Elfenzeit 5: Trugwandel. Uschi Zietsch

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Название Elfenzeit 5: Trugwandel
Автор произведения Uschi Zietsch
Жанр Языкознание
Серия Elfenzeit
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783946773269



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Steineinfassung beim Eingang.

      »Sieht sehr modern aus«, befand Pirx.

      »Es handelt sich hier um eine umstrittene Rekonstruktion«, erklärte Nadja. »Die Steine fand man aber genau hier, und eine Führerin hat mir erzählt, dass sie exakt so, wie sie gefunden worden waren, wieder eingepasst wurden. Angeblich wurde kein Stein hinzugefügt, es blieben sogar ein paar übrig, die sie in einem Korb beim Eingang sammelten. Jahrtausendelang hat wohl niemand die Quarze geholt, um sie selbst zu verwenden. So wird es hier erzählt, in Führern steht wieder was anderes. Außerdem fehlen von der Steinumfassung mit Monolithen zwei Drittel, diese schweren Brocken sind irgendwie abhandengekommen.«

      »Aber eine Tatsache ist«, sagte Fabio, »dass dieses Gebiet gemieden und nicht besiedelt wurde, auch nachdem das Grab längst vergessen und mit Bäumen und Gras überwuchert war. Selbst Wikinger oder sonstige Grabräuber, die überall auf den Inseln Vandalismus betrieben, haben dieses Grab nie betreten. Dass sie es nie entdeckten, ist unwahrscheinlich, Knowth und Dowth in der Nähe haben sie auch gefunden. Daher wurde in Newgrange nicht die Decke aufgebrochen, wie sonst üblich, weswegen wir heute immer noch in der Lage sind, diese hohe Baukunst zu bewundern – egal, ob von Menschen oder Elfen errichtet.« Er hob die Hände. »Ich habe nichts damit zu tun, falls ihr das annehmen wolltet, mein Spezialgebiet war Venedig – und Jahrtausende später.«

      »Also haftet etwas Mystisches diesem Ort an?«, fragte Rian.

      Fabio und Grog hoben die Schultern. »Es muss wohl so sein.«

      »Ganz sicher«, bestätigte Nadja. »Ihr werdet es feststellen, wenn wir morgen hingehen. Obwohl es heutzutage ein fürchterlicher Touristenrummel ist, vor der EU-Umstellung und den EU-Fördergeldern muss es anders gewesen sein, erhabener, weil man es besser auf sich einwirken lassen konnte.«

      »Fabio, hast du eine Vorstellung, wo dieses Zeitgrab genau liegt?«, fragte David.

      »Ich hoffe, wir entdecken es, wenn wir drin sind«, antwortete der Venezianer.

      »Was genau ist denn nun dieses Zeitgrab?«, wollte Pirx wissen.

      »Ein Portal zur Vergangenheit«, erklärte Grog. »Auch … für die Toten, die dann zu Wiedergängern würden.«

      »Das klingt nicht gut«, murmelte Nadja.

      »Gar nicht gut«, stimmte David zu.

      »Und passt genau zum Getreuen«, stellte Rian fest.

      »Möglicherweise öffnet das Grab sich auch vorwärts in der Zeit«, setzte Fabio noch einen drauf. »Ich möchte sogar darauf wetten, dass der Getreue genau das versuchen wird.«

      Daraufhin herrschte nachdenkliches Schweigen. Schließlich sagte David: »Also gut, dann lasst uns mal Kräfte sammeln.« Damit stand er auf und ging an die Theke. Kurz darauf hatte er schon die Seite gewechselt und gab die ersten Drinks aus, die umgehend reißenden Absatz fanden. In die Augen des Barmanns trat ein zunehmend stärker werdendes Leuchten.

      Pirx und Grog waren schon bei den Musikern, und auch Rian ging nach nebenan; kurz darauf klang ihre glockenreine Stimme herüber und lockte noch mehr Zuhörer an. Fabio ging mit grüblerischem Gesicht an die Theke, und Nadja saß auf einmal allein am Tisch. Achselzuckend widmete sie sich ihrem Cider und beobachtete die Leute, legte die Hand an den Bauch und erzählte ihrem Kind, was ihr auffiel. Es schien aufmerksam zuzuhören, denn es rührte sich ausnahmsweise einmal nicht, trotz der Musik.

      Die Stimmung im Pub wurde zusehends gelöster und heiterer, aber das war für Nadja nichts Neues. Die Zwillinge verbreiteten überall Leben und Frohsinn, wo sie auftraten.

      Die junge Frau sah kurz auf, als ein Mann sich über ihren Tisch beugte. Er musste sich ziemlich nah zu ihr neigen, damit sie ihn verstehen konnte, denn es war recht laut. Der Mann mochte um die Sechzig sein und war nicht weiter auffällig. Er trug eine Schiebermütze, Jeans und Streifenhemd, seine Finger waren gelb von Nikotin, die Gesichtshaut großporig und wettergegerbt. »Er gefällt dir«, sagte er und wies mit dem Daumen auf David, der hinter der Theke die Regale entlangtanzte, Flaschen durch die Luft wirbeln ließ und lachte, wobei seine Augen verräterisch violett im Schummerlicht aufblitzten.

      »Natürlich, er ist …«, begann sie, doch der Mann hob die Hand.

      »Ich weiß, was er ist, und seine Schwester. Dass die beiden blutsverwandt sind, ist nicht zu übersehen. Bei dem Weißhaarigen bin ich mir nicht sicher, aber du passt nicht hinein.«

      »Inwiefern?«, wollte sie leicht gereizt wissen.

      »Ich meine, du solltest auf deine Seele aufpassen, und darauf, wohin du gehst.«

      »Danke für den guten Rat, aber ich kann tatsächlich schon selbst auf mich aufpassen.«

      Das sollte eine deutliche Abfuhr sein, aber der Mann setzte sich jetzt erst recht zu ihr.

      »Dann verrat mir doch mal, was ihr hier macht.«

      »Ich wüsste nicht, wieso dich das was angeht.«

      »Was hier in meinem Land passiert, geht mich sehr wohl was an, Kleine, und ich lasse mich nicht für dumm verkaufen.«

      In Nadjas bernsteinfarbene Augen trat ein spöttisches Funkeln. »Würde mir nicht im Traum einfallen.«

      Der Mann musterte sie aus unstet wirkenden blauen Augen. »Gehört ihr zu den anderen?«

      Nadja wurde hellhörig. »Welche anderen?«

      »Aha, also doch. Es gibt mehr von der Sorte deiner Freunde hier. Sie treiben sich in der Nähe von Newgrange herum, als ob sie auf der Suche wären. Sind das eure Freunde oder Feinde?«

      Nadja hatte nicht die geringste Ahnung, worauf der Mann hinauswollte. »Feinde«, antwortete sie ruhig. »Zumindest nehme ich das an. Was hast du mit Newgrange zu tun?«

      »Ich kümmere mich dort um die Elektrik.«

      »Und wieso kannst du meine Freunde erkennen?«

      Er hob die Schultern. »Manche von uns können das. Hab’s wohl von meiner Mutter gelernt, die sich viel mit diesen Dingen beschäftigt hat und hellsehen konnte. Sie sagte vor gut einem Jahr voraus, dass im Jahr der Zeitenwende jemand hierher kommen würde. Sie gab eine Beschreibung, die auf euch zutreffen könnte.«

      Nadjas Herz fing an, schneller zu schlagen. Hatte Fabio etwa recht? Vor allem das Wort »Zeitenwende« beunruhigte sie, damit konnte der Verlust der Unsterblichkeit der Elfen gemeint sein. Ein besonderer kalendarischer Wechsel stand nicht an. »Was genau willst du von mir?«

      »Nichts weiter«, sagte der Ire. »War bloß neugierig. Zumindest weiß ich jetzt, dass meine alte Mutter nicht verrückt ist. Damit hab ich gute Chancen, meinst du nicht?« Er tippte sich an die Schläfe und grinste. Seine Zähne waren nur noch braune Stumpen.

      Nadja war völlig verwirrt, dabei sollte sie es besser wissen. Es war nicht ihre erste Unterhaltung mit schrulligen Iren, die zu einsam waren und ein bisschen zu viel ins Pintglas schauten. Erleichtert sah sie, dass Fabio ihren Tisch ansteuerte.

      Er legte dem uneingeladenen Tischgast die Hand auf die Schulter und sagte: »Hi, Bob. Marsha braucht dich hinten, sieh mal nach ihr.« Sein Griff verstärkte sich, und er zog den etwa Gleichaltrigen mühelos vom Hocker hoch und schob ihn nachdrücklich Richtung Theke. Ohne etwas zu erwidern, ging Bob weiter.

      Fabio setzte sich. »Alles in Ordnung?«

      »Er erkennt Elfen.«

      »Sicher doch. Seine Mutter hat während ihrer Schwangerschaft versehentlich ein falsches Gartentor geöffnet, seither ist sie ein wenig seltsam, und ihr Sohn ebenso.«

      Nadja lachte leise. »Du hast also gleich alles mitbekommen und dich kundig gemacht.«

      »Ich lasse dich nie aus den Augen, wie du weißt.« Fabio drehte sich leicht und winkte einem anderen Mann zu, der ebenfalls weißhaarig war und gleich näherkam. »Seamus, das ist meine Tochter Nadja. Nadja, das ist Seamus.«

      »Freut mich.« Der Händedruck des Iren war kräftig,