Название | Guy de Maupassant – Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Guy de Maupassant |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962817695 |
Da mein Fenster im Erdgeschoss war, glaubte ich auch oft im Schatten um das Schloss herum etwas schweifen zu hören. Als ich es meinem Gatten sagte, blickte er mich einen Augenblick fest an und erwiderte dann: »Es ist nichts, es ist der Wächter.«
*
Eines Abends nun nach dem Essen schien Hervé besonders aufgeräumt, aber von heimtückischer Heiterkeit. »Würde es dir Spaß machen«, fragte er mich, »ein paar Stunden mit mir auf den Anstand zu gehen, um einen Fuchs zu schießen, der mir jeden Abend meine Hühner wegschnappt?« Ich war überrascht und zögerte; da er mich aber mit seltsamer Beharrlichkeit anblickte, sagte ich schließlich: »Aber selbstredend, mein Lieber!«
Ich muss hinzufügen, dass ich damals Wolf und Eber jagte, wie ein Mann. Sein Anerbieten hatte also nichts Unnatürliches.
Indessen schien mein Mann plötzlich von merkwürdiger Nervosität befallen, er war den ganzen Abend über sehr unruhig und stand in einem fort fieberhaft auf, um sich wieder zu setzen.
Gegen zehn Uhr sagte er plötzlich zu mir:
»Bist du bereit?« Ich stand auf, und als er mir selbst meine Flinte brachte, fragte ich: »Soll ich mit Kugel oder Schrot laden?« Er war verblüfft, dann antwortete er: »Oh, nur mit Schrot, das ist genug, verlass dich drauf!« Und nach einigen Minuten setzte er in eigentümlichem Tone hinzu: »Mit deiner Kaltblütigkeit kannst du dich wirklich sehen lassen!« Ich musste lachen. »Ich – warum? Kaltblütigkeit, um einen Fuchs zu schießen? Was du dir denkst, mein Freund!«
Wir gingen also möglichst geräuschlos durch den Park. Das ganze Haus schlief. Der Vollmond beglänzte das Schieferdach des alten düstren Gebäudes, das er ganz in fahles Gelb zu tauchen schien. Die beiden Seitentürmchen trugen auf ihrem First zwei silberne Fähnchen. Kein Laut störte das Schweigen dieser hellen, trüben Nacht, die weich und schwer war und wie tot auf der Erde lag. Kein Lüftchen regte sich, kein Unkenruf ertönte, kein Nachtkauz seufzte; eine trübe Starre lastete auf allem.
Als wir unter den Bäumen des Parks waren, ergriff mich ein leichter Schauder und ein Duft von gefallenen Blättern wallte auf. Mein Gatte sagte nichts, aber horchte, spähte und witterte im Dunkeln; er schien vom Kopf bis zu Füßen von der Jagdpassion erfasst.
Bald kamen wir an den Rand der Teiche. Unbeweglich stand das Schilf; kein Hauch regte sich darin. Nur über den Wasserspiegel lief ein leiser, kaum wahrnehmbarer Schauer. Bisweilen bewegte sich auch etwas auf der Oberfläche, und erregte leichte Wasserringe wie leuchtende Runzeln, die ins Weite zerflossen.
Als wir die Hütte erreicht hatten, die uns zum Hinterhalt dienen sollte, ließ mein Mann mir den Vortritt und lud dann langsam sein Gewehr. Das trockene Knacken seiner Hähne verursachte mir einen eigentümlichen Eindruck. Er sah mich zusammenfahren und fragte: »Sollte diese Probe dir genügen, dann sprich.« Sehr überrascht antwortete ich: »Keineswegs. Ich bin nicht hierhergekommen, um wieder umzukehren. Bist du sonderbar heute Abend!« – »Wie du willst,« murmelte er.
So blieben wir, ohne uns zu rühren.
Ungefähr eine halbe Stunde verging, ohne dass etwas die lastende, klare Stille dieser Herbstnacht störte. Da fragte ich meinen Mann ganz leise: »Bist du auch sicher, dass er hier vorbeikommt?«
Hervé zuckte zusammen, als ob ich ihn gebissen hätte, und hielt den Mund an mein Ohr. »Ich bin sicher, verlass dich drauf!«
Wieder Schweigen.
Ich glaube, ich begann einzuschlafen, als mein Mann mich plötzlich am Arme zerrte und mit scharfer, veränderter Stimme zischte: »Da – siehst du ihn? Da unten, unter den Bäumen?« Ich blickte hin, erkannte aber nichts. Hervé legte langsam an, indem er mich fest im Auge behielt. Ich selbst hielt mich schussbereit, und plötzlich, keine dreißig Schritt vor uns, tauchte ein Mensch im vollen Mondlicht auf; er ging mit raschen Schritten, vornübergebeugt, als ob er flöhe, und eilte an uns vorüber.
Ich war dermaßen entsetzt, dass ich einen furchtbaren Schrei tat. Aber ehe ich mich umwenden konnte, flammte es vor meinen Augen auf, ein betäubendes Krachen folgte, und der Mann rollte am Boden, wie ein Wolf, der eine Kugel bekommen hat.
Ich stieß ein schrilles, entsetztes, wahnsinniges Geschrei aus. Eine wütende Hand, Hervés Hand, packte mich an der Gurgel. Ich wurde zu Boden geworfen und von starken Armen hochgehoben. Er lief, während er mich hoch in der Luft hielt, auf den ins Gras gestreckten Körper zu und warf mich gewaltsam darauf, als ob er mir den Kopf zerbrechen wollte.
Ich hielt mich für verloren; er wollte mich töten. Schon setzte er den Hacken auf meine Stirn, – als er selber umschlungen und niedergeworfen wurde, ohne dass ich noch begriff, was geschah.
Ich fuhr jäh auf und sah Paquita, meine Zofe, auf ihm knien. Sie hatte sich festgekrallt wie eine wütende Katze, und riss ihm in rasender Wut den Bart und die Haut vom Gesichte.
Dann schnellte sie, wie von einem anderen Gedanken ergriffen, wieder empor, warf sich über den Leichnam, umschlang ihn mit beiden Armen, küsste ihn auf die Augen, auf den Mund, schob seine Lippen mit den ihren auseinander und suchte einen letzten Lebenshauch, eine innige Liebkosung in des Toten Munde.
Mein Mann war aufgesprungen und blickte starr zu. Er begriff und fiel mir zu Füßen. »Verzeihung, meine Teuerste!« flehte er. »Ich hatte dich im Verdacht und ich habe den Geliebten dieses Mädchens getötet. Mein Wächter hat mich betrogen.«
Ich schaute den seltsamen Küssen dieses Toten und dieser Lebenden zu und hörte ihr Schluchzen und die Ausbrüche ihrer verzweifelten Liebe.
Und von Stund’ an begriff ich, dass ich meinem Manne untreu sein würde.
*
Mondschein
Frau Julie Roubère erwartete ihre ältere Schwester, Frau Henriette Létoré, die von einer Schweizer Reise zurückkehrte.
Létorés waren seit etwa fünf Wochen verreist, und Frau Henriette hatte ihren Gatten allein nach seiner Besitzung bei Calvados zurückkehren lassen, wo er geschäftlich zu tun hatte, um selbst auf ein paar Tage nach Paris zu gehen und ihre Schwester zu besuchen.
Es war schon Abend. In dem kleinen bürgerlichen Wohnzimmer war es bereits recht dämmerig. Frau Roubère saß am Fenster und las zerstreut, um bei jedem Geräusche den Kopf zu heben.
Endlich