Название | Mami Staffel 12 – Familienroman |
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Автор произведения | Sina Holl |
Жанр | Языкознание |
Серия | Mami Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740958435 |
Ja, es war eine rechte Jünglingsschwärmerei gewesen, dachte Gerhard jetzt, da ihm die Jugendzeit wieder in den Sinn gekommen war. Aber daß es dies doch einmal für ihn gegeben hatte, bereute er nicht. Als Mann konnte man sich mit einem leisen Lächeln daran erinnern.
*
»Wenn das keine Überraschung ist«, sagte Markus Hentz bei der Begrüßung mit einem festen Händedruck. »Ich dachte, ich hörte nicht recht, als du mir am Telefon deinen Namen nanntest. Wir hatten uns ja schon ewig lange aus den Augen verloren, stimmt’s?«
Sie setzten sich an einen Tisch in dem Restaurant, das Gerhard als Treffpunkt vorgeschlagen hatte. Es war siebzehn Uhr, eine ruhige Zeit. Markus war vom Dienst hergekommen.
»Woher wußtest du, daß ich noch bei der Deutschen Bank bin?« fragte er.
»Wissen konnte ich es nicht. Ich habe es nur vermutet, daß du dort wohl geblieben bist«, meinte Gerhard.
»Es hat sich gelohnt. Ich habe die Aufstiegsmöglichkeiten genutzt und kann ganz zufrieden sein.«
Der Kellner trat an den Tisch, sie bestellten zwei Kännchen Tee. Und sie redeten von früher, als sie zusammen in der Ausbildung waren. Sie waren sich kameradschaftlich nähergekommen, hatten für manche Prüfung gemeinsam gelernt, bis zum Abschlußexamen.
»Dir flog ja alles nur so zu«, bemerkte Markus Hentz, »darum hast du ja auch noch ein Studium draufgesetzt. Und, was ist aus dir geworden, was arbeitest du?«
»Zur Zeit tu’ ich gar nichts, ich will mir erst eine Stellung suchen«, gab Gerhard zurück.
»Ach je!« entfuhr es dem anderen. »Siehst du, so ist das, wenn man glaubt, unbedingt Akademiker werden zu müssen. Davon sind mehr stellungslos, als man annehmen möchte. Aber das ausgerechnet dir das passiert…« Der junge Mann sah förmlich bestürzt drein.
»Laß nur, Markus, du brauchst mich nicht zu bedauern«, sagte Gerhard. »Mir geht es gut. Ich komme gerade erst nach fünf Jahren New York in die Heimat zurück, nur darum suche ich ein neues Tätigkeitsfeld.«
»Du warst in New York«, staunte Markus. »Dann ist es mir auch klar, wieso wir nie mehr etwas voneinander gehört und gesehen haben. Wie bist du denn dahin gekommen?«
»Meine Mutter hatte eine kleine Erbschaft gemacht, von einem längst vergessenen Onkel, der dort gelebt hatte.«
»Der berühmte Onkel in Amerika«, warf sein Gegenüber mit einem leichten Auflachen ein.
»Ja, so kann man sagen. Doch, wie bemerkt, handelte es sich nur um ein paar zigtausend Dollar.«
»Na, immerhin!«
»Klar, für unsereinen ist das schon was. Aber weißt du, wo ich waghalsiger Kerl damit eingestiegen bin?«
»Woher soll ich das wissen?« Die Augen des anderen glänzten neugierig.
Gerhard brauchte nur einen Namen zu nennen, und der Atem stockte dem jungen Mann. Als Bankmensch, der den weltweiten Börsenmarkt beobachtete, wußte er natürlich gleich Bescheid.
»Wo es diese Wahnsinns-Hausse gegeben hat, die den abgebrühtesten Börsianer schwindlig machen konnte«, stieß er hervor. »Mensch, Gerhard!« Bewundernd starrte er ihn an. »Hast du geahnt, daß das so kommen würde?«
»Kein Mensch konnte das ahnen. Es hätte auch anders kommen können. Ich habe eben Glück gehabt.«
»Aber du hast die Chance gewittert, du hast eine Nase dafür«, vollendete der andere eifrig. »Ha, so ein Glückspilz möchte ich auch mal sein!« Er rieb sich die Hände.
»Was ich dich fragen wollte…«, lenkte Gerhard nach einer kurzen Pause vom Thema ab, »ich habe gehört, daß es mit dem Bankhaus Korff nicht zum Besten stehen soll. Ist da was dran?«
»Hmhm. Der Alte hat die Bankgeschäfte zu weitgehend seinen Mitarbeitern überlassen, das ist sein Pech.«
»Aber so alt ist Korff noch gar nicht«, wunderte sich Gerhard.
Markus Hentz zuckte die Achseln. »So um die Sechzig. Er ist wohl nicht mehr ganz gesund und hat die Zügel schleifen lassen. Jedenfalls sind da zunehmend verwegene Kredit- und Wechselgeschäfte gemacht worden, die in Bankerkreisen nur Kopfschütteln ausgelöst haben. Sollte es dahin kommen, daß er eines Tages nicht mehr liquide ist, wird es einen ganz hübschen Skandal in der Stadt geben.«
»Nicht zu fassen«, murmelte Gerhard kopfschüttelnd vor sich hin.
»Ja, und dann auch das Unglück, das seine Tochter getroffen hat, das wird ihm schwer zugesetzt haben«, fuhr Markus fort. »Ist ja auch irgendwie verständlich.«
»Was ist mit seiner Tochter?« horchte Gerhard auf. Ungerufen stand ihm wieder ihr Bild vor Augen.
»Hast du es nicht gelesen? Ach so, du warst ja nicht da. Also die hat – wart mal, wie lang ist das jetzt her, ja, ungefähr zwei Jahre, oder etwas mehr, da hat sie ihren Mann und ihr kleines Kind bei einem Lawinenunglück in Tirol verloren. Nur sie konnte lebend aus den Schneemassen geborgen werden. Ja, das war schon eine Tragödie«, schloß Markus Hentz.
Gerhard schwieg erschüttert. Was war ihr auferlegt worden, die einst so etwas wie eine Lichtgestalt für ihn gewesen war.
»Wie wird man damit fertig?« sprach er endlich leise.
»Ich habe Ariane Danegger neulich mal gesehen«, erzählte Markus. »Das war im Kunstsalon Keßler. Die Inhaberin ist eine Tante von ihr, sie hilft ihr manchmal im Geschäft. Eine Freundin meiner Frau ist dort Verkäuferin, daher wissen wir das. Wir haben ein Geschenk für die Hochzeit meines Bruders gekauft, ein Aquarell. Sie haben sehr schöne Sachen. In den nächsten Tagen findet da übrigens eine Vernissage statt, kannst ja mal hingehen, wenn es dich interessiert«, fügte er beiläufig hinzu.
»Ich verstehe nichts von Kunst«, meinte Gerhard abwesend.
»Ich auch nicht«, bekannte Markus Hentz. Er warf einen Blick auf die Uhr. »So, ich habe meiner Frau zwar gesagt, daß ich später komme, aber allmählich… Sonst fangen die Gören an zu quengeln, sie sind es gewohnt, daß der Papa pünktlich ist. Und der Hund muß Gassi gehen.« Er lachte vergnügt. »Ich habe Zwillinge von knapp drei Jahren, ein Junge und ein Mädchen. Da ist was geboten, kann ich dir sagen. Totaler Streß.«
Nachdenklich sah Gerhard ihn an. »Der Glückspilz von uns beiden scheinst eher du zu sein«, sagte er.
»Wieso! Du hast sicher noch keine Zeit gehabt zum Heiraten. Aber was nicht ist, kann doch noch werden. Und schaff dir Kinder an, das ist überhaupt das Höchste. Jedenfalls seh’ ich das so.«
»Ich habe eine kleine Tochter. Nur keine Mutter dazu, die ist mir weggelaufen.« Gerhard lächelte trübe.
»Waas«, machte der andere perplex. »Tz, tz, dann kann sie aber nicht viel getaugt haben.« Doch er war mit seinen Gedanken schon bei seiner Familie. »Vielleicht besuchst du uns mal, Gerhard«, sagte er, als sie das Lokal verließen. »Wir bewohnen ein nettes Reihenhäuschen in der Südstadt.«
Gerhard glaubte nicht, daß es dazu kommen würde. Er hatte keine besondere Neigung, Zaungast in einer glücklichen Familie zu sein. Aber er hatte nun erfahren, was er wissen wollte, und mehr als das.
Vielleicht würde er doch einmal in den Kunstsalon Keßler hineinschauen. Wenigstens ging sie unter Menschen, die Leidgeprüfte. Das war schon viel…
*
Viele waren gekommen zur Eröffnung der Ausstellung: Kunstsachverständige und solche, die sich dafür hielten, andere, für die es ein Muß war, bei jeder kulturellen Veranstaltung dabeizusein. Es gehörte für sie zum guten Ton.
Gerhard kam sich ziemlich fehl am Platze vor, als er, abseits stehend, über die wogende Menge sah, die sich über mehrere Räume verteilte. Eine enge, gewundene Treppe führte noch hinauf