Название | Unsere Heilige Ehre |
---|---|
Автор произведения | Джек Марс |
Жанр | Современные детективы |
Серия | Ein Luke Stone Thriller |
Издательство | Современные детективы |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9781094342863 |
„Seht mal, hier ist der Teil, den ich nicht verstehe“, sagte Ed Newsam. „1948 ist eine Ewigkeit her. Es gibt all diese Palästinenser, die im Gazastreifen und im Westjordanland festsitzen. Warum gibt man ihnen nicht einfach ihre Freiheit und lässt sie ihr eigenes Land gründen? Oder wenn das nicht geht, warum gibt man ihnen nicht einfach die Staatsbürgerschaft und integriert sie in Israel? So wie ich das sehe, würden beide Möglichkeiten diesen ganzen Konflikt beenden.“
„Das ist kompliziert“, sagte Swann.
„Kompliziert ist noch milde ausgedrückt“, sagte Trudy. „Eher unmöglich. Zum einen wurde Israel als jüdischer Staat gegründet – ein Heimatland für Juden aus aller Welt. Dieses Projekt wurde bereits vor mehr als zweitausend Jahren ausgerufen.
„Wenn Israel ein jüdischer Staat bleiben möchte, kann es nicht einfach alle Palästinenser als Einwohner annehmen. Das würde eine demografische Zeitbombe starten, eine, die eher früher als später hochgehen würde. Israel hat ein universelles Wahlrecht – jeder Bürger darf wählen. Es gibt ungefähr sechseinhalb Millionen Juden in Israel und ungefähr zwei Millionen israelische Araber, deren Großteil Muslime sind. Im Gazastreifen und im Westjordanland gibt es ungefähr viereinhalb Millionen Palästinenser.
„Wenn die Palästinenser nun israelische Staatsbürger werden würden, hätte man auf einmal eine Gesellschaft, die zur Hälfte aus Juden und zur Hälfte aus Muslimen besteht, mit einer geringen Minderheit an Christen und anderen Religionen. Mit einem Schlag wären die Juden nicht mehr in der Mehrzahl. Außerdem ist die Geburtenrate bei israelischen Arabern und Palästinensern statistisch gesehen höher als bei israelischen Juden. In nur ein paar Jahrzehnten hätten die Muslime eine klare und ständig wachsende Mehrheit. Würden sie tatsächlich dafür wählen, dass Israel das Heimatland der Juden bleibt?“
„Unwahrscheinlich“, sagte Swann.
„Dann sollen sie den Palästinensern doch ihre Freiheit geben“, sagte Ed. „Lasst sie einen Staat ausrufen. Lasst sie die Straßen öffnen, ihren Luftraum und ihre Hoheitsgewässer kontrollieren und lasst sie mit anderen Ländern handeln.“
Trudy schüttelte ihren Kopf. „Das ist auch unmöglich. Ich mache ja nur selten absolute Aussagen, aber ich habe diese Szenarien schon aus jedem möglichen Winkel betrachtet. Egal, wer während internationaler Verhandlungen irgendetwas anderes behauptet, egal, wie oft die Generalversammlung der Vereinten Nationen Erklärungen abgibt, ein Palästinensischer Staat rückt niemals wesentlich näher. Israel wird es niemals freiwillig zulassen. Allein die Idee ist für sie absurd. Das wäre Selbstmord.
„Israel existiert in einem Umfeld verzweifelter Streitigkeiten mit den Ländern, die sie umgeben. Ihr Überleben steht ständig auf dem Spiel. Sicherheit ist das oberste Gebot in der israelischen Gesellschaft und der Hauptfokus des Staates. Israel ist ohnehin schon ein winziges Land. Wenn es das Westjordanland nicht als Puffer gäbe oder es sogar zu einem eigenen Staat werden würde, würde sich die Situation sofort unglaublich verschärfen. Es wäre untragbar. Die Küstenregion von Zentralisrael ist ein winzig dünner Streifen Land. Vom Westjordanland bis zum Meer sind es nur zwischen 14 und 17 Kilometer. Diese Distanz kann man mit dem Fahrrad in unter einer Stunde zurücklegen.
„Der Großteil der Zivilbevölkerung, sowie die großen Industrie- und Technologiegebiete des Landes befinden sich dort. Um die Sache noch schlimmer zu machen, besteht das Westjordanland aus Hügeln, die die umliegenden Täler überblicken. An manchen Orten des Westjordanlands kann man leicht bis zum Mittelmeer schauen. Immer wenn Extremisten aus arabischen Ländern davon reden, die Israelis ins Meer zu treiben, sollte man daran denken, dass der Weg tatsächlich nicht allzu weit wäre.
„Die Palästinenser sind mit dem Iran verbündet und viele Palästinenser stehen Israels Existenz feindlich gegenüber. Sollte Palästina zu einem eigenen Staat werden, was würde den Iran davon abhalten, Panzer, Kampfflugzeuge, Raketenstartrampen und Truppen an der Grenze aufzustellen? Nicht nur an der Grenze, sondern in den Hügeln, die eine perfekte Sicht auf Israels Hoheitsgebiet bieten? Das wäre ein Alptraumszenario. Außerdem ist das Westjordanland eine wichtige Wasserquelle für die Küste Israels. Ein souveränes Palästina könnte das Wasser einfach abdrehen.
„Als wäre das noch nicht genug, lautet die allgemeine Vermutung, dass Israel über fünfzig bis achtzig Atombomben verfügt, auch wenn sie ihr Nukleararsenal nicht öffentlich darlegen. Die meisten von ihnen befinden sich auf dem Raketenstützpunkt Sdot Micha südöstlich von Tel Aviv. Andere befinden sich in der südlichen Wüste. Wieder andere – vielleicht zwanzig oder sogar dreißig Prozent – befinden sich in Untergrundsilos im Westjordanland östlich von Jerusalem. Es handelt sich um Bomben aus den 1970ern und den 1980ern, die sehr wahrscheinlich noch einsatzbereit sind.
„Die Kosten, der logistische Aufwand und der öffentliche Aufschrei würden es nahezu unmöglich machen, diese Silos zurück nach Israel zu verlegen und es steht einfach außer Frage, dass Israel den Palästinensern erlauben würde, diese Waffen zu verwalten. Wie ich schon sagte, Israel erkennt noch nicht einmal öffentlich an, dass diese Atomwaffen existieren.“
„Was ist also dein Fazit?“, fragte Luke.
„Israel steht einer existenziellen Krise gegenüber, egal wie es vorangeht. Wenn sie den Palästinensern die Staatsangehörigkeit anerkennen, würde das grundlegende Konzept von Israel als Staat zerstört werden. Wenn sie das Westjordanland als eigenständigen Staat Palästina akzeptieren, würde Israel in Grund und Boden gebombt. Also verfolgen sie einen dritten Ansatz, einen gefährlichen Ansatz, der allerdings wenigstens geringe Erfolgschancen verspricht. Den Ansatz niemals endender Spannungen und Konflikte mit den Palästinensern, der Hisbollah, dem Iran und allen, die daran teilhaben wollen. Das mag extrem, unausgeglichen und sehr emotional wirken, aber in Wahrheit handelt es sich um eine einfache, dickköpfige, aber rationale Entscheidung. Um jeden Preis technologische Überlegenheit entwickeln und behalten, die gesamte Bevölkerung als Militär mobilisieren und niemals die Deckung sinken lassen, nicht mal für eine Sekunde.“
„Das funktioniert allerdings nur bei technologischer Überlegenheit“, gab Swann zu bedenken. „Wenn der Feind einmal aufholt …“
„Ja“, sagte Trudy. „Dann gibt es große Probleme. Und es sieht so aus, als hätte der Iran jetzt tatsächlich aufgeholt.“
„Ist das so?“, fragte Luke. „Verfügen sie wirklich über Atomwaffen?“
Trudy blickte ihn an. „Ja. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihre Behauptungen stimmen.“
Luke zog das Rollo herunter.
Er hatte hinaus in die Dunkelheit geblickt, bis er erkannt hatte, dass es irgendwann nichts mehr zu sehen gab außer sein eigenes, in Schatten getauchtes Gesicht.
Der Learjet flog Richtung Osten und wenn Luke hätte raten müssen, würde er sagen, dass sie sich über dem Nordatlantik befanden und Europa fast erreicht hatten – sie hatten bereits mehrere Stunden hinter sich, aber noch viele weitere vor sich. Es war ein weiter Weg.
Luke sah zu Trudy, die ihm gegenübersaß. Sie war die Einzige, die außer ihm noch wach war.
Hinter ihr hatte sich Swann auf zwei Sitzen ausgestreckt. Er war tief am Schlafen. In der Reihe hinter Swann tat es Ed Newsam ihm gleich. Ed war entspannt wie immer. Aber Luke machte sich Sorgen um Swann. Es war nicht seine Schuld – eine IS-Gefangenschaft würde jeden traumatisieren. Aber er hatte sich verändert. Er war nicht der gleiche witzige, sarkastische Idiot, der er einst gewesen war. Er war zurückhaltender, vorsichtiger. Er redete viel weniger. Oberflächlich schien das vielleicht wie eine gute Sache – er wirkte weise, oder reif. Aber Luke hatte die Vermutung, dass es eher mangelndes Selbstvertrauen war.
Swann hatte einiges mitmachen müssen. Wenn die Mission hart würde, wenn der Stress anfing,