Название | Mami Staffel 11 – Familienroman |
---|---|
Автор произведения | Edna Meare |
Жанр | Языкознание |
Серия | Mami Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740955809 |
»Nur, wenn er putzt. Hast du das schon mal gelesen? Sie kommen, ziehen sich splitterfasernackt aus und putzen Fenster und was man so geputzt haben möchte. Und die Damen sitzen zusammen, trinken Sekt und kichern sich halb tot.«
»Das wäre doch das passende Geschenk für deine Mutter und ihr Kaffeekränzchen. Stell dir mal vor, es klingelt bei ihr und…«
Beide prusteten los. Es gab wohl kaum jemanden, der so hanseatisch steif war wie Christines Mutter.
»O Gott, ich muß nach Hause. Immer wenn ich bei dir bin, rast die Zeit so dahin. Also, Chris, halte die Ohren steif. Für die Midlifecrisis ist es sowieso noch zu früh. Die darfst du frühestens mit Ende dreißig haben. Deshalb heißt sie ja Mitte des Lebens-Krise. Und da Frauen fast achtzig werden…«
»Stell dir vor, noch fünfzig Jahre…«, rechnete Christine und riß die Augen auf bei dieser Vorstellung.
»Na also, kein Grund für Selbstmitleid. Das ganze Leben liegt noch vor dir.«
Nachdem Suse gegangen war, dachte Christine noch einmal über ihre Worte nach. Sie hatte recht. Suse war zwar eine gnadenlose Optimistin und schien damit immer richtig zu liegen, jedenfalls was ihr eigenes Leben anbetraf, aber in diesem Fall hatte sie nicht übertrieben. Wenn Christine daran dachte, wie schlecht es anderen ging, dann sollte sie wirklich dankbar sein und den ganzen Tag frohlocken. Langeweile konnte man sicher sehr viel besser aushalten als Sorgen.
Daniel kam am nächsten Tag mit einer Einladung zum Elternabend aus der Schule zurück. Er ging erst seit einem halben Jahr zur Schule, und Christine war gespannt, wie sie und er mit dieser neuen Erfahrung zurechtkommen würden. Noch liebte er alles, was er dort erlebte und war ziemlich unkritisch. Aber wenn Christine an ihre eigene Schulzeit dachte, dann wußte sie, daß sich das bald ändern würde. Sie würde vielleicht schon die ersten Probleme zu Gehör bekommen, wenn sie den Elternabend besuchte. Ihre Mutter hatte diese Zusammenkünfte jedenfalls immer verabscheut, weil der Lehrer sich jedesmal über ihre aufmüpfige Tochter beschweren mußte, was Andrea Helmut ihrer Christine besonders übelnahm, weil er es vor allen Eltern verkündete. Wenn man nach der Maxime »Nur nicht auffallen« lebte, war das schon ziemlich hart.
Sie mußte Daniel einen unterschriebenen Zettel mitgeben, daß sie die Einladung bekommen habe und erscheinen würde. Stolz legte er ihn in seine Mappe zurück und verriet ihr, daß sie seinen Platz sofort erkennen würde, wenn sie in zwei Tagen die Klasse besuchte. Christine hoffte nur, daß er seinen Namen nicht in das Pult geschnitzt hatte. Das war nämlich damals ihre Idee gewesen, um sich unsterblich zu machen in der Schule.
*
Daniel hatte ein schönes Namensschild gemalt. Seine bunten Blumen und der riesige Schmetterling entlockten Christine ein stolzes Lächeln, als sie sich hinsetzte und um sich schaute. Die anderen Kinder hatten ähnliche Schilder angefertigt, so daß man gleich wußte, welches Kind zu welchen Eltern gehörte. Bei manchen war das nicht schwer zu erkennen.
Warum die kleine Rosalie so dick war, sah man an ihren Eltern. Und die schmale scharfe Nase von Tobias trug auch sein Vater im Gesicht. Viele Kinder aus der Klasse kannte Christine allerdings nicht.
Sie merkte, daß sie genauso neugierig gemustert wurde, und versuchte, nicht den Blick zu senken, sondern weiter offen und interessiert zu wirken. Vielleicht hätte sie doch nicht in Jeans und Tweedblazer kommen sollen. Dagegen war eigentlich nichts zu sagen, nur stand der Tweedblazer in ziemlichem Gegensatz zu der Spitzenbluse, die sie dazu ausgesucht hatte. Sie kleidete sich gern modisch, aber hier fiel sie auf.
Der Lehrer war groß und schlank und noch ziemlich jung. Er wirkte ein bißchen schüchtern, sicher lag es daran, daß er die Eltern nun zum ersten Mal alle auf einmal vor sich hatte und vermutlich ahnte, daß man sehr kritisch ihm gegenüber war.
»Guten Abend, liebe Eltern…«
Offenbar fiel ihm ein, daß nur wenige Elternpaare vollständig erschienen waren. Er wurde rot und überlegte schnell, ob er noch etwas hinzufügen mußte, damit sich auch die Geschiedenen oder Alleinstehenden angesprochen fühlten. Christine lächelte ihm zu. Er schien dankbar und fuhr fort.
»Ich freue mich, daß Sie so zahlreich erschienen sind. Heute wollen wir uns ein bißchen kennenlernen. Sie können mir im Anschluß an das, was ich Ihnen sagen möchte, Fragen stellen. Das nächste Mal schicke ich Ihnen zur Einladung eine Auflistung der Themen, die ich ansprechen möchte, und Sie können sie nach Belieben ergänzen. Aber für heute wollte ich nicht so förmlich sein. Also…«
Er faßte zusammen, was er bis jetzt mit den Kindern gemacht hatte und wie wunderbar und eifrig sie alle seien. Die Väter und Mütter wurden alle ein Stück größer, auch Christine.
Natürlich war es ziemlich geschickt von ihm, alle so zu loben, denn nun blieben die kritischen Fragen, die sich wohl mancher vorgenommen hatte, ungesagt. Nur ein Vater bemängelte, daß man nicht schnell genug voran ging mit dem Lehrplan. Das Leben sei schließlich hart und der Erfolg der Schule ausschlaggebend für die späteren Chancen. Christine grummelte mit einigen anderen, um ihren Unmut zu zeigen und Herrn Wolf zu unterstützen, doch wie sich zeigte, brauchte der das gar nicht.
»Ich verstehe, was Sie meinen. Aber ich denke, die Kinder werden im Laufe der Jahre noch von selbst begreifen, daß sie mehr für sich als für die Schule lernen. Wir sollten ihren Eifer und Spaß nutzen, um einen Grundstein zu legen für die Erkenntnis, daß Lernen auch Spaß machen kann. Ich lehne jeden Drill ab und denke, daß die meisten von Ihnen meiner Meinung sind.«
»Aber ganz bestimmt sogar«, sagte Christine laut und wurde nun selbst rot, denn alle wandten ihr die Köpfe zu. Mancher hatte das gedacht und genickt oder gemurmelt, aber sie war richtig laut geworden.
»Wunderbar. Vielen Dank. Wenn das jetzt alles ist, würde ich sagen, wir beenden den Abend nun. Wenn Sie sonst noch einmal Fragen an mich haben, können Sie mich auch gern jederzeit anrufen. Die Telefonnummer haben die Kinder.«
Einige Eltern hatten mit Herrn Wolf offenbar gleich noch das eine oder andere zu besprechen. Christine verabschiedete sich mit einem freundlichen Nicken und ging hinaus. Sie fand den ersten Elternabend sehr gelungen, für alle Seiten. Daniel war kein schwieriges Kind und es war schön, daß der Lehrer das genauso sah.
»Ach, Frau… Baerwald…, einen Moment bitte noch…«
Herr Wolf winkte ihr zu. Christine wußte nicht, was sie davon halten sollte, und blieb zögernd stehen.
»Ich… wollte mich gern noch einmal mit Ihnen unterhalten. Daniel ist schon ziemlich weit und manchmal langweilt er sich ein bißchen. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich ihn dann mit Lehrstoff beschäftige, der eigentlich nicht unbedingt zum Unterricht gehört? Er stört die anderen Kinder sonst zu leicht, indem er den Kasper spielt…«
»Den Kasper? Wie meinen Sie das?«
Eigentlich war er bei näherem Hinsehen doch nicht ganz so sympathisch. Christine dokumentierte das, indem sie die Arme verschränkte.
»Na, nichts Schlimmes. Er albert eben ein bißchen herum. Ich dachte, er könnte dann malen oder Schreibübungen machen, bis die anderen Kinder soweit sind. Ich möchte Sie nur fragen, damit Sie sich nicht wundern, was er im Unterricht macht.«
»Ich habe nichts dagegen. Soll ich mit ihm sprechen?«
»Wegen des Alberns? Aber nein, das ist doch völlig normal in dem Alter. Ich komme schon mit ihm klar. Er ist ein netter, aufgeweckter Junge.«
»Ja, das ist er. Gut, Herr Wolf, wenn das alles war…«
»Ja, danke.«
Jetzt brauchte sie dringend ein Bier. Die Schulluft hatte ihr schon früher nicht gefallen, sie war nicht besser geworden.
In der Nähe gab es eine einfache Kneipe, die einen ordentlichen Eindruck machte. Christine war nicht überrascht, daß sie einige Väter und Mütter hier wiedersah, die eben noch in der Klasse gesessen hatten. Bis auf zwei Paare saßen sie alle einzeln. Sie überlegte, ob sie sich irgendwo dazusetzen sollte. Schüchtern war sie nicht, aber letztendlich könnte sie eine falsche