine positive Antwort von Meta, doch er sah sich enttäuscht. Sie wusste nur, dass der Mann in ihrer kurzen Bekanntschaft weder Frau noch Kinder erwähnt hatte. Allerdings hatte sie eine Adresse in Brake vorliegen.
»Sie liegt bei mir im Wohnzimmer. Ich hole sie.« Meta wollte gehen, dann drehte sie sich um. »Es war so ein verdammt schöner Tag. Die Gäste waren gut drauf und haben ordentlich gekauft, gegessen und getrunken, der Auftritt der Gitarrengruppe war ein voller Erfolg, und das Wetter gab sein Bestes. Warum musste er so enden? Zumindest für mich. Die anderen feiern ja weiter.«
»Wann hast du die Galerie verlassen?«
»So gegen 10 Uhr. Als ich ging, war der erste Kunde bereits im Laden. Mehr weiß ich nicht.« Sie verschwand und kam kurz darauf mit einem Zettel wieder. »So, hier ist die Adresse. Ich glaube nicht, dass er verheiratet war. Er war ein wunderbarer Künstler, aber als Mensch? Man brauchte schon starke Nerven, um es dauerhaft mit ihm auszuhalten. Bei mir hat er sich einigermaßen vernünftig benommen. Schließlich wollte er, dass seine Bilder hier ausgestellt werden. Aber als wir über die Preise sprachen, konnte er nicht genug bekommen. Meine Bildpreise dürfen ein oberes Limit nicht übersteigen, und wenn ein Künstler damit nicht einverstanden ist, muss er gehen. Da hatte Wurzellage echt dran zu knabbern. Beinahe hätte er alles wieder eingepackt. Doch er blieb und hat in den paar Tagen bereits einige Bilder verkauft.«
»Wohnte er bei dir?«, fragte Röder.
»Ja, die meisten Aussteller machen das. Ich habe oben ein kleines Zimmer, das ich kostenlos zur Verfügung stelle. Er hat bei dem Angebot nicht nein gesagt.« Sie lächelte. »Nein gesagt hat er allerdings, als ich ihn darauf hinwies, dass es hier so etwas wie Kurtaxe oder Fremdenverkehrsabgabe gibt, die eventuell zu zahlen wäre. Das ginge ihn nichts an, meinte er. Schließlich würde er die Insel bereits mit seinen Bildern bereichern.«
»Meta, du lässt den Laden heute Nachmittag geschlossen und rührst hier unten und in seinem Zimmer erst einmal gar nichts an, bis wir und der Kriminaldauerdienst neue Erkenntnisse bezüglich Wurzellages Tod haben. Sobald wir hier durch sind, werden wir die Bilder des Toten sicherstellen«, erklärte Röder. Er hatte das Gefühl sich in einem Nachkriegstheaterstück wiederzufinden. Meta stand vor ihm in ihrer Tracht mit dem Charme der 60er-Jahre, als ob sie auf ein Stichwort von ihm wartete.
Sie schaute auf die Uhr. »Meine Mitstreiter beim Heimatverein brauchen dringend Hilfe. Herbert hat versprochen, meine Karten zu verkaufen. Wir waren am gleichen Tisch. Er hat Bernstein angeboten. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, dort wieder aufzutauchen. Es hat sich bestimmt schon rumgesprochen, was passiert ist.«
»Davon kann man ausgehen«, sagte Röder. »Bei der Beantwortung von Fragen seitens Neugieriger solltest du dich zurückhalten. Noch wissen wir nichts.«
»Meinst du, ich gehöre hier zu den Tratschtanten?« Empört schlug sie mit der Faust auf den Tisch. »Da solltest du mich besser kennen!«
»Beruhige dich. Habe ich nicht so gemeint. Aber du weißt, dass es hartnäckige Menschen gibt.«
»Ich weiß«, seufzte sie, »aber darum ist es umso wichtiger, dass ich mich dort blicken lasse, um Änne aus dem Schussfeld zu nehmen. Die wird bestimmt mit Fragen überhäuft und weiß gar nicht, worum es geht.« Wieder schaute sie auf die Uhr. »Wie gut, dass mein Neffe Johannes heute kommt. Der kann uns unterstützen.«
Der Inselpolizist war sich nicht sicher, ob diese Aussage seine Zustimmung fand. Trotzdem nickte er. »Geh und kläre die Lage. Herr Gebert bleibt hier, während ich die Kollegen vom Flugplatz abhole. Komm bitte so schnell wie möglich wieder. Wir brauchen hier deine Anwesenheit.«
Er kannte Ännes Sohn Johannes kaum. Der Mann hatte bereits die Insel verlassen, als er, Röder, seine Arbeit auf der Insel angetreten hatte. Das Einzige, was er kannte, war dessen Akte. Johannes Paulsen war vorbestraft. Er hatte, nach seiner Aussage, jemanden bei einem Einbruch erwischt und aufgehalten. Allerdings konnte dem Opfer der Einbruch nie nachgewiesen werden, und das Aufhalten hatte so ausgesehen, dass Paulsen dem Mann einiges an Schlägen verpasst hatte, bevor er von zwei Kumpels zurückgehalten worden war. Es war das erste Verfahren gegen ihn, daher war die Strafe relativ glimpflich ausgefallen. Dass Paulsen jedoch gerne mal wütend reagierte, besonders, wenn Alkohol im Spiel war, war auf der Insel bekannt. Und auch, dass sowohl Änne, seine Mutter, als auch Meta eisern zu ihm hielten. Wehe, wenn einer was Böses über Johannes sagte, dann war es vorbei mit der Freundschaft.
Er winkte Daniel zu und stieg auf sein Rad. Sein Chef hatte zugesagt, dass die Kollegen in Kürze eintreffen würden. In gut zwei Stunden sollten dann Benedikt und Martens auf dem Revier erscheinen. Er war gespannt, was sie zu sagen hatten. Und dann? Ja, dann war bald schon Abend und es stand Boogie -Woogie auf dem Programm. Bis vor ein paar Tagen hatte er sich nicht einmal darüber Gedanken gemacht, wie weit sich eine Hüfte zum Takt der Musik schwingen ließ. Jetzt wusste er es. Ziemlich weit. Zumindest so weit, dass die Tanzlehrerin ihm am ersten Abend einen bewundernden Blick zugeworfen hatte, als Sandra und er die Tanzfläche dominiert hatten. Er grinste. Vielleicht hatte er den Blick aber auch verkehrt verstanden und es war doch mehr Mitleid gewesen. Mitleid mit Sandra. Sein Muskelkater am nächsten Tag zeugte jedoch davon, dass er sein Bestes gegeben hatte. Und genau das würde er heute Abend wieder machen, weil er einfach nicht drumherum kam. Wenn nicht, ja, wenn nicht dringende Ermittlungen sein Erscheinen erforderten. Außerdem – was war mit seinem Knöchel? Zu seinem Bedauern schmerzte er nicht mehr, also fiel dieser Grund für einen Rückzieher aus. Aber das konnte Sandra schließlich nicht wissen.
Er holte die Wippe, die neben dem Gartenhäuschen links von der Wache auf ihren Einsatz wartete, und fuhr weiter zum Flugplatz. Gerade stieg eine einmotorige Maschine auf. Es war erstaunlich, wie sich die Menge der Starts und Landungen in den letzten Jahren vervielfacht hatte. Im Sommer war es inzwischen völlig normal, dass bis an die 20 Maschinen neben dem Rollfeld standen, während die Piloten sich am Strand oder in einem der Cafés tummelten. Wiederholt hatte es bereits Proteste seitens der Anwohner gegeben, aber bis jetzt gab es keinerlei Einschränkung des Flugbetriebes. Er stellte sein Rad ab und ging zu dem Container, der als Tower diente.
Melanie, die für den reibungslosen Ablauf auf dem Rollfeld verantwortlich war, empfing ihn freundlich. »Zehn Minuten, dann ist er da. Was ist passiert?«
»Ein Todesfall, der näher untersucht werden muss«, sagte er. Mehr musste sie nicht wissen. Sie fragte nicht weiter nach. Er verließ den Tower, setzte sich auf die Bank und ließ sich die Sonne auf die Nase scheinen. So viel Zeit musste sein. Als der Hubschrauber landete, wäre er am liebsten sitzengeblieben. Aber seine Kollegen warteten.
Martin Brinkmann und sein Kollege Lars Haltegrund begrüßten ihn freundlich. »Ist es wieder mal soweit? Was liegt an? Wieder ein Toter auf dem Friedhof?«
»Gemach, liebe Freunde. Nein, diesmal liegt ein toter Künstler in einer Galerie und wartet auf eure Begutachtung. Schön, dass ihr so schnell kommen konntet«,