Название | Sophienlust Paket 4 – Familienroman |
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Автор произведения | Patricia Vandenberg |
Жанр | Языкознание |
Серия | Sophienlust Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740971076 |
Andrea biss sich auf die Lippen. Richtig! Warum hatte sie auch nicht daran gedacht? Heute lief tatsächlich alles schief.
»Vati inspiziert die neuen Erntemaschinen, und Henrik ist natürlich bei ihm. Den Kleinen interessiert die Landwirtschaft brennend, das weißt du ja. Ich selbst wäre längst nicht mehr hier, wenn wir nicht morgen in der Schule eine Lateinarbeit schreiben würden. Da ist nämlich ein Klassenspiel in Wildmoos. Ich wollte zu gern hin, aber die blöde Büffelei lässt sich nicht aufschieben.« Nick seufzte abgrundtief. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Andrea merkwürdig still war. »Was ist denn mit dir los?«, fragte er verblüfft. Eigentlich kannte er seine große Schwester nur lustig und lebhaft. »Du lässt ja den Kopf hängen wie ein Eisbär in den Tropen.« Er betrachtete die junge Frau besorgt.
»Ich warte hier auf Mutti«, gab Andrea knapp Auskunft. Um Nick nicht ansehen zu müssen, stellte sie sich vor eines der großen Gemälde neben dem offenen Kamin und betrachtete es scheinbar eingehend.
Nick ließ sich jedoch nicht täuschen. Andrea war auf Gut Schoeneich groß geworden. Es war unmöglich, dass sie dieses Gemälde, das bestimmt seit dreißig Jahren hier hing, nicht kannte. Rasch fragte er: »Warum fährst du denn nicht nach Sophienlust hinüber? Das wäre doch viel einfacher.«
Natürlich hatte auch Andrea an diese Möglichkeit gedacht. Doch sie wollte auf keinen Fall Florence begegnen. Deshalb musste sie Sophienlust meiden.
»Ich habe Zeit.« Andrea hob stolz den Kopf. Wenn Nick nur nichts von ihrem Kummer bemerkte! Er hatte die Eigenart, allen Dingen auf den Grund zu gehen. Aber das wollte sie in diesem Fall absolut nicht.
»Und Peterle?« Nick schüttelte verwundert den Kopf. Es war noch nie vorgekommen, dass Andrea ohne ihren kleinen Sohn zu Besuch gekommen war.
»Betti versorgt ihn.«
Nick war unzufrieden. »Ich glaube, du hast überhaupt nicht bemerkt dass Pünktchen, Florence und ich heute mit dem Kleinen im Tierheim waren«, beschwerte er sich.
»O doch! Das alberne Geschäker hat man bis ins Haus gehört. Musst du nicht deine Vokabeln lernen?«
Den letzten Satz überhörte Nick selbstverständlich. »Sag mal, bist du deshalb so wütend?«, fragte er ahnungsvoll.
»Ich bin überhaupt nicht wütend«, versuchte Andrea auszuweichen. Doch sie wusste sehr gut, dass es sinnlos war. Wenn Nick erst eine Spur hatte, ließ er nicht mehr locker.
»Ist es vielleicht wegen Florence? Magst du sie nicht?« Verständnislos schüttelte Nick den blauschwarzen Schopf. »Sie ist doch so nett. Ich mag sie sehr.«
Andrea fuhr herum. Streng musterte sie den Bruder. »Hat es dich auch erwischt? Sie verdreht offensichtlich allen und jedem den Kopf.«
Nick pfiff durch die Zähne. Er machte ein Gesicht, als sei ihm nicht nur ein Licht, sondern ein ganzer Kronleuchter aufgegangen. »Du bist eifersüchtig! Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?« Er grinste so lausbubenhaft, wie nur er es konnte.
»Ich finde das überhaupt nicht lächerlich.« Nervös drehte Andrea an einem Knopf ihrer Bluse.
»Aber dumm ist es, richtig dumm.«
Von keinem anderen hätte Andrea sich so etwas sagen lassen. Bei Nick nahm sie es gelassen hin. »Du findest es also völlig in Ordnung, wenn Hans-Joachim wie ein eitler Gockel mit Florence durchs Tierheim marschiert, statt sich um seine Familie zu kümmern.«
»Du meine Güte, das war doch nur eine halbe Stunde. Es hat den Kleinen viel Spaß gemacht. »Nick fühlte sich jetzt nicht mehr ganz wohl. Jeden Augenblick konnte seine große Schwester in Tränen ausbrechen. Was sollte er dann tun? Am besten war es wohl, wenn er sich in sein Zimmer verzog. »Ich glaube, ich muss doch noch Vokabeln …, Vokabeln lernen«, stotterte er.
»Moment mal! Nachdem du dabei warst, weißt du doch sicher, ob meine Vermutung richtig ist oder nicht. Hat Hans-Joachim mit der Französin geflirtet oder nicht?« Streng sah Andrea den jüngeren Bruder an.
Nick zog die Schultern hoch. »Ich …, ich kann das nicht so genau beurteilen. Außerdem muss ich mich beeilen. Du weißt ja, die Klassenarbeit.«
Er ging einige Schritte rückwärts, doch Andrea ging ihm nach, hielt ihn am Arm fest.
»Keine Ausreden! Du hast für solche Dinge einen sechsten Sinn. Also, wie war das? Hans-Joachim hat sich sehr um Florence bemüht, nicht wahr? Er war galant und höflich, und er hat ihr Komplimente gemacht.«
»Na ja, er hat ihr gesagt, dass sie gut aussieht und dass ihr Deutsch reizend klingt. Aber das ist ja auch wahr.«
Jetzt geschah genau das, was Nick die ganze Zeit über hatte vermeiden wollen. Andrea weinte. Sie warf sich in den nächsten Sessel und vergrub den Kopf in den Armen. Ihr Schluchzen klang hemmungslos.
Etwas hilflos, mit hängenden Armen stand Nick daneben. »Du solltest das nicht ernst nehmen, Andrea. Es gibt so viele, die für Florence schwärmen. Sogar der alte Justus.«
Das Schluchzen wurde leiser. »Justus?«, fragte die junge Frau weinerlich. »Aber das gibt es doch gar nicht. Justus hat sich noch nie für Damen interessiert.«
»Hm … Magda hat jahrelang versucht, ihn durch allerlei Leckereien zu gewinnen. Doch sie hatte überhaupt keinen Erfolg. Bei Florence ist das anders. Für sie trägt er die Tasche, und wenn sie den Kinderwagen braucht, schleppt er ihn über die Stufen hinab. Du wirst es nicht glauben, aber er hat sich sogar moderne Hemden mit großen Kragen zugelegt. Und er rasiert sich jetzt jeden Tag. Richtig gepflegt sieht er aus.«
Andrea blinzelte. Durch einen Tränenschleier sah sie auf Nick. »Du willst mich auf den Arm nehmen!«
»Nein! Justus ist ein richtiger Kavalier alter Schule geworden. Die schönsten Frühlingsblumen, die im Park aufblühen, bekommt nicht mehr Mutti, sondern Florence. Und das schönste ist, sogar Vati hat ihr etwas geschenkt.«
»Vati?« Jetzt fuhr Andrea hoch.
»Ich glaube, es war ein Buch mit Zeichnungen eines japanischen Künstlers.«
»Um Gottes willen! Weiß Mutti denn davon?« Andrea war richtig blass geworden. Der Gedanke, dass auch die Ehe ihres Vaters zerbrechen könnte, erschreckte sie mehr als ihre eigenen Sorgen. Das Verhältnis zwischen Denise und Alexander galt als so vorbildlich, dass sich eigentlich keiner vorstellen konnte, dass dies jemals anders werden sollte.
»Natürlich.« Nick setzte sich auf die Sessellehne und baumelte ungeniert mit den Beinen. »Mutti hat sich überhaupt nicht darüber aufgeregt. Sie weiß doch, dass Dr. Solten jeden Tag in Sophienlust anruft. Er möchte Florence heiraten.«
»Du meine Güte. Gibt es überhaupt noch Männer, denen sie nicht den Kopf verdreht? Mag sie ihn denn?« In Andrea’s Augen glomm ein schwacher Hoffnungsschimmer auf.
»Keine Ahnung.« Nick zuckte bedauernd die Achseln. »Sie unterhalten sich manchmal sehr lange.«
Andrea stieß hörbar die Luft aus. Ihr war inzwischen klargeworden, dass sie sich wieder einmal ziemlich dumm benommen hatte. Mutti würde sie auslachen, wenn sie von ihren Beobachtungen erzählen würde. Sie würde ihr sagen, dass es überhaupt nichts zu bedeuten habe, wenn selbst ein Mann wie ihr Vati Florence Geschenke machte.
»Ich werde wieder gehen.« Andrea erhob sich.
»Aber du wolltest doch warten, bis …« Nick machte kugelrunde Augen. Sollte mal einer die Frauen verstehen!
»Ich habe es mir anders überlegt. Bitte, grüße Mutti von mir. Und lerne deine Vokabeln fleißig!« Kameradschaftlich schlug Andrea ihrem Bruder auf die Schultern. Dann verschwand sie.
*
Jubelnd rannte Sanny in die Arme ihres Vaters. Dany, der auf seinen kurzen Beinchen nicht rasch folgen konnte, stimmte ein ohrenbetäubendes Gebrüll an. Erst als Dr. Amberg auch ihn auf den Arm nahm, war er wieder still.
Helmut drückte seine Kinder innig an sich, küsste sie auf die Stirn und fuhr ihnen immer wieder