Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland Band 1. Martina Meier

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Название Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland Band 1
Автор произведения Martina Meier
Жанр Книги для детей: прочее
Серия Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783960743323



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nicht wertlos sein!“

      Der Holzschnitzer lächelte müde und schüttelte seinen Kopf. „Dieser leider schon mein Junge! Denn wer von den Leuten will schon einen Engel mit nur einem Flügel kaufen? Warum suchst du dir also nicht einfach auch einen schönen und unversehrten Engel aus?“, ermunterte ihn der Alte.

      „Der Mann hat recht“, lenkte Karlchens Mutter jetzt ein. „Wir suchen uns einen von den schönen und unversehrten Engeln aus!“

      Da begann Karlchen vor Zorn das kleine Herz zu klopfen. Der Junge fand es ungerecht, dass der Engel, nur weil ihm ein Flügel abgebrochen war, nichts wert sein sollte. Schließlich war er genauso hübsch und eben im Holz, wie die anderen Engel auch.

      „Ich möchte aber keinen schönen und unversehrten Engel! Ich möchte den Engel aus dem Abfallkorb“, stammelte Karlchen zornig, sodass der Schnee unter seinen Füßen knirschte.

      „Karlchen!“, ermahnte ihn seine Mutter empörend. „Du hast doch gehört, was der Holzschnitzer soeben zu dir gesagt hat.“ Doch der Engel aus dem Abfallkorb tat Karlchen so leid, dass sich ihm vor lauter Kummer der Magen zusammenzog. Sollte der arme Engel etwa zusammen mit den Spänen im Feuer landen, während die anderen Engel stolz die warmen Stuben der Leute schmückten? Schließlich hatte der Engel schon genug erlitten.

      Und so stammelte Karlchen erneut mit den Füßen im Schnee, wobei diesmal sein ganzes Gesicht rot anlief: „Ich will aber den Engel aus dem Abfallkorb!“

      Karlchens Mutter und der Holzschnitzer sahen sich einander verblüfft an. Soviel Hartnäckigkeit hätten sie einem kleinen Jungen wie Karlchen bei Weitem nicht zugetraut.

      „Nun gut“, sagte Mutter schließlich, „wenn dir soviel an dem einflügligen Engel liegt, so werden wir ihn kaufen.“

      Da machte der alte Mann große Augen und auch die Leute ringsherum verstummten erstaunt.

      „Du bist mir vielleicht ein seltsamer Bursche“, lachte der Alte. „Aber ich glaube, der Engel wird bei dir am besten aufgehoben sein, darum werde ich ihn dir auch schenken.“ Zu Karlchens Erstaunen erhob sich der alte Mann kurz darauf von seinem Hocker, hob den einflügligen Engel aus den Holzspänen und drückte ihm den Jungen fest in die Hände.

      „Danke“, sagte Karlchen und strahlte über das ganze Gesicht.

      „Nichts zu danken“, schmunzelte der alte Holzschnitzer und tätschelte freudig die Wangen des Jungen. „Fröhliche Weihnachten, und pass mir gut auf den Engel auf.“

      „Das werde ich gewiss tun“, rief Karlchen und machte sich jetzt überglücklich mit seiner Mutter und dem Engel auf den Heimweg.

      Drei Tage stand der Engel mit dem abgebrochenen Flügel nun schon in Karlchens Fenster. Der Heilige Abend war herangerückt, und tatsächlich brachte der Weihnachtsmann die gewünschte Spielzeugfeuerwehr zu Karlchen ins Haus.

      „Ich weiß, dass du ein guter Junge mit einem großen Herzen bist. Darum hab ich dir auch deinen Wunsch erfüllt“, sprach der Weihnachtsmann und zwinkerte Karlchen lächelnd zu.

      Mit großen Augen sah Karlchen jetzt zu ihm auf. Und er hätte schwören können, irgendwie sah der Weihnachtsmann ein wenig wie der alte Holzschnitzer vom Weihnachtsmarkt aus.

      Sina Kongehl ist 33 Jahre alt und lebt in Bismark. Seit 2006 hat sie Kurzgeschichten, Krimis, aber auch Cartoons und Märchen in Literaturzeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Schreiben, Malerei und die Fotografie sind ihre Hobbys.

      *

      Ein Engel namens Tobias

      Weihnachten stand vor der Tür. Während alle Kinder bereits ihre Wunschzettel geschrieben hatten und ungeduldig das Fest herbeisehnten, herrschte im Himmel rege Betriebsamkeit. Was musste nicht noch alles vorbereitet und erledigt werden: Plätzchen backen, Geschenke einpacken und, und, und…. Vor allem musste der Botendienst gut organisiert werden.

      Schon seit Wochen war Petrus damit beschäftigt, die Wege genau auszuarbeiten und jedem Engel zu erklären, welchem Kind in der heiligen Nacht welches Paket zu bringen sei, denn selbstverständlich kann das Christkind nicht allein all die schönen Dinge verteilen, die Weihnachten unter dem Tannenbaum liegen. Den ganzen Tag über saßen die Englein dicht gedrängt in einem großen Saal, den ihr euch ähnlich wie ein Schulzimmer vorzustellen habt, und lauschten aufmerksam, was Petrus ihnen zu sagen hatte. Ab und zu holte Petrus einen Engel nach vorn an die Tafel und ließ sich den Ablauf der heiligen Nacht erklären. Auch stellte er Fragen und wehe, ein Englein hatte im Unterricht nicht aufgepasst und konnte sie nicht beantworten.

      Ihr seht also, die Vorweihnachtszeit ist für die Engel kein Zuckerschlecken, sondern harte Arbeit. Andererseits ist es aber auch für die Engel eine schöne Zeit, denn so manches Mal fällt beim Backen ein etwas misslungenes Plätzchen an, und wer nascht nicht gern? Des Öfteren kommt es vor, dass Petrus einem besonders fleißigen Englein ein dickes Lob ausspricht und ihm die Hausaufgaben für den nächsten Tag erlässt.

      Heiligabend strengten sich alle Engel ganz besonders an, denn das Christkind selbst sah zu. Nach dem Unterricht wandte sich das Christkind an Petrus: „Ich habe den Eindruck, jeder hat seine Aufgabe gut gelernt und heute Nacht wird alles tadellos klappen.“

      Erfreut über dieses Lob strich sich Petrus zufrieden über seinen weißen, wallenden Rauschebart. Er versuchte, möglichst gleichgültig zu klingen: „Wir haben in den letzten Wochen hart gearbeitet.“

      Endlich war es soweit. Während alle Kinder in ihren Bettchen lagen und sich vor lauter Aufregung hin und her wälzten oder vom Christkind träumten, schwebten die Englein sacht wie Schneeflocken zur Erde hernieder und machten sich rasch und konzentriert ans Werk. Jeder Engel hatte mehrere Kinder zu beschenken und musste vor Morgengrauen wieder zurück im Himmel sein, deshalb war höchste Eile geboten.

      Ein Engel namens Tobias hatte bereits neun Kindern die Geschenke auf den Gabentisch gelegt. Nun war er unterwegs zu dem letzten von ihm zu beschenkenden Kind, der kleinen Katrin, die sich vor allem ein knallrotes Fahrrad gewünscht hatte. Als Tobias das Geschenk unter den herrlich bunt geschmückten Weihnachtsbaum legen wollte, bekam er einen riesigen Schreck, denn jetzt bemerkte er, dass er das falsche Paket übrig behalten hatte. Statt eines funkelnden roten Fahrrads hatte er nur noch ein fernzusteuerndes Auto. Was aber sollte Katrin damit anfangen? Das Auto hatte sich doch Andreas sehnsüchtig gewünscht, der schon längst ein Fahrrad besaß und nun ein zweites auf dem Gabentisch vorfinden würde.

      O weh! Tobias schossen die Tränen in die Augen. Was tun? Viel Zeit blieb nicht mehr, schon schlug es vom nahen Kirchturm einmal, zweimal, dreimal, viermal, fünfmal. Tobias nahm das Päckchen mit dem Auto und wollte so schnell er konnte zurück zu dem Haus laufen, in dem Andreas mit seinen Eltern wohnte. Doch er fand den Weg nicht mehr, weil er ihn sich nur in einer Richtung eingeprägt hatte. Er irrte durch die dunklen Straßen und wurde von Minute zu Minute verzweifelter. Schließlich gab er die Hoffnung auf und setzte sich erschöpft und mutlos unter eine Straßenlaterne. In den Himmel würde er sich nicht mehr zurücktrauen, so viel stand für ihn fest. Aber auf der Erde konnte er als Engel auch nicht bleiben. Vor Kummer und Gram hätte er sich am liebsten die Flügel ausgerissen, wenn das nur nicht so wehtun würde. Tobias vergrub sein Gesicht in beide Hände.

      „Na, was hast du denn, Kleiner? Schaust ja ganz traurig aus, und das Weihnachten.“

      Tobias sah auf und blickte in das stopplige Gesicht eines Mannes. Tobias erzählte von seinem Missgeschick. Der Mann lachte ungläubig: „Na, so was. Ein Engel, ein richtiger Engel bist du?“

      Tobias nickte und bat den Mann, ihm zu helfen, Andreas zu finden. Das Haus konnte er ungefähr beschreiben. Der Mann schien sich sehr für das Haus zu interessieren. „Klingt so, als sei da einiges zu holen“, murmelte er.

      „Ja, ich will dort das Fahrrad holen und stattdessen dieses Päckchen abgeben“, sagte Tobias.

      Der Mann grinste: „So hab ich das eigentlich nicht gemeint. – Komm mit, wir werden das Haus schon finden.“

      Tobias folgte dem Mann.