Название | Guy de Maupassant – Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Guy de Maupassant |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962817695 |
Die großen zum Mähen reifen Grasflächen waren mit Blumen übersäet, auf welche die sinkende Sonne ihre rötlichen Strahlen warf; süsser Wohlgeruch entstieg in der milden Wärme des zur Rüste gehenden Tages den Boden und mischte sich mit den feuchten Dünsten des Wassers. Es war, als lagere eine unsichtbare Wolke von weichlichem wohligen Glück und stillem Behagen über der Erde.
Dieser ruhige Glanz der Abendsonne, dieser geheimnisvolle Schauer ersterbenden Lebens mit seiner lebendigen melancholischen Fantasie, der Pflanzen und Wesen ergriffen und sich über alles ausgebreitet zu haben schien, musste unwillkürlich auch dem Menschenherzen in dieser Stunde den Stempel seines stillen Glückes aufdrücken.
Paul empfand das auch lebhaft, während sie das alles nicht berührte. Sie gingen nebeneinander und plötzlich begann sie, des Schweigens müde, zu singen. Sie sang mit dünner, falscher Stimme irgend einen Gassenhauer, der ihr gerade durch den Kopf ging, und der einen grellen Missklang in diese tiefe reine Harmonie des Abends brachte.
Er sah sie an, und fühlte jetzt, dass eine unüberwindliche Kluft zwischen ihnen bestand. Sie aber schlug unbekümmert die Gräser mit ihrem Sonnenschirm ab, und betrachtete, den Kopf ein wenig neigend, ihre Schuhe; dabei sang sie ruhig weiter, hielt die Schlussnoten unverhältnismässig lange an und versuchte sich sogar schliesslich in Läufen und Trillern.
Ihr kleiner zierlicher Kopf, den er so zärtlich liebte, war also leer, leer von irgendwelchen idealeren Empfindungen. Nichts hatte darin Platz, als höchstens diese Gassenhauer-Musik; und die Gedanken, die sich sonst noch darin bilden mochten, sahen derselben ähnlich. Sie hatte kein Verständnis für ihn; sie standen sich fremder gegenüber, als wenn sie jemals zusammen gelebt hätten. Ihre Küsse reichten also nicht weiter wie ihre Lippen!
Da hob sie lächelnd die Augen zu ihm empor und sofort war er wieder aufs Innerste bewegt. Er öffnete die Arme und schloss sie mit neuerwachender Liebe zärtlich an sein Herz.
Sie schob ihn schliesslich zurück, als sie sah, dass er ihr Kleid zerdrückte und sagte dabei begütigend: »Geh, Schatz! Du weißt ja, dass ich Dich liebe.«
Aber er hielt sie umschlungen, und ganz von Sinnen begann er mit ihr davonzulaufen, wobei er sie immer wieder auf Wange, Schläfen, Hals und Lippen küsste. Keuchend machten sie schliesslich vor einem Gebüsche Halt, welches die letzten Strahlen der Abendsonne vergoldete und, noch ganz ausser Atem, kosteten sie darin den Becher der Liebe bis zur Neige, ohne dass sie ihrerseits sich dieses plötzliche Überwallen seiner Gefühle erklären konnte.
Hand in Hand kamen sie zurück, als sie plötzlich durch das Laub der Bäume hindurch auf dem Flusse das Boot der vier Lesbierinnen bemerkten. Auch sie wurden von der dicken Pauline bemerkt, die sich umwandte und Madeleine Kusshände herüberschickte, worauf sie noch rief: »Heute Abend also.«
»Jawohl, heute Abend« antwortete diese.
Paul fühlte plötzlich sein Herz zu Eis erstarren.
Sie gingen zum Essen zurück. Unter einer der Lauben am Wasser liessen sie sich nieder und verzehrten stillschweigend ihr Mahl. Als es zu dunkeln begann, brachte man ein Licht, das zum Schutz gegen den Luftzug in einem grünen Glase brannte und ihre Gesichter mit einem fahlen Schimmer übergoss. Alle Augenblicke hörte man das schallende Gelächter der Kahnfahrer aus dem Saal des ersten Stockes herüberschallen.
Beim Dessert ergriff Paul zärtlich Madeleines Hand und sagte: »Ich fühle mich sehr müde; wenn es Dir recht ist, wollen wir bei Zeiten schlafen gehen.
Aber sie hatte seine List verstanden und warf ihm einen jener scharfen durchdringenden Blicke zu, die so oft plötzlich im Auge der Frau aufzutauchen pflegen.
»Du kannst Dich schlafen legen,« sagte sie nach kurzem Besinnen, »wann es Dir beliebt; ich habe noch versprochen nach dem Froschteich zum Tanz zu kommen.«
Ein klägliches Lächeln umspielte seine Lippen, ein Lächeln mit dem man die tiefsten Leiden zu verschleiern sucht, als er jetzt im trüben aber zärtlichen Tone sagte: »Wenn Du lieb wärest, könnten wir beide hier bleiben.« Ohne den Mund zu öffnen, machte sie mit dem Kopfe eine abweisende Bewegung. Er wurde dringender.
»Ich bitte Dich drum, Liebchen!«
»Du weißt,« sagte sie brüsk, »was ich gesagt habe. Wenn Du nicht Ruhe gibst, so ist der Weg frei. Es hält Dich niemand. Was mich betrifft, so habe ich es versprochen und ich werde gehen.«
Er stützte beide Ellenbogen auf den Tisch, senkte das Haupt auf die Hände und starrte sie eine Weile traurig an.
Die Kahnfahrer kamen indessen unter muntrem Lachen herunter, und bestiegen ihre Fahrzeuge, um den Ball im »Froschteich« nicht zu versäumen.
»Entscheide Dich, ob Du mitkommst«, sagte Madeleine zu ihrem Begleiter, »sonst bitte ich einen der Herren, mich mitzunehmen.«
»Lass uns gehen« murmelte Paul sich erhebend. Und sie gingen.
Die Nacht war sternenhell, die Luft würzig und von mildem, süssen Hauch bewegt, der lind die Stirn umschmeichelte.
Die Boote setzten sich, eine bunte Laterne am Stern führend, in Bewegung«. Man konnte die einzelnen Fahrzeuge nicht unterscheiden, sondern sah nur die zahllosen bunten Lichter auf dem Wasser auf- und abtanzend, langsam dahingleiten, sodass man hätte glauben können, ein Gewimmel von Irrlichtern vor sich zu haben, wenn nicht das rohe Gelächter der Kahnfahrer die Anwesenheit von Menschen verkündet hätte.
Pauls Boot glitt langsam dahin. Zuweilen, wenn ein fremdes Boot dem ihrigen zu nahe kam, bemerkten sie plötzlich im Schimmer der Laterne den weißen Rücken seines Führers.
Als sie die Biegung des Flusses erreicht hatten, sahen sie von weitem den »Froschteich« vor sich liegen. Das Etablissement war mit Guirlanden von bunten Lampen und Lichtglocken festlich geschmückt. Auf der Seine schwammen einige große Fähren, welche Kuppeln, Pyramiden und andere wunderbare Aufbaue in allerlei Farben trugen. Flammende Gewinde zogen sich bis zum Ufer herab; und einige rote oder blaue Fackeln, von einer mächtigen unsichtbaren Pechpfanne genährt, sahen von weitem wie freischwebende Sterne aus.
Diese imposante Beleuchtung verbreitete ein helles Licht rings um das ganze Café, bestrahlte die hohen Uferbäume von unten bis oben, sodass nur ihre Wurzeln in einem bleichen Grau verschwanden,