Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

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Название Sophienlust Paket 3 – Familienroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Sophienlust Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740959937



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Gesa, quäle dich nicht mit solchen Gedanken. Die beiden sind mit dem Schrecken davongekommen. Sie haben ihren Schock längst überwunden und fühlen sich als Helden des Tages. Ich …«

      »Warum hast du Oliver ein solches Versprechen gegeben?«, fiel sie ihm heftig ins Wort. »Du kannst es doch nicht halten.«

      »Warum kann ich es nicht halten?« Er setzte sich neben sie auf die Bank und legte seinen Arm um ihre Schultern.

      Diese so lang entbehrte und doch so vertraute Geste ließ ihr Blut schneller fließen. »Clemens, warum tust du das?«, fragte sie kaum verständlich. Dabei wünschte sie, dass die Zeit stillstehen möge.

      »Weil ich dich liebe, Gesa. Weil ich keine Minute aufgehört habe, dich zu lieben. Bitte, verzeih mir«, bat er erregt. »Ich habe mich wie ein Narr benommen. Nie wieder hätte ich froh werden können, wenn Oliver etwas zugestoßen wäre, weil es meine Schuld gewesen wäre. Oliver hat einen Teil unseres Gesprächs belauscht und ist deshalb fortgelaufen. Er wollte sich verstecken. In diesen entsetzlichen Minuten, als ich ihn verzweifelt suchte, ist mir klar geworden, dass kein Mensch das Recht hat, einen anderen zu verurteilen. Wenn ich jetzt über meine Reaktion nachdenke, weiß ich, dass nur meine maßlose Eifersucht mich zu allem getrieben hat. Verzeih mir, Gesa!« Er zog sie an sich.

      Gesa war mit ihren Nerven am Ende und unfähig, Clemens eine Antwort zu geben. Ihre Zunge schien plötzlich gelähmt zu sein.

      Clemens zog seinen Arm zurück und erhob sich, als Gesa schwieg. »Ich kann sogar verstehen, dass du jetzt nichts mehr von mir wissen willst«, meinte er tonlos. »Ich gehe stillschweigend aus deinem Leben, Gesa. Oliver soll bei dir bleiben. Leb’ wohl.« Er wandte sich zum Gehen.

      Endlich erwachte Gesa aus ihrer Erstarrung. »Clemens!«, rief sie. »Clemens, komm doch zurück! Du hast mich falsch verstanden. Ich habe nur vor Glück kein Wort über die Lippen gebracht.« Sie stand auf und streckte ihm flehend die Hände entgegen.

      »Gesa!«, rief er und hielt sie dann in den Armen. Er küsste sie mit innigem Verlangen. »Gesa«, stöhnte er. »Geliebte kleine Gesa.«

      Gesa erwiderte seine Küsse. Das Glück trieb ihr die Tränen in die Augen. »Clemens, ich liebe dich. Ich war so unglücklich ohne dich«, gestand sie leise schluchzend.

      »Darum musst du doch nicht weinen.« Er sah ihr tief in die Augen. Dann fuhr er ihr zärtlich mit dem Zeigefinger über die Lider. »Das muss aufhören«, sagte er fröhlich.

      »Was?«

      »Dass deine Lider immerzu gerötet sind. Du weißt doch, dass deine Augen beim Weinen immer rot werden und anschwellen.«

      »Clemens, du bist mir einer.« Zum ersten Mal seit Wochen konnte Gesa wieder richtig lachen. »Deinetwegen habe ich so viel weinen müssen, und nun beklagst du dich über meine geröteten Augen.«

      »Ich werde dafür sorgen, dass dir das Weinen vergeht.« Er setzte sich wieder auf die Bank und zog sie auf seinen Schoß.

      Gesa legte ihre Arme um seinen Nacken und schmiegte ihr Gesicht an seine Wange. »Ist es wahr, dass Andreas bei uns bleiben darf? Für immer?«, fragte sie hoffnungsvoll.

      »Ich habe es doch den beiden Jungen versprochen. Andreas ist dein Sohn und jetzt auch mein Sohn, Gesa.«

      »Clemens, ich danke dir!«

      »Da gibt es noch etwas zwischen uns zu regeln.«

      »Was?« Erstaunt sah sie ihn an.

      »Wer ist dieser Dr. Hoffmann?«

      »Martin Hoffmann? Er ist Kurarzt in Bad Kissingen. Als ich so verzweifelt war, hat er mich getröstet.«

      »Getröstet? Wie getröstet?« Er drückte sie so fest an sich, dass sie kaum Luft bekam.

      »Ach, Clemens, bisher hatte ich keine Ahnung, dass du die Allüren eines Othellos hast. Er ist ein sehr gütiger Mensch und hat mir sehr geholfen, als ich so allein war.«

      »Du warst allein, weil ich dich allein gelassen hatte. Wie sieht er aus?«

      »Wer? Dr. Martin Hoffmann? Ich glaube, er ist ein gut aussehender Mann.« Dass Clemens so eifersüchtig war, war etwas ganz Neues für sie. Plötzlich dachte sie an seine Sekretärin Renate Vogt. Aber sie unterdrückte eine Frage nach ihr. Später, wenn sie wieder daheim sein würden, würde sie vorsichtige Fragen stellen.

      Es war, als erriete Clemens ihre Gedanken. »Ich habe eine neue Sekretärin«, berichtete er. »Fräulein Vogt arbeitet jetzt in einer deutschen Firma in Südamerika.«

      Gesa erwiderte nichts darauf. Sie sah Clemens nur an. Eine Ahnung stieg in ihr hoch, dass die Beziehungen zwischen ihm und Fräulein Vogt nicht ganz harmlos gewesen waren, aber sie hielt es für klüger, keine Fragen zu stellen. An seinem kaum merklichen Aufatmen erkannte sie, dass sie richtig handelte.

      »Clemens, ich möchte Andreas aber noch nicht sagen, dass ich seine Mutter bin. Ich möchte ihm Zeit lassen, sich an uns zu gewöhnen. Nicht wahr, das ist besser so?«, wechselte sie den Gesprächsstoff.

      »Ja, Gesa, das halte ich auch für richtig.« Wieder küsste er sie.

      *

      Oliver und Andreas waren mit den übrigen Kindern in den Park gelaufen. Plötzlich legte Nick den Zeigefinger an die Lippen und gebot allen, leise umzukehren. »Die Laube ist besetzt«, flüsterte er Pünktchen zu. »Die Wendts haben sich wieder ausgesöhnt.«

      Oliver war neugierig weitergelaufen. Mit großen glücklichen Augen beobachtete er seine Eltern, die sich noch immer selbstvergessen küssten.

      Gesa erblickte ihn zuerst. Sie löste sich aus Clemens’ Armen und streckte ihrem Sohn die Hand entgegen. »Komm her, mein Junge«, bat sie. »Du darfst dir heute etwas Besonderes wünschen.«

      »Wirklich? Nicht wahr, ihr habt euch jetzt wieder ganz lieb?`«

      »Das haben wir, mein Sohn.« Clemens lachte ihn an. »Hol’ auch Andreas her. Er gehört doch ab heute zu uns. Auch er darf sich etwas wünschen.«

      »Andreas! Andreas, wo bist du?«, rief Oliver selig.

      Andreas kam sofort angelaufen. »Was ist los, Oliver?«

      »Vati und Mutti haben gesagt, wir beide dürfen uns etwas ganz Schönes wünschen.«

      »Was wünschen?« Andreas’ runde Stirn legte sich in nachdenkliche Falten. »Ich möchte einmal so viel Eis essen dürfen, wie ich will«, sagte er dann.

      »Das sollst du.« Clemens fuhr ihm über das aschblonde Haar.

      »Ich möchte das auch, Vati. Ja, und dann möchte ich genauso angezogen sein wie Andreas, damit alle glauben, wir seien Brüder.«

      »Das möchte ich auch«, erklärte Andreas.

      »Dann wird uns nichts weiter übrig bleiben, als in die nächste große Stadt zu fahren, um Kleider für euch zu kaufen und anschließend in eine Eisdiele zu gehen.« Clemens blickte auf seine Armbanduhr. »Heute ist es aber dazu schon zu spät. Wir fahren gleich morgen Vormittag nach …«

      »… Maibach!«, rief Oliver. »Da gibt es eine ganz große Eisdiele.«

      »Kannst du denn so lange von deinem Werk fortbleiben, Clemens?«

      »Ich mache ganz einfach einige Tage Urlaub. Wir werden in ein hübsches Hotel ziehen und …«

      »Vati, warum denn? Ihr könnt doch hier schlafen. Sophienlust ist so groß, dass wir alle Platz haben«, konstatierte Oliver.

      »Frau Rennert wird sich schön bedanken über die Mehrarbeit«, bedachte Clemens.

      »Tante Ma ist sehr lieb. Außerdem braucht sie ja nicht selbst zu arbeiten. Dafür gibt es hier doch die Ulla, die Lena und die Schwester Regine. Magda kocht ja nur«, erzählte Andreas.

      Frau Rennert und Denise luden Clemens sofort ein, über Nacht in Sophienlust zu bleiben. Er wurde kurzerhand zu seiner Frau ins Fremdenzimmer einquartiert.