Queer*Welten. Aşkın-Hayat Doğan

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Название Queer*Welten
Автор произведения Aşkın-Hayat Doğan
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783947720552



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stand geordnet und schrie vor Angst und Wut. Aber die Mutter des Krieges dachte nur an ihren Tänzer. Er hatte sie festgehalten, als sie ihre Wut über die Mauern brüllte, als sie das Volk der Heide zum Krieg rief, um wiederzuholen, was gestohlen worden war. Der Tänzer wollte blind bleiben, wollte seine Augen aufgeben, wollte sie nicht loslassen.

      „Ich brauche sie nicht“, flüsterte er, während sie weinte und schrie. „Wir werden weiter tanzen, weiter lachen. Ich werde dich und die Heide riechen, deine Arme um mich spüren und alle Schönheit dieser Welt in deiner Stimme hören. Ich brauche sie nicht.“

      „Ich brauche sie! Durch sie bin ich heil.“ Sie bedeckte die glatte Haut unter seinen Brauen mit ihren Händen. „Du bist mein Gatte! Dein Leib ist mein eigen.“

      Da lachte der Tänzer. „Jawohl, schöne Herrin, das ist er.“

      Sie konnte nicht schreien, wenn er lachte, aber sie lachte nicht mit ihm. „Niemand bestiehlt mich, mein Tänzer. Ich will meine Augen zurück.“

      Als die Truppen versammelt waren, im tiefen Herbst, und Ansha Wah nach Banner und Zügel griff, griff der Tänzer nach ihren Händen und vergrub seinen Kopf an ihrer Schulter.

      „Dein Leib ist mein eigen, schöne Gattin.“

      Sie küsste sein leeres Gesicht. „Ich bringe ihn wieder, schöner Gatte. Dann tanzen wir weiter.“

      * * *

      In der Mitte der Nacht vergaß Ansha Wah die Künste des Krieges. Ihr Pferd war längst tot, ihre Rüstung zerrissen, die Truppen brüllten ihren Namen. Ansha Wah hetzte über eine fleckige, feuchte Ebene im Sternenlicht und schrie nach ihren eigenen Dämonen. Den Dieb suchte sie, den Räuber, den einen Fetzen, der sich in die Heide gewagt hatte, um der Mutter des Krieges ihre wertvollsten Schätze zu stehlen.

      Zur gleichen Zeit strich der Tänzer durch die Säle der Festung. Sang die Lieder, die er sie gelehrt hatte, lauschte auf die fernen Echos. Aber es war nur seine eigene Stimme. Leer stand die Burg seiner Herrin, das Lachen fortgeschlichen, um nie mehr wiederzukehren. Er wusste es in seinem Herzen und glaubte nicht daran.

      Dass es wieder werde, wie es war. So vergeblich wie der erste Wunsch, und noch törichter.

      Die Sterne am Himmel erbleichen.

      Ein schweigender Morgen bricht an.

      Da sieht sie es zwischen den Leichen

      Und es schlägt sie in seinen Bann.

      Es ist wie ein Traum alter Zeiten,

      Wie hat sie dies Leuchten vermisst.

      Sie kann mit diesem nicht streiten.

      Er trägt ihren Schatz im Gesicht.

      Er selbst ist aus Schatten geschnitten,

      Das Schwert in der Hand ist aus Eis.

      Frost knirscht ihm unter den Schritten.

      Das Wappen am Schild ist schlicht weiß.

      Doch sie sieht einzig die Augen.

      Sie vergisst ihr Schwert und den Speer,

      Vergisst, das Böse zu glauben

      Und der Schatten brauchte nicht mehr.

      Wie man manche Wege nicht gehen kann, nur tanzen, gefangen und gehalten vom Ritual der Schritte, kann man manches nicht berichten. Die Verse der Sänger weisen den Weg, den ein Tänzer beschreiten kann.

      Er steht auf den Zinnen

      Wacht Zeit seines Lebens

      Mit allen seinen Sinnen.

      Die Wacht bleibt vergebens.

      Sie zog mit dem Heer

      Sie kehrt niemals wieder.

      Die Heide steht leer

      Der Wind pfeift dort Lieder.

      Oft hebt Er die Hand

      Er glaubt, Sie zu hören

      Kein Hufschlag im Sand

      Es rauscht in den Föhren.

      Dies ist kein Lied für den Norden. Der Tänzer hat es nie gehört. Es ist ein Lied für den Süden, der vom Krieg träumt und vergessen hat, was der Krieg frisst.

      Über Rafaela Creydt

      Rafaela Creydt wurde 1982 am Rande Göttingens geboren. Nach Abitur und der Erkenntnis im ersten Semester Germanistik, dass nicht jeder zum Theoretiker geboren ist, fand sie im Studium der Landschaftsarchitektur genau die richtige Mischung aus Kreativität und Wirklichkeit.

      Sie hat in fünf verschiedenen Städten in drei Bundesländern gewohnt, interes- siert sich für viel zu vieles von Rollenspiel bis Design, und lebt zurzeit als Land- schaftsarchitektin in Nürnberg.

      Veröffentlichungen:

      „Die Stadt am Kreuz“ bei In Farbe und Bunt, 2015

      „Der letzte Winter der ersten Stadt“ bei In Farbe und Bunt, 2018

      Mehr über sie findet ihr auf ihrer Website www.Rafaela-Creydt.com und auf Facebook unter www.facebook.com/RafaelaCreydtAutorin.

      Traditionen

      Über Sarah Burrini

      Sarah Burrini arbeitet als freiberufliche Comiczeichnerin und Illustratorin in Köln. Von 2009 bis 2020 zeichnete sie den semi-autobiographischen und absurden Webcomic „Das Leben ist kein Ponyhof“ für den sie 2018 den Max-und Moritzpreis als bester deutscher Comic-Strip gewann. Als eine der ersten deutschen Künstlerinnen, die das Format Webcomic und Crowdfunding-Plattformen wie Patreon nutzen, ist sie gern gesehener Gast in Panel-Diskussionen, Podcasts und Medienformaten. Ihre Comics erscheinen regelmäßig auf https://sarahburrini.com.

      Held*innengeschichte

      von Aşkın-Hayat Doğan

      „Ich werde nie wieder einen Apfel essen.“

      „Na, na, Äpfel sind gesund, und du befindest dich noch im Wachstum, mein Kind!“

      Sophie verzog säuerlich das Gesicht. „Ich will doch nicht vergiftet im Schlaf liegen, Opi! Und warum nimmt sie überhaupt von einer unbekannten Frau einen Apfel? Hat man sie nicht vor Fremden gewarnt? Schneewittchen ist doof! Und dann auch noch Jungs küssen! Bäh! Das ist doch eklig!“

      Ihr Opi verschluckte sich am Rauch seiner Pfeife, als er unerwartet lachen musste. „In ein paar Jahren denkst du vermutlich anders darüber“, sagte er und versuchte hustend wieder einen freien Hals zu bekommen.

      „Und der Prinz ist jetzt der Held, nur weil er sie geküsst hat? Echt jetzt?“, fuhr Sophie aufgebracht fort. „Was ist denn das für ein blödes Märchen? Wenn Prinzessinnen nur verflucht werden und schlafen, will ich keine Prinzessin sein.“

      „Du kannst die Art von Prinzessin sein, die du dir wünschst, Schatz“, versuchte Opi sie zu beruhigen und griff nach der Teetasse. „Oder eben gar keine, wenn du es nicht willst.“

      „Ich will den Drachen besiegen, das Reich vom Fluch befreien und den bösen Wesir entlarven – und nicht in einem gläsernen Sarg schlafen und den Haushalt für sieben Jungs führen“, schnaubte Sophie. „Kann ich dann überhaupt noch laufen, wenn ich so lange bewegungslos rumgelegen habe? Habe ich dann nicht auch so was am Bein, wie du?“

      „Was,