Mainfranken Reiseführer Michael Müller Verlag. Hans-Peter Siebenhaar

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Название Mainfranken Reiseführer Michael Müller Verlag
Автор произведения Hans-Peter Siebenhaar
Жанр Книги о Путешествиях
Серия MM-Reiseführer
Издательство Книги о Путешествиях
Год выпуска 0
isbn 9783956548642



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daneben, in Rich­tung des linken Reg­nitz­arms, liegt der Grüne Markt mit der ba­ro­cken St.-Martins-Kir­che von 1693. Wo­chen­tags drängen sich die Men­schen zwischen den dicht ste­hen­den Stän­den der Obst- und Ge­mü­se­bau­ern. Am Platz steht auch das ori­gi­nel­le Wahrzeichen der Stadt, der Nep­tun­brunnen „Gobl­mo“ (Gabelmann), im Sommer der Jugendtreff.

      Der Hain (→ Unterwegs in der Stadt) ist ein Villengebiet unmittelbar neben der Altstadt. Die malerische Lage am gleich­namigen Park mit seinen Frei­zeit­einrichtungen von Schwimmbad über Ruderklub bis Tennisverein ma­chen das Stadtviertel zu einem be­vor­zug­ten Wohngebiet. Die Gärtnerstadt jenseits des Rhein-Main-Donau-Kanals (RMD) hat sich bis heute ihre klein­städ­tische Struk­tur bewahren können. Bam­berg hat eine große Garten­bau­tra­di­tion. Die knollige Kartoffel mit dem Na­men Bamberger Hörnla genießt auch außerhalb Fran­kens einen exzel­len­ten Ruf.

      Bambergs Urzelle war das „Castrum Ba­ben­berg“ im Bereich des heutigen Doms. Die An­fänge dieser ka­ro­lin­gi­schen Sied­lung reichen bis ins 8. Jh. zu­rück. 997 be­gann der spätere deutsche Kö­nig Hein­rich II. (ab 1002) mit dem Aus­bau der Burg. 1007 wur­de sie zum Sitz eines neu gegründeten Bistums er­ho­ben, dem die älteren Diöze­sen Würz­burg und Eichstätt Gebiete abtre­ten muss­ten. Be­vor er 1046 zum Papst ge­wählt wurde, war Clemens II. hier Bi­schof. Bamberg stieg in dieser Zeit zu einer der wich­tigs­ten Städte des Hei­li­gen Römischen Reiches auf. Wie­der­holt fanden an der Reg­nitz Reichs­tage statt.

      Vermutlich zu Beginn des 13. Jh. wur­de auf den Fundamenten der bei­den vor­aus­ge­gan­genen (abgebrann­ten) Dom­bau­ten der Grundstein für das heu­tige Bau­werk gelegt; die Ein­weih­ungs­feier­lichkeiten fanden im Mai 1237 statt.

      Fischerstechen auf der Regnitz

      Die Fischerstecher, bewaffnet mit vier Meter langen Holzstangen, balancieren auf dem Bug der langen, schmalen Kähne. Der Fahrer des Bootes muss sich dabei mög­lichst ruhig fortbewe­gen, nicht ruckartig, denn sonst wird sein Kom­pag­non eine leichte Beute für den Gegner und in den Fluss ge­sto­ßen. Alljährlich Ende August zur Sandkerwa, dem größ­ten Volksfest der Re­gion, treten die Besten zum Wett­bewerb an. Die Sand­straße verwan­delt sich wäh­rend der Kirchweih in eine ki­lo­meterlange Theke. Die Sandkerwa ist übri­gens kein von oben verordnetes Fest, son­dern wurde von den Bür­gern im Jahr 1950 aus der Taufe gehoben. Viel­leicht erklärt das ih­re Beliebt­heit. Je­weils am Montag gegen 22 Uhr steigt ein präch­ti­ges Feuerwerk in den Himmel, das Zehntausende in die Alt­stadt und an das Reg­nitz­ufer lockt. Im Jahr 2015 gab auf dem Wasser ein ganz besonderes Gefährt: Der fränkische Milliardär Michael Sto­schek war während der Sandkerwa un­ge­nehmigt mit einem Amphi­bienfahrzeug auf der Regnitz unterwegs. Der Chef des Au­to­mobilzulieferers Brose, der die Aufregung um seine Ak­tion nicht ver­stand, musste für seine Aktion ein Bußgeld von 200 Euro zah­len (für seine Idee eines Kfz-Klebekennzeichens musste er da­ge­gen eine Geldbuße von 150.000 Euro zahlen).

      Die Bürgerschaft siedelte zuerst auf dem schmalen Streifen zwischen dem lin­ken Reg­nitzarm und dem Berggebiet. An­fang des 12. Jh. wuchs die Stadt in den Bereich der heutigen Innenstadt hi­nein. Höhe­punkt der städtischen Ent­wick­lung war der Bau des Rathauses im 14. Jh. In den folgenden Jahr­hun­derten kam es ständig zu Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwischen Geistlichkeit und Bür­gerschaft, denn die Pri­vilegierten des „heiligen Bezirks“ woll­ten sich nicht an den Baukosten für eine si­chere Wehr­anlage beteiligen.

      Von 1612 bis 1630 regierte der He­xen­wahn die Stadt. Bischof Georg Fuchs von Dorn­heim und sein Weih­bi­schof Fried­rich Förner ließen in be­son­ders ein­ge­rich­te­ten Kammern 600 Men­schen fol­tern und anschließend um­brin­gen, da­r­un­ter den Bür­ger­meis­ter.

      Die Wende kam Anfang des 18. Jh. mit den bauwütigen Bischöfen von Schön­born. Unter ihrer Herrschaft er­hielt die Stadt das bis heute prägende ba­rocke Ge­wand. Es wurde viel abge­ris­sen, re­no­viert, um­gestaltet - Bam­berg erlebte sei­ne große ku­l­tu­relle Blü­te­zeit.

      1796 wurde die Stadt, wie ganz Süd­deutsch­land, von der französischen Re­vo­lu­tionsar­mee erobert. Ein fol­gen­rei­ches Ereignis, denn 1803 ging Bamberg mit sei­nem Bistum als Entschädigung an Bayern.

      Der Bamberger Dom ist nie fertig

      Zu Beginn des 20. Jh. wurde Bam­berg kurzzeitig sogar zu dessen Haupt­stadt, als die 1919 aus München vor der Rätebewegung geflüchtete ba­ye­ri­sche Re­gie­rung mit ihrem ersten de­mo­kra­tisch gewählten Ministerpräsidenten Hoff­mann in der Domstadt Zu­flucht fand. Die Neue Residenz wurde Re­gie­rungs­sitz, im Ge­richts­gebäude kam das Jus­tizministerium, im Bahnhof das Ver­kehrs­mi­ni­s­te­rium unter. Die Sitz­un­gen hielt der Landtag in den Har­mo­nie­sä­len am Schil­ler­platz ab. Am 12. Au­gust 1919 wurde dort die „Bam­ber­ger Ver­fassung“ ver­ab­schie­det, die bis zur Macht­übernahme der Nazis in Kraft blieb. Das 95 Artikel um­fas­sende Werk war die erste demokratische Verfas­sung Ba­y­erns. Sie gilt noch heu­te in vie­lerlei Hin­sicht als modern. So sah sie Volks­be­gehren und Volks­ent­schei­de vor und ge­stand jedem Bürger den „An­spruch auf eine an­gemessene Woh­nung“ zu.

      Im Zweiten Weltkrieg blieb die Stadt - an­ders als ihre großen Nachbarinnen Würz­burg und Nürnberg - vom Bom­ben­hagel der Alliierten weitgehend ver­schont. Viel schlechter erging es der seit dem 11. Jh. bestehenden jüdischen Ge­meinde, de­ren Mitglieder während der nationalsozialistischen Diktatur sys­te­matisch in Kon­zen­t­rationslager ver­schleppt und getötet wurden. Nur zwei der insgesamt 270 Ge­mein­de­mit­glie­der, die nicht vorher emigriert wa­ren, über­leb­ten den Terror.

      Geschrieben und gedruckt - nicht immer ein Ruhmesblatt

      Bam­bergs prominente Bürger hat­ten stets ein kritisches Verhältnis zur Stadt. E. T. A. Hoffmann schrieb nach seinem fünfjährigen In­ter­mezzo an der Reg­nitz am 21. April 1813, dem Tag seiner Ab­rei­se: „Meine Lehr- und Marter­jah­re sind nun in Bam­berg ab­ge­büßt.“ Ein Jahr vor Hoffmann war der Philo­soph Ge­org Wil­helm Friedrich He­gel nach Bamberg gekommen, der als Redak­teur der „Bam­ber­ger Zeitung“ ei­nen kritischen Journalismus be­grün­den woll­te und an der Zen­sur schei­terte. Auch der Buchdruck hat in Bam­berg eine be­deutende Rolle gespielt. Verschiedene Quellen sprechen von der nach Mainz zweitältesten Buchdruckerstadt Deutschlands. Ein Ge­selle Gu­ten­bergs, Albrecht Pfister, druckte die sog. Armenbibel und stattete sie mit Holz­schnitten aus. Stadtführer wählen gerne den Weg vom Sonnenplätzchen in die Schimmelsgasse, die von der Judenstraße direkt zur Regnitz führt, und zei­gen das Haus mit der einstigen Druckwerkstatt. Eine Gedenktafel aller­dings sucht man vergebens.

      Der Bamberger Dom

      Zusammen mit den Kaiserdomen in Speyer, Mainz und Worms ist der Bam­ber­ger Dom eines der imposantesten deutschen Bauwerke des Mittelalters. Seine vier schlan­ken Türme be­herr­schen seit Jahrhunderten das Bild der Stadt. Der Bau ent­stand in der Zeit des Über­gangs von der Romanik zur Gotik, die wuchtigen Ton­nen­ge­wölbe zeigen schon eine gewisse Leichtigkeit. 1237 er­hielt der heutige „Dom St. Pe­ter und Georg“ unter Bischof Eckbert von An­dechs seine feierli­che Wei­he. Der Dom steht an der Stelle einer von Hein­rich II. errichteten Kathed­rale, die 1012 ge­weiht wur­de. Nach dem Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg wurde der Dom mo­der­nisiert und erhielt eine barocke Innen­aus­stat­tung. In der Roman­tik wurde der ba­ro­cke Zierrat komplett wieder entfernt. „Stil­reinigung“ nannte man das 1836 un­ter König Lud­wig I. Das bekannteste Kunst­werk im Dom ist das Standbild des Bam­berger Reiters, die ä­l­tes­te er­hal­tene lebensechte Reiterplastik des Mit­telalters. Die­ses Werk eines un­be­kann­ten Bildhauers, entstanden um 1235, wurde