Название | Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman |
---|---|
Автор произведения | Viola Maybach |
Жанр | Языкознание |
Серия | Der kleine Fürst Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740970284 |
Deshalb ging er in den Salon und bat sie zu einem Spaziergang in den Park. Marion strahlte. Gunter bedachte nicht, wie sehr sie seine Eröffnungen verletzen konnten.
Sie gingen hinaus in den Park, Marion faßte Gunter spielerisch an der Hand. Sie hatte eine Strickweste mit gerüschtem Kragen übergezogen, denn es wurde kühl. Unter den Buchen und Eichen tanzten Glühwürmchen.
»Ich muß mich dir anvertrauen«, begann Gunter.
Marions Herz klopfte stürmisch. Sie hoffte auf eine Liebeserklärung.
»Ich bin verliebt und dabei, einen sehr ernsten Schritt zu unternehmen«, fuhr Gunter fort. »Aber ich habe Angst.«
Er fürchtet, daß ich ihn zurückweise, dachte Marion. Gunter ist sensibler, als es den Anschein hat. Sie blieb stehen.
»Fasse Mut und rede offen.«
»Bist du schon einmal so verliebt gewesen, daß du alles andere vergessen hast, Marion? Daß deine Gedanken nur noch um einen bestimmten Menschen kreisten? Daß dir ohne ihn das Leben leer und richtig erschien?«
»Ja, dieses Gefühl kenne ich.«
Für sich fügte Marion hinzu: Genau in diesem Augenblick ist es der Fall. Sprich weiter, Liebster, erkläre dich.
»Ich liebe eine Ärztin«, sagte Gunter. »Eine Bürgerliche. Dr. Sandra Richter heißt sie. Sie erwartet ein Kind von mir.«
Marion war es, als ob alles in ihr absterben würde. Ihr Herz schmerzte zum Zerspringen, sie fürchtete, zum erstenmal in ihrem Leben in Ohnmacht zu fallen. Die Bäume drehten sich im Kreis. Sie hörte kaum, wie Gunter ihr erzählte, daß seine Mutter gegen die Verbindung sei und ihm alle nur möglichen Schwierigkeiten bereiten wollte.
»Ich bin so verzweifelt. Ich liebe meine Mutter, ich verstehe auch, was ihr die Tradition des Hauses Falkenau bedeutet. Aber soll ich deswegen auf mein Lebensglück verzichten? Ich habe andere Ansichten als meine Mutter.«
Nach einer Weile des Schweigens fragte Gunter: »Was rätst du mir? Glaubst du, daß ein Adliger unbedingt eine Adlige heiraten muß? Wir würdest du dich verhalten, wenn du einen Bürgerlichen liebtest?«
Es war grausam für Marion, daß er sich ausgerechnet an sie wendete. Sie stand vor einer schweren Entscheidung. Sollte sie die gleiche Linie verfolgen, wie Fürstin Claudia, in der Hoffnung, Gunter vielleicht von jener Frau abbringen zu können?
Sie entschied sich dagegen. Sie mochte nicht intrigieren.
»Folge der Stimme deines Herzens, Gunter«, sagte sie schlicht. »Nur dann wirst du glücklich. Jetzt bring mich bitte ins Schloß zurück, ich fühle mich schon den ganzen Abend nicht wohl.«
Sie kehrten zurück. Im Licht der ersten Laterne am Schloßhof stellte Gunter fest, wie blaß Marion aussah. Er brachte sie zu ihrem Zimmer im Westflügel, holte das Dienstmädchen und fragte Marion, ob er einen Arzt anrufen solle.
Sie stand in der Zimmertür und lächelte matt. Die Besorgnis tat ihr wohl, aber die Schmerzen, die sie hatte, konnte kein Arzt heilen.
»Nein, es geht schon wieder. Vielleicht habe ich in der letzten Zeit zuviel gearbeitet, oder es ist eine Sommergrippe in Anmarsch. Heißer Lindenblütentee und acht Stunden Schlaf werden mich kurieren.«
Später fand Baron Edgar seine Nichte bitterlich schluchzend im Bett. Sie konnte nicht schlafen. Der Baron wußte von der Fürstin über die Heiratsabsichten Gunters Bescheid. Er strich Marion übers Haar.
»Kind, beruhige dich. Es ist noch nicht aller Tage Abend.«
Bitterlich weinend umarmte ihn Marion. Sie schluchzte an seiner Schulter.
»Sie kriegt… ein Kind von ihm. Dabei liebe ich ihn doch so! Ich bleibe hier nicht länger. Gleich morgen früh reisen wir ab, Onkel. Ich halte es auf Schloß Falkenau nicht mehr aus.«
Der Baron saß noch eine Weile bei seiner Nichte. Ihm war sehr daran gelegen, daß seine Nichte Fürst Gunter heiratete. Ihm kam es dabei nicht auf ihr Glück an. Von einer Verbindung mit den Falkenaus erhoffte er für sich selber Vorteile.
»Wir werden sehen«, sagte er.
Auch Gunter schlief in dieser Nacht wenig. Er kannte seine Mutter. Für sie gab es nur einen Willen: ihren eigenen. Den setzte sie auch im allgemeinen durch, wenn sie aus Überzeugung handelte und ihren Vorteil sah.
*
Noch am Sonntag suchte Baron Edgar den Inhaber einer sehr bekannten Detektei auf. Diesen beeindruckte der Adelstitel, er empfing den Baron im Arbeitszimmer seines Bungalows am Sonnenhügel über einer Stadt im Taunus.
»Ich brauche ein komplettes Dossier über Dr. Sandra Richter«, erklärte der Baron und nannte die Arbeitsstelle und die Adresse der Ärztin. Die hatte er schon herausgefunden. »Außerdem über ihre Angehörigen, Freunde und Bekannten. Skandalgeschichten sind mir sehr willkommen.«
»Es wäre für mich gut zu erfahren, wozu Sie diese Auskünfte benötigen, Herr Baron.«
Unter dem Siegel der Verschwiegenheit teilte ihm Baron Edgar mit, daß Fürst Gunter von Falkenau die Ärztin zu heiraten gedachte. Er behauptete, die Erkundigungen im Auftrag der Fürstin einzuziehen.
»Ihre Durchlaucht wollten nicht persönlich an Sie herantreten.«
Der Detektiv verstand. Schon drei Tage später suchte er den Baron in dessen Villa in Wiesbaden auf. Die Villa war bis in den obersten Dachbalken mit Hypotheken belastet. Abgesehen davon gehörte dem Baron eine Burgruine in Bayern, die er nach dem Krieg von einem entfernten Vetter günstig übernommen hatte. Zwar war die unbewohnbar, doch ihr Besitz machte den Baron zum Burgbesitzer.
Zu seinem Leidwesen hörte er, daß es um Sandra Richter keine Skandale gab. Er schaute sich das Teleobjektivfoto an, das die Ärztin im tiefausgeschnittenen Sommerkostüm zeigte, und pfiff durch die Zähne.
»Sehr attraktiv. Sie ist sechsundzwanzig?«
»Genau. Sie gilt als äußerst tüchtig in ihrem Fach und ist in der Klinik bei den Ärzten, dem Pflegepersonal und dem Patienten gleichermaßen beliebt. Außer ihrem jüngeren Bruder und zwei alten Tanten in Norddeutschland hat sie keine lebenden Verwandten. Dr. Richter lernte Fürst Gunter kennen, als er im Januar mit einer Unterschenkelfraktur, die er sich beim Wintersport zugezogen hatte, in der Klinik lag.«
»Hm.« Der Baron stieß in dem Dossier auf etwas. »Ihr Bruder, ein kleiner Bankangestellter, lebt auf großem Fuß, steht hier. Er fährt einen italienischen Sportwagen und ist häufiger Gast der Bad Homburger Spielbank.« Baron Edgar verkehrte selbst regelmäßig dort und auch in anderen Casinos. »Warum ist kein Foto von diesem Frank Richter dabei? Ich muß ihn mir unbedingt ansehen.«
»Das läßt sich einrichten.«
Am gleichen Abend erhielt der Baron die Nachricht, daß sich Frank Richter wieder in der Spielbank aufhielt. Der Baron fuhr sofort los. Der Detektiv zeigte auf einen jungen Mann mit gewelltem dunklem Haar. Er war groß und schlank und hatte ein etwas mädchenhaftes Gesicht, der Blazer stand ihm vorzüglich.
Seine Hände zitterten leicht, als er sechshundert Mark auf drei verschiedene Roulettefelder setzte. Die Kugel rollte. Gebannt hafteten Frank Richters Augen darauf. Er schaute in sein Notizbuch.
»18, 24 und 33«, murmelte er. »Eine dieser drei Zahlen muß kommen.«
Die Kugel blieb auf der Drei liegen. Frank zuckte heftig zusammen. Er vertiefte sich in seine Berechnungen, der Croupier mußte ihn mahnen, entweder zu setzen oder den Platz freizugeben.
»Ein Systemspieler«, sagte der Baron zu dem Detektiv. »Er ist mir bereits früher aufgefallen, er kommt seit einem guten halben Jahr hierher und verliert fast ständig. Sehr interessant, wirklich, äußerst interessant. Laut Auskunft Ihrer Detektei verdient er nicht einmal zweitausend netto im Monat. Er hat keine Vermögenswerte oder andere Einkommensquellen,